Die Mechanismen der Auslaugung von Schwermetallen aus Beton
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Ergebnisse der in diesem Forschungsprojekt durchgeführten Untersuchungen zeigen, dass die Freisetzung umweltrelevanter Stoffe aus Betonbauteilen in Kontakt mit Wasser von vielen Faktoren unterschiedlich beeinflusst wird. Prognosen für die Freisetzung, die auf der gegenwärtig üblichen Auswertung von Standtestmessdaten (Betonkörper in Wasser, z.B. nach dem DAfStb-Verfahren) unter Annahme einer rein diffusionsgesteuerten Freisetzung basieren, können fehlerhaft sein. Es wurde festgestellt, dass die Freisetzung umweltrelevanter Stoffe aus Beton im Wesentlich von (a) der Diffusion der Stoffe in der Porenlösung aus dem Betoninneren und (b) der fortlaufenden Oberflächenlösung von Phasen bestimmt wird, wobei je nach Stoff die Beiträge sehr unterschiedlich sein können. Es kann angenommen werden, dass die Tiefe aus welcher Phasen in Oberflächennähe direkt in das Kontaktwasser gelöst werden nach einem Wurzel-Zeit-Gesetz zunimmt. Die Freisetzung der Stoffe hängt empfindlich von der genauen Zusammensetzung des Betons (w/b-Wert, Anteile von Zusatzstoffen wie Flugasche und Hüttensand), Betonalter und den Einsatzbedingungen des Betons (Carbonatisierung, Tausalz, sulfathaltiges Wasser, Feuchte) ab. Die Freisetzung wird entscheidend durch die Alkalien Na und K in der Porenlösung und im Kontaktwasser an der Betonoberfläche beeinflusst, weil sie den pH-Wert und damit die Löslichkeit von z.B. Stoffen wie Ca, Zn, Al, V und Cr regeln. Die Freisetzung der Alkalien wird primär durch Diffusion durch die Porenlösung des Betons aus dem Betoninneren bestimmt. Dagegen werden Ca, Al und S durch die Lösung von Bindemittelphasen wie Portlandit, AFt, AFm und CSH im Oberflächenbereich des Betons ausgelaugt. Hier spielt Diffusion eine untergeordnete Rolle. Vanadium und Chrom werden primär durch die Lösung des Ettringit in der Betonoberfläche freigesetzt, weil sie während der Hydratation in die Kristallstruktur von Ettringit eingebaut werden. Zink tritt wahrscheinlich durch die Oberflächenlösung von Zn-haltigem CSH in das Kontaktwasser ein. Die Diffusion von V, Cr und Zn aus dem Betoninneren ist vernachlässigbar, weil diese Stoffe in den Hydratationsprodukten des Zements gebunden sind. Die schwerlösliche Phase BaSO4 steuert die Freisetzung von Ba durch Oberflächenlösung und Diffusion. Die Freisetzung der Stoffe durch Diffusion aus dem Betoninneren wird durch die Verdichtung des Porengefüges mit zunehmendem Betonalter merklich reduziert. Gleichzeitig ändert sich die Mobilisierbarkeit (Löslichkeit in der Porenlösung) der Stoffe mit dem Betonalter. Bei der Prüfung von Betonprobekörpern im Alter von 28 Tagen im Standtest wird daher das Testergebnis von fortlaufenden Gefügeänderungen während der Prüfung (Prüfungsdauer 56 Tage) verzehrt. Eine Verdichtung des Gefüges wird bekanntlich auch durch den Austausch von Zement durch Flugasche in der Betonrezeptur erreicht, so dass die Freisetzung von Alkalien deutlich herabgesetzt wird was zu einem geringeren pH Werte des Kontaktwassers führt. Die Freisetzung von Spurenelementen, die durch Diffusion freigesetzt werden, wird ebenfalls reduziert. Bei der Verwendung von Zusatzstoffen wie Flugasche oder Hüttensand kann aber die Menge von umweltrelevanten Stoffen im Beton wie z.B. V oder Cr deutlich ansteigen. Obwohl mehr V von den untersuchten flugaschhaltigen Betonen freigesetzt wird, bleibt die auslaubare Menge des Vanadiums insgesamt gering (ca. 2%), weil nur die Lösung von V in Oberflächenphasen zur Freisetzung beiträgt. Die Freisetzung von Chrom bleibt durch den Einsatz von Flugasche weitestgehend unbeeinflusst. Umwelteinflüsse wie Carbonatisierung, Tausalz, sulfathaltige Grundwässer oder klimatische Bedingungen (Feuchte) können die Freisetzung von Schadstoffen aus Beton deutlich beeinflussen. Carbonatisierung führt zur Verdichtung des Gefüges von Portlanzementbeton und es können Schwermetalle in schwerlöslichen Carbonaten gebunden werden. Die Freisetzung von Ca, Al, Sr und Ba wird durch eine fortschreitende Carbonatisierung des Betons reduziert. Ca, Sr und z.T. Ba werden in schwerlöslichen Carbonaten gebunden. Die Freisetzung von Al aus carbonatisiertem Beton ist geringer, weil Al in Al(OH)3 gebunden wird. Bei Cr, Si, V und S hingegen führt Carbonatisierung zu einem deutlichen Anstieg ihrer Freisetzung. Dies wird durch den Zerfall von Ettringit und CSH gesteuert, wodurch die darin gebunden Stoffe freigesetzt werden. Durch eindringende Chloride reagiert Ettringit zu Friedelschem Salz. Dabei treten Cr und V in die Porenlösung des Betons ein, so dass mehr Cr und V aus dem Betoninneren die Oberfläche erreicht und deren Freisetzung steigt. Eindringende Sulfate ersetzen CrO42- und VO43- in Ettringit, so dass mehr Cr und V über Diffusion ausgelaugt wird. Dieser Effekt ist beachtlich bei Sulfatkonzentrationen, die gewöhnlich zur Prüfung des Sulfatwiderstandes verwendet werden (30 g/L), aber geringer bei Konzentration, die im Bauteileinsatz üblicherweise vorkommen (3 g/L). Die Freisetzung von Ba wird durch die Bildung von BaSO4 vermindert. Ein Rechenmodell wurde entwickelt, um die experimentellen Ergebnisse zu interpretieren. Die in diesem Forschungsprojekt erzielten Ergebnisse liefern neue Erkenntnisse zu den maßgebenden Mechanismen der Freisetzung von umweltrelevanten Stoffen. Mit dem Simulationsmodell können Umwelteinflüsse und variierende Bindemittel- und Betonzusammensetzungen auf die Auslaugung umweltrelevanter Stoffe schnell und vergleichsweise einfach berechnet werden. Die Ergebnisse beziehen sich bisher allerdings nur auf Betonbauteile, die sich im stehenden und daher gesättigten Grundwasserbereich befinden. In weiteren Forschungsarbeiten wäre es daher sinnvoll die Auslaugung von Betonbauteilen zu untersuchen, die sich im Sickerwasserbereich (teilgesättigten Bereich) befinden oder periodischer Beregnung ausgesetzt sind. Dadurch wird eine Änderung der für die Auslaugung verantwortlichen Mechanismen erwartet. Sind diese klar, kann auch das Modell dementsprechend ergänzt werden. Um in der Zukunft die Freisetzung von umweltrelevanten Stoffen aus Betonbauteilen im Einsatz mit Simulationsmodellen berechnen zu können, sind fundierte Kenntnisse über Bindungsformen und Lösungsverhalten der Stoffe unverzichtbar. Dies könnte durch Lösungsexperimente mit den reinen Phasen erreicht werden, z.B. Cr(VI) in CSH oder Ettringit. Der Schwerpunkt der bisherigen Forschungsarbeit lag bei der Interpretation von Standtestergebnissen, die über eine Elutionsdauer von insgesamt 56 Tagen erhalten wurden. Die Umweltrelevanz liegt hier in der Entstehung von höheren Konzentrationen kurz nach dem Kontakt des Betonbauteils mit Wasser, die eventuell Grenzwerte überschreiten. Obwohl das Modell in der Lage ist Prognosen für die langfristige Freisetzung von geringeren Konzentrationen aus Betonbauteilen in Kontakt mit größeren Wassermengen zu liefern, muss dies noch experimentell bestätigt werden. Demnächst soll am cbm-TUM die Auslaugung von Spurenelementen während der von NaCl-Beaufschlagung von Zementstein durch die Kombination von Laserablation mit nachgeschaltetem Massenspektrometer untersucht werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Elutionsverhalten von Betonbauteilen - Szenarien und Mechanismen. In: 16. ibausil, Weimar, 2006, pp. 1/1337-1331/1345
W. Jungermann, M. Hecht, R.E. Beddoe