Manuel Philes: Epigramme auf Kunstwerke (Edition, Kommentar, Übersetzung, gattungsbezogene Interpretation)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Einen großen Teil des umfangreichen Oeuvres des byzantinischen Dichters Manuel Philes (ca. 1270-ca. 1332) machen etwas über fünfhundert Epigramme aus, die Kunstwerke - in der Regel christliche Ikonen - zu ihrem Gegenstand haben und die sowohl aus kunsthistorischer als auch aus literarischer Sicht besonders interessant für die Erschließung ihres kulturellen Kontextes sind. Bisher fehlt eine verlässliche kommentierte Edition dieses Corpus, Durch eine kommentierte und übersetzte Neuausgabe eines ausgewählten Teiles dieser Werke sollen sie für die literatur- und kunstgeschichtliche Forschung neu erschlossen werden. In den vorhandenen alten Editionen von E. Miller (1855-1857) und E. Martini (1900) liegen die Epigramme thematisch ungeordnet und lediglich orientiert an der Reihenfolge in den Handschriften vor, während eine Aufteilung in Themenbereiche die Erforschung dieser Werke übersichtlicher machen und damit wesentlich erleichtern würde. Zur thematischen Systematisierung der Philes-Epigramme auf Kunstwerke erscheint zunächst die Unterscheidung zwischen "Widmungsepigrammen" und "beschreibenden Epigrammen" sinnvoll. Es lässt sich feststellen, dass Philes bei der Komposition von "beschreibenden" Epigrammen eine Reihe von wiederkehrenden Motiven und Techniken verwendet, die ihrerseits als thematisches Kriterium für die Unterscheidung von Untergruppen innerhalb der übergeordneten Gruppe "beschreibende Epigramme" fungieren können. Hierzu gehören das Motiv des "beseelten Bildes", in welchem Fall das Bild als lebendig oder sogar lebend beschrieben wird, und seine Variationen, nämlich das Motiv der Bewegung und das Motiv des Sprechens oder des Klangs, in welchen Fällen die fehlende kinetische und akustische Komponente des "beseelten Bildes" thematisiert werden, wie auch das Motiv des göttlichen Eingriffs in das Kunstwerk in seiner materiellen Dimension, was ebenfalls als eine Art Verlebendigung der Ikone verstanden werden kann. Da anhand dieses literarmotivischen Kriteriums Erkenntnisse über die Arbeitsweise des Dichters und sein Verhältnis zur literarischen Tradition der Epigrammatik wie auch zur byzantinischen Bildertheologie und -ästhetik gewonnen werden können, ist es einer alternativ möglichen Gruppierung der Epigramme anhand ihres ikonographisehen Gegenstandes vorzuziehen. Die Epigrammgruppen, in welchen die obengenannten Motive vorkommen, ergeben ein Corpus von 106 Epigrammen, die im Rahmen dieser Arbeit behandelt werden. Einige der wiederkehrenden Motive sind unter anderem aus literarhistorischer Sicht auch deshalb besonders interessant, da sie eine geistige Affinität zu der Epigrammanthologie erkennen lassen, die der berühmte Gelehrte und Zeitgenosse des Philes, Maximos Planudes, um 1300 erstellt hatte (Anthologia Planudeä}.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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"Die Stummheit des Bildes": Ein Motiv in Epigrammen des Manuel Philes. In: Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 57 (2007) 135-148.
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Ein Aspekt der Rezeption der Anthologia Planudea in Bildepigrammen des Manuel Philes. (Beitrag zum internationalen Symposion "Mimesis (imitatio - aemulatio - variatio)", 22.-25. Oktober 2008, Institut für Byzanzforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften).
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Manuel Philes und die übernatürliche Macht der Epigrammdichtung. (Erscheint in den Akten des internationalen Workshops "Die kulturhistorische Bedeutung byzantinischer Epigramme", 1¿2. Dezember 2006, Universität Wien / Österreichische Akademie der Wissenschaften).