Untersuchung der theoretischen Grenzen und Leistungsmerkmale der Bildaufnahme mit einer Sechskanalaufnahmetechnik und ihre Einordnung zwischen der herkömmlichen Dreikanaltechnik und der Multispektraltechnik
Zusammenfassung der Projektergebnisse
2.1 Darstellung der wesentlichen Ergebnisse Das Forschungsvorhaben hat sich zum Ziel gesetzt, die grundsätzlich erreichbare farbmetrische Qualität einer mobilen Multispektralkamera mit sechs Kanälen zu bewerten. Zum Erreichen dieses Ziels sind mehrere Arbeitspunkte vorgeschlagen worden, die im Vorhaben erfolgreich bearbeitet wurden. Zwei ergänzende Arbeitspunkte ("Dateiformat" und "Streulicht") sind zusätzlich aufgenommen worden. Mit der Bearbeitung aller Arbeitspunkte wurde das Forschungsziel erreicht. Nachfolgend werden die Ergebnisse der Arbeitspunkte kurz dargestellt. Erarbeitung und Analyse von Algorithmen zur spektralen Farbreizschätzung Es wurde ein neuer, nichtlinearer spektraler Schätzalgorithmus entwickelt mit dem Ziel, das Spektrum, das bei der Aufnahme eines Objektes in jedem Bildpunkt vorgelegen hat, aus den sechs Signalen der Kamera möglichst exakt zu treffen. Der Algorithmus erzeugt mittels einer iterativen Methode ein Spektrum am Ausgang, das bezüglich des Kamerasensors metamer zum ursprünglich delektierten Spektrum ist, d.h. es führt zur gleichen Sensorantwort wie das ursprüngliche. Sehr gute Ergebnisse wurden für sechs schmalbandige Filter erzielt. Für diesen Schätzalgorithmus wurde weiterhin untersucht, mit welchen spektral breitbandigen Kanalempfindlichkeiten optimale Schätzergebnisse erzielt werden können. Dazu wurde ein Satz von 827 gemessenen, breitbandigen Transmissionsspektren von Farbfiltern zugrundegelegt, aus dem mittels verschiedener Methoden Untermengen von einigen wenigen (3-16) Filtern bestimmt wurden. Diese Kombinationen wurden auf ihre Eignung bei der spektralen Schätzung hin untersucht. Im Ergebnis ist bei gleicher Zahl von Kanälen eine etwa um den Faktor 2 schlechtere spektrale Schätzung mit den breitbandigen Filtern erreichbar im Vergleich mit schmalbandigen, gaußförmigen spektralen Empfindlichkeiten. Beschreibung des Kamera-Gamuts und der Mapping-Eigenschaften Es wurde der Begriff des "Gamuts", der ursprünglich für Geräte der Farbbildwiedergabe (also z.B. Drukker oder Monitore) definiert war, auf Bildaufnahmegeräte wie Kameras oder Scanner erweitert, mathematisch begründet und zwischen vergleichbaren Definitionen aus der Literatur eingeordnet. Der Gamut beschreibt die Gesamtheit aller Farben, die als Antwort der Kamera auf jeden nur denkbaren spektralen Reiz erfolgen. Die Form des Kameragamuts wurde als Funktion der Zahl der Kanäle bei festem, linearen Schätzalgorithmus studiert. Die Untersuchung bestätigt und veranschaulicht, daß mit z.B. nur drei Kanälen eine exakte, absolute Farbmessung nicht möglich ist, da zu viele prinzipbedingte Fehler eingehen. Ein wesentliches Ergebnis der Forschungsarbeit ist, daß es erst ab einer gewissen spektralen Kanalzahl möglich ist, den überwiegenden Anteil aller theoretisch möglichen Objektfarben korrekt aufzunehmen. Jedwede Farbe, also auch eine solche, die außerhalb des Kameragamuts liegt, wird durch die Aufnahme und die anschließende spektrale Schätzung auf eine Farbe abgebildet, die nicht notwendigerweise identisch mit der ursprünglichen Farbe ist, jedoch immer im Inneren des Gamuts liegt. Dieser Eigenschaft liegt eine lineare Abb i l dungs Vorschrift (Matrixabbildung) zugrunde, die innerhalb des Projekts im hochdimensionalen spektralen Bereich formuliert werden konnte. Schließlich wurden Spektraldatensätze erzeugt, deren Spektren alle bezüglich des 2°-Normbeobachters metamer waren. Diese wurden alle mit der genannten linearen Abbildung transformiert und resultierten in einem mehr oder weniger breit gestreuten Satz von rekonstruierten Spektren. Es wurde dann eine Reihe von Eigenschaften der ursprünglichen Spektren (z.B. maximale Steigung, Differenz zwischen Minimum und Maximum u.a.) auf ihre Relevanz für die Güte des Schätzergebnisses untersucht. Es ist gelungen, hohe Korrelationen zwischen einigen dieser Merkmale und der Schätzgüte nachzuweisen. Untersuchung von Metamerieeigenschaften als Funktion verschiedener Beobachter Für den Vergleich zwischen dem ursprünglich delektierten und dem geschätzten Spektrum wurde in den bisherigen Untersuchungen ausschließlich der 2°-Beobachter der CIE von 1931 herangezogen. Damit geht zum einen eine starke Einschränkung auf eine bestimmte Betrachtungsart einher, zum anderen werden Streuungen zwischen den verschiedenen menschlichen Beobachtern nicht berücksichtigt. Aus diesen Gründen wurde der Vergleich zwischen ursprünglichem und geschätztem Spektrum anhand eines Satzes von 24, durch ihre jeweilige spektrale Empfindlichkeit gegebenen, verschiedenen Beobachtern durchgeführt. So konnte untersucht werden, inwieweit die betrachteten Schätzalgorithmen empfindlich gegenüber Beobachterwechseln sind. Mit der gewonnenen Information kann beurteilt werden, wie groß die Wahrscheinlichkeit dafür ist, daß ein Schätzalgorithmus für den einen Beobachter zu guten Ergebnissen führt, während hingegen ein zweiter Beobachter deutliche Unterschiede zwischen dem Original und dem Schätzergebnis sieht. Kodierung der spektralen Information Es wurde eine Reihe von auf Basisfunktionen basierenden Ansätzen (Principal Component Analysis (PCA), Fourier- und Sinusreihenentwicklung und Abwandlungen davon) zur platzsparenden Speicherung von Spektren bei gleichzeitiger Wahrung eines hohen Qual i täts standard s untersucht. Eine modifizierte Sinusreihenentwicklung zeigte die besten Ergebnisse im Hinblick auf die maximalen Fehler, mit der PCA wurden die geringsten mittleren Fehler erreicht. Zusätzliche Arbeitspunkte Während der Projektlaufzeit ergaben sich zwei zusätzliche Arbeitspunkte, die im folgenden dargestellt werden. Dateiformat AIX Das existierende Dateiformat AIX für multispektrale Bilder, das bereits erfolgreich in der Industrie eingesetzt wird, wurde weiterentwickelt mit dem Ziel, damit eine Grundlage für einen Vorschlag eines Multispektraldatenformats für den internationalen Austausch von Forschergruppen zu formulieren. Es wurde dem zuständigen internationalen Gremium TC 8-07 vorgeschlagen und dort bereits mehrfach diskutiert. Streulicht Aufgrund der zusätzlich eingebauten optischen Komponenten (Filter) ist eine Multispektralkamera besonders anfällig für Streulicht. Für die dabei entstehenden Effekte auf die multispektralen Bilder wurde ein Modell formuliert. Mit dem Ziel des Entfernens des Streulichtanteils aus digitalisierten Bildern wurde das Modell invertiert und ein Algorithmus implementiert, der den Streulichtanteil aus aufgenommenen Bilder extrahiert. 2.2 Ausblick auf künftige Arbeiten und Beschreibung möglicher Anwendungen Zukünftige geplante Arbeiten zielen auf die Entwicklung eines produktnahen Prototypen einer Kamera mit sechs oder sieben Farbkanälen hin. Hierzu sind noch eine Reihe grundlegender Probleme zu bearbeiten, die zum Teil aus Versuchen mit einem für das Projekt entwickelten Labormodell einer Mehrkanalkamera deutlich geworden sind (siehe Antrag vom Februar 2007).
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- B. Hill, "High Quality Color Image Reproduction: The Multispectral Solution", Ninth International Symposium on Multispectral Colour Science and Application, Taipei, Taiwan, 2007
- St, Helling, "Über welchen Farbumfang verfügt eine Multispektralkamera?", Jahrestagung der Deutschen farbwissenschaftlichen Gesellschaft, Berlin, 2005
- St. Helling, "Construction of multichannel camera gamuts", Proceedings Electronic Imaging, San Jose, USA, 2006
- St. Helling, "Farbkonstanz durch Schätzen der Lichquelle auf der Basis der Hypothese der Grauen Varianz", Tagungsband 13. Workshop Farbbildverarbeitung, ISBN 978-3-89959-627-4, Koblenz, 2007
- St. Helling, "Improvement of Multispectral Image Capture by Compensating for Stray Light", Jahrestagung der Deutschen farbwissenschaftlichen Gesellschaft, Dresden, 2006
- St. Helling, "Improvement of Multispectral Image Capture by Compensating for Stray Light", Proceedings CGIV 06, Leeds, Großbritannien, 2006
- St. Helling, "Konstruktion von Kamerafarbkörpern", Tagungsband 11. Workshop Farbbildverarbeitung, ISBN 3-9809212-4-7, Berlin, 2005
- St. Helling, "Spektrale Schätzung von Farbreizen aus den Signalen einer Multispektralkamera durch Erzeugen eines metameren Spektrums mit einem iterativen Schätzalgorithmus", Jahrestagung der Deutschen farbwissenschaftlichen Gesellschaft, Darmstadt, 2007
- Th. Boosmann, "Encoding of spectra for multiple observers and multiple illuminants", Proceedings Electronic Imaging, San Jose, USA, 2006