Wirkung von Alkohol auf sozialphobische Probanden bei der Verarbeitung von sozial bedrohlichen emotionalen Gesichtsausdrücken
Final Report Abstract
Mehr a.ls die Hälfte aller Patienten, die unter einer psychischen Störung leiden, weisen weitere Störungen im psychischen Bereich auf. Komorbidität ist damit ein weit verbreitetes Phänomen und möglicherweise die wichtigste Herausforderung für die klinisch-psychologische Forschung der nächsten Jahre. Dies betrifft zum einen die Therapieforschung. Hier ist es notwendig, Therapiewirksamkeitsstudien durchzuführen, die gezielt auch Patienten mit komorbiden Störungen einschließen. Wie wir in unserem Review-Artikel zur Wirkung von Alkohol bei Angststörungen deutlich gemacht haben, ist aber gerade auch die Grundlagenforschung gefragt um die ursächlichen Zusammenhänge die zu Komorbidität fuhren besser aufzuklären (Stevens, Rist & Gerlach, 2008). Die vorliegenden Studien hatten es sich zur Aufgabe gemacht, die Wirkung von Alkohol auf den Aufmerksamkeitsbias bzw. den Gedächtnisbias für sozial bedrohliches Reizmaterial von sozialphobischen Personen genauer zu untersuchen und damit den Wirkmechanismus von Alkohol bei diesem Störungsbild besser zu beleuchten. Die Integration der vielen Befunde von Untersuchungen zu Auffälligkeiten in der Informationsverarbeitung bei der Sozialen Angststörungen ist schwierig und bestätigt nur zum Teil die Annahme des kognitiven Modells z. B. nach Clark und Wells (1995), welches davon ausgeht, dass Sozialphobiker einen Aufmerksamkeit^-, eine Interpretations- sowie einen Gedä'chtnisbias für sozial bedrohliche Stimuli aufweisen. Widersprüchliche Befunde sind nicht zuletzt darauf zurückzufuhren, dass auch Unterschiede in der Methodologie zu unterschiedlichen Ergebnissen fuhren können. Beispiele für solche methodischen Effekte sind Studien zur Aufrnerksamkeitssteuerung in denen unter anderem in Abhängigkeit von Stimuluspräsentationszeiten sowohl Hinwendungs- (z, B.Mogg & Bradley, 1999) also auch Vermeidungseffekt (z. B. Mansell, Clark, Ehlers & Chen, 1999) gefunden wurden. In den vorliegenden Studien wurde erstmals die Wirkung von Alkohol auf Aufmerksamkeitseffekte bei kurzen und langen Präsentationszeiten im Rahmen eines Dot-Probe Paradigmas sowie auf Gedächtnisbias jeweils für verschiedene emotionale Gesichtsausdrücke bei Sozialphobikern untersucht. Während kein Hinweis daraufgefunden werden konnte, dass Alkohol die Erinnerungsleistung der Sozialphobiker differentiell beeinflusst, zeigte sich, dass die frühe Aufmerksamkeitshinwendung auf eindeutige Gefahrenreize durch Alkohol bei Sozialphobikern verhindert wird. Unsere Ergebnisse ermutigen dazu, die Wirkung von Alkohol auf die Informationsverarbeitung auch bei anderen Angststörungen zu untersuchen. Ein weiterer Bereich, der von uns z. B. noch nicht direkt untersucht wurde, ist der gut belegte Bias von Sozialphobikern, neutrale Situationen negativ bzw. katastrophisierend zu interpretieren. Auch wurde die Alkoholwirkung bei der generalisierten Angststörung bisher noch nie experimentell untersucht. Dies ist vor allem deshalb erstaunlich, weil Personen mit einer generalisierten Angststörung zu einem beträchtlichen Anteil (35,6%) angeben, Alkohol zur Selbstmedikation ihrer Problematik einzusetzen. Die Zahlen liegen demgegenüber für die Panikstörung ohne Agoraphobic mit 23% und sozialer Angststörung mit 21,2% deutlich darunter (Bolton, Cox, Clara & Sareen, 2006). Alkohol wirkt auf Informationsverarbeitung auf verschiedensten Ebenen. Angesichts der vielen Studien zu Auffälligkeiten in der Informationsverarbeitung bei Angststörungen die inzwischen in einer Reihe von Übersichtsarbeiten zusammengefasst wurden (z. B. Coles et al., 2002, Bogels & Mansell, 2004) ist zu hoffen, dass der durch die vorliegenden Studien begonnen Forschungszweig auch durch andere Forscher weitergeführt wird.
Publications
-
Stevens, S. (2007) Der Einfluss von Alkohol auf die Informationsverarbeitung bei , sozialphobi sehen Patienten. Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster