Detailseite
Projekt Druckansicht

Molekulargenetische und holzkohleanalytische Untersuchungen zur jungquartären Waldgeschichte Südtibets am Beispiel von Wacholder

Fachliche Zuordnung Physische Geographie
Förderung Förderung von 2005 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5443050
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Aufgrund der ökosystemaren Bedeutung von Wäldern und ihrer engen Kopplung an das Klima setzen sich weite Teile der Paläoökologie mit der Geschichte der Wälder im Zuge pleistozäner Klimaoszillationen auseinander. Weltweit konnten so die Grundzüge der Vegetations- und Waldgeschichte mit Hilfe der Pollenanalyse, Analyse von Makrofossilien und zuletzt der Phylogeographie erkundet werden. In den letzten Jahren kamen vermehrt Hinweise auf, dass Mikrorefugien und ihre Bedeutung für die Konservierung von genetischem Potential, sowie ihrer Bedeutung bei der postglazialen Wiederbesiedlung lange Zeit übersehen wurden. Außerdem wurde in den letzten Jahren deutlich, dass der z.T. sehr gravierende und vor allen Dingen frühe menschliche Einfluss auf Vegetations- und insbesondere Waldentwicklung in der Paläoökologie keine angemessene Berücksichtigung fand. Daher kam und kommt es zu Missinterpretationen bei der Ableitung von Klimaparametern und der Prognose zukünftiger Vegetationsentwicklung. Das hier zusammengefasste DFG Projekt bearbeitet die Waldgeschichte des Tibetischen Plateaus vor diesem Hintergrund und postuliert eine besondere Bedeutung von Hochgebirgslandschaften für den Erhalt von Mikrorefugien. Das Projekt betritt Neuland, da aufgrund der heutigen kargen Vegetation des Tibetische Plateaus und dem neben Auwäldern nur vereinzelten Auftreten von Waldinseln und Einzelbäume auf Normalstandorten, die Waldgeschichte des Plateaus lange Zeit übersehen wurde. In insgesamt 5 Artikeln wurden sowohl klassisch paläoökologische Methoden als auch molekulargenetische Methoden verwendet, um die Wald- und Klimageschichte Südtibets am Beispiel der Wacholderwälder zu rekonstruieren. Im ersten Teil dieser Arbeit wurde mit Hilfe von Holzkohleanalysen gezeigt, dass bis ins späte Holozän die Wacholderwälder Südtibets weiter verbreitet waren als rezent. Ihre Reduzierung auf das heutige Maß wird mit wachsendem menschlichem Einfluss einschließlich der Yakviehhaltung im Zusammenspiel mit klimatischer Austrocknung gedeutet. Um diese Befunde zu bekräftigen ist allerdings in Zukunft die Erarbeitung hochauflösender Holzkohledatenbanken notwendig. Das dazu nötige anthrakologische Potential in den Geoarchiven Südtibets konnte mit dieser Arbeit aufgezeigt werden. Im zweiten Teil der Arbeit wurde mit Hilfe molekulargenetischer Methoden gezeigt, dass entgegen bisheriger Annahmen die Wacholderwälder Südtibets im Letzten Glazialen Maximum auf dem Tibetischen Plateau in Mikrorefugien überdauerten. Auch konnte gezeigt werden, dass die Himalayischen Wacholderbestände nicht wesentlich zu einer postglazialen Wiederbesiedlung des Plateaus beigetragen haben. Die hohe Anzahl privater Haplotypen auf dem Plateau sowie die gewöhnlich geringen Mutationsraten im Chloroplastengenom machen sogar eine Entstehung der beobachteten genetischen Muster im späten Tertiär plausibel. Darüber hinaus demonstrieren diese zahlreichen dezentralen Mikrorefugien, sowie die hohe Anzahl endemischer Haplotypen das Potential von Hochgebirgslandschaften mit ihren heterogenen Topographien für den Erhalt genetischen Ressourcen. Im dritten Teil konnten diese privaten Haplotypen genutzt werden, um die maximale altitudinale Arealverschiebung der Wacholderwaldinseln im lLGM (local Last Glacial Maximum) zu rekonstruieren. In Zusammenarbeit mit Joachim Schmidt wurde gleiches für die Areale endemischer Laufkäferarten gemacht. So konnte mit dem Einsatz von Lapse Rates auf dieser Grundlage die maximale Julitemperaturdepression im lLGM in der Fläche rekonstruiert werden. Diese Betrug 3-4 K. Im letzten Teil wurden Grundlagen für die weitere Erforschung dieser genetischen Ressourcen und ihrer Verteilung in der Landschaft geschaffen. Mit Hilfe von Hoch-Durchsatz-Sequenziermethoden wurden Mikrosatelliten entwickelt, die bei der Analyse von aktuellen Genflüssen, sowie nuklearer Diversität und für weitere genetische Charakterisierungen etwa für Wiederaufforstungsversuche zum Einsatz kommen sollen. Der Nachweis glazialer Refugien im gesamten Bereich des südlichen tibetischen Plateaus stellt eine Umkehrung der vormaligen Lehrmeinung dar und bedeutet gleichzeitig den Nachweis der weltweit höchsten bekannten Baumgrenze des Letzten Glazialen Maximums. Die Bedeutung des Papers “Tree endurance on the Tibetan Plateau marks the world’s highest known tree line of the Last Glacial Maximum” von Opgenoorth et al. wurde durch einen editorialen Kommentar von Hampe und Petit (2010) in der gleichen Ausgabe des New Phytologist gewürdigt. Seither wurde die Arbeit von anderen Autoren mit Hilfe anderer Modellorganismen überprüft und die Ergebnisse bestätigt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2008. An inventory of West relics in the pastures of Southern Tibet (Xizang A.R., China). Plant Ecology 194: 157-177
    Miehe, G., Miehe, S., Will, M., Opgenoorth, L., La Duo, Tsering Dorgeh, Liu, J.
  • 2009. Charcoal and fossil wood from palaeosols, sediments and artificial structures indicating Late Holocene woodland decline in southern Tibet (China). Quarternary Science Reviews 28: 1539-1554
    Kaiser K, Opgenoorth L, Schoch W, Miehe G
  • 2009. Identification and characterization of microsatellite marker in the tetraploid Juniperus tibetica Kom. using next generation sequencing. Conservation Genetics Resources 1: 253-255
    Opgenoorth L
  • 2010. Tree endurance on the Tibetan Plateau marks the world's highest known tree line of the Last Glacial Maximum. New Phytologist 185: 332-342
    Opgenoorth L, Vendramin GG, Mao K, Miehe G, Miehe S, Liepelt S, Liu J, Ziegenhagen B
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung