Boden-Bauwerk-Interaktion bei parallel-wandigen Systemen mit Bodenfüllung
Final Report Abstract
2.1 Wesentliche Ergebnisse und erzielte Fortschritte gegenüber dem Stand des Wissens Es war eine mehrstufige (und hybride) Bearbeitung des Forschungsprojektes vorgesehen, wobei bodenmechanische Modellversuche in Kombination mit numerischen Verfahren die Grundlage für die Entwicklung einer analytischen Methode zur Berechnung der Boden-Bauwerk-Interaktion bei parallelwandigen Verbudtragwerken mit Bodenfüllung liefern sollten. Die kleinmaßstäblichen bodenmechanischen Modellversuche waren so angelegt, dass der innere, durch die Scherfestigkeit des Füllbodens erzeugte Widerstand die Interaktionsspannung zwischen Wand und Boden bei der im Versuchsablauf erzwungenen Wandbewegung bestimmte. Ein wesentliches Ergebnis und zugleich ein Fortschritt gegenüber dem Stand des Wissens sind die erfolgreiche Anwendung der bildbasierten Auswertung der Modellversuche mit der PIV-Methode und die Auswertung der Messung der Randfaserdehnungen (mittels Dehnungsmessstreifen) an den Modellwänden des Boden-Verbundtragwerks mit der inversen FE-Methode. Bei der PIV-Methode werden mit einem Bildmuster-Erkennungsprogramm Fotografien von zwei Verschiebungszuständen miteinander verglichen und hieraus die Größe und Richtung der Verschiebungsvektoren sehr kleiner Bildbereiche bestimmt. Allein die Form und die Anordnung der Körner des Versuchssandes ergeben ohne zusätzliche Markierung ein für die Auswertung nach der PIV-Methode ausreichend eindeutiges Bildmuster der kleinen Bildfenster. Nach der Veröffentlichung dieser Methode, die im Rahmen des Forschungsprojektes für bodenmechanische Modellversuche anwendungsreif gemacht wurde, wurde sie nach Kenntnis des Antragstellers mehrfach in anderen Hochschulinstituten bei bodenmechanischen Modellversuchen eingesetzt. Der unter Abschnitt 1.9 unter b) genannte Wissenschaftler Dr.-lng. Philippe Maincon hat die inverse FE-Methode zur Auswertung von Messungen an Bauwerken entwickelt. In Zusammenarbeit mit Herrn Maincon wurde diese Methode für die Auswertung von Messungen an Modellbauwerken angepasst und erstmalig sehr erfolgreich eingesetzt. Natürlich kann diese Methode nicht die Modellfehler ausgleichen, die bei kleinmaßstäblichen bodenmechanischen Modellversuchen (z.B. durch die Abhängigkeit des Reibungswinkels vom Spannungsniveau) auftreten und die eine Übertragung der quantitativen Ergebnisse der Modellversuche auf einen Prototyp verbieten. Im Rahmen des Forschungsprojektes war es aber durch diese Form der Auswertung der Dehnungsmessungen an der luft- und an der lastseitigen Wand möglich, Unterschiede in der Größe und in der Verteilung der Boden-Wand- Interaktionsspannungen, z.B. in Abhängigkeit von der Größe der Wanddrehung oder der Breite des Modellbauwerks, festzustellen. Die inverse FE-Methode zur Auswertung von Dehnungsmessungen an Modellbauwerken stellt also einen Fortschritt der bodenmechanischen Modellversuchs-Technik dar, wenn es um die sichere Beurteilung der Beanspruchung der Elemente eines Modellbauwerkes oder um die Unterschiede geht, die bei Variation von Versuchsparametem auftreten (z.B. im vorliegenden Forschungsprojekt die Variation der Breite des Boden-Füllkörpers). Die Anwendung der numerischen Verfahren - insbesondere der FE-Methode - auf das Modellbauwerk erlaubt einerseits, den Einfluss von Parametern - z.B. der Rauhigkeit der Modellwände auf der Erdseite - zu quantifizieren, wenn dieser Einfluss im Modellversuch schwer oder überhaupt nicht messbar ist. Andererseits können weiterführende Parameterstudien betrieben werden und mithilfe von auswertenden Darstellungen (z.B. der Hauptspannungen oder der Verzerrungen) zusätzliche Erkenntnisse über das grundsätzliche Tragverhalten des Boden- Verbundbauwerkes gewonnen werden. Hierzu muss das numerische Modell zunächst an den Ergebnissen der Modellversuche validiert und verifiziert werden. Im Rahmen des Forschungsprojektes ist dieses mit der FE-Methode unter Einsatz des Programmes PLAXIS 2D (Version 8) recht gut gelungen. Weniger erfolgreich war der Einsatz des auf der Distinct Element Methode basierenden Programms PFC2D, weil die Rechenzeiten enorm groß sind und so die Validierung des numerischen Modells mit den Messergebnissen des physikalischen Modells trotz langwieriger Bemühungen nicht erreichbar war. Schließlich konnte mit den Erkenntnissen aus den bodenmechanischen Modellversuchen und aus den numerischen Berechnungen eine Modellvorstellung über das Bruchversagen des Bodenfüllkörpers entwickelt werden. Mit der Annahme, dass im Füllboden ein plastischer Grenzzustand herrscht, lässt sich diese Modellvorstellung in eine Methode zur Berechnung der Interaktionsspannung zwischen dem Füllboden und den begrenzenden Wänden des Boden- Verbundtragwerks umsetzen. Hiermit wurde ein Verfahren zum Nachweis der inneren Standsicherheit des Bodenfüllkörpers eines Boden-Verbundtragwerkes und zur Bemessung seiner Bauwerkswände entwickelt, das bodenmechanisch besser begründet ist und wirtschaftlicher erscheint als das in den Empfehlungen des Arbeitsausschusses Ufereinfassungen niedergelegte Verfahren. 2.2 Ausblick auf künftige Arbeiten und Beschreibung möglicher Anwendungen Bei Einsatz der im Rahmen des Forschungsprojektes entwickelten neuen Auswerteverfahren können aus kleinmaßstäblichen bodenmechanischen Modellversuchen weitergehende qualitative und auch quantitative Aussagen gewonnen werden als dies bisher möglich war. Auch scheint die Kombination von numerischem und physikalischem Modell eine erfolgreiche (hybride) Forschungsmethode zu sein, sofern die numerischen Modelle an den Ergebnissen des bodenmechanischen Modellversuchs validiert werden. Obwohl dieses mit dem ebenen Distinct Element Modell, bestehend aus starren Walzen unterschiedlicher Größe, wegen der sehr langen Rechenzeiten noch nicht gut genug gelungen ist, sind aus Sicht des Antragstellers weitere Arbeiten hierzu lohnenswert. Das Verfahren zum Nachweis der inneren Standsicherheit des Bodenfültkörpers und zur Bemessung der einfassenden Wände von Boden-Verbundtragwerken könnte - nach Diskussion in der Fachöffentlichkeit - in die einschlägigen Empfehlungen und Richtlinien aufgenommen werden.
Publications
- Hauser, C. (2005): Boden-Bauwerk-Interaktion bei parallel-wandigen Verbundsystemen. Bergische Universität Wuppertal, Fachbereich D - Abteilung Bauingenieurwesen; Bericht Nr. 29 des Lehr- und Forschungsgebietes Geotechnik.
- Hauser, C. (2006): Anwendung der PIV-Methode und der inversen FE-Methode bei der Untersuchung parallelwandiger Verbundsysteme im bodenmechanischen Modellversuch. SpezialSitzung "Forum für junge Geotechnik-lngenieure", Deutsche Baugrundtagung, Bremen.
- Hauser, C. / Maincon, Ph. / Walz, B. (2006): Ermittlung der Erddruckverteilungen aus Dehnungsmessungen mit der inversen FE-Methode (iFEM). Bautechnik 83, Heft 9, S.597 bis S. 603.
- Hauser, C. / Walz, B. (2004): Bildbasierte Verformungsmessung mit der PIVMethode. Geotechnik 27, Nr. 4, S. 339 bis S. 342
- Hauser, C. / Walz, B. (2006): Boden-Bauwerk-Interaktion bei parallelwandigen Verbundsystemen. XIII. Donau-Europäische Konferenz für Geotechnik. Ljubljana, Slowenien, Mai 2006.
- Hauser, C. / Walz, B. (2006): Untersuchung der Boden-Bauwerk-Wechselwirkung mittels innovativer Verfahren - Einsatz von iFEM und PIV im bodenmechanischen Modellversuch. Messen in der Geotechnik, Februar 2006 in Braunschweig. Mitteilung des Instituts für Grundbau und Bodenmechanik, Technische Universität Braunschweig, Heft 82; S. 249 bis S. 268
- Hauser, C. / Walz, B. (2006): Untersuchung der Boden-Bauwerk-Wechselwirkung parallelwandiger Verbundsysteme im bodenmechanischen Modellversuch unter 28 Anwendung innovativer Auswertemethoden. 5. Kolloquium "Bauen in Boden und Fels" der TA Esslingen, Tagungshandbuch 2006.
- Hauser, C. / Walz, B. (2006): Untersuchung der Boden-Bauwerk-Wechselwirkung parallelwandiger Verbundsysteme. Bodenmechanische Modellversuche unter Anwendung innovativer Auswertemethoden. 2. Symposium "Sicherung von Dämmen, Deichen und Stauanlagen. Vol. II, 2006, Universität Siegen; S. 229 bis S. 245
- Walz, B. (2006): Der 1g-Modellversuch in der Bodenmechanik. 2. Hans Lorenz Symposium 2006, Berlin. Veröffentlichungen des Grundbauinstitutes der Technischen Universität Berlin, Heft 40; S. 13 bis S. 26.