Ermüdungsverhalten von Betonstahl unter Korrosionsbeanspruchung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Eigenspannungsverteilungen, die im Rahmen dieses Forschungsvorhabens festgestellt wurden, widerlegen die allgemeine Annahme, dass am Randbereich des Betonstahls eine Druckvorbelastung infolge der Martensitanreicherungen besteht. Es deutet einiges darauf hin, dass die Bedeutung des Walzvorgangs für die Entstehung der Eigenspannung bedeutsamer ist, als die des Abkühlens. Sowohl die Größenordnung von 20-35 N/mm² Zugspannung, die sich im Randbereich zeigt, als auch der Gradient (und die daraus resultierende Scherspannung), der sich ausbildet, zeigen, dass die Eigenspannung als zentraler Punkt für das Dauerschwingverhalten berücksichtigt werden muss. Diese Spannungen überhöhen die Oberspannung im Dauerschwingversuch um z.T. mehr als 10% und verändern somit das eingeprägte Lastregime elementar. Hinzu kommen die Unterschiede zwischen den hier untersuchten Herstellwerken. Es ist zu vermuten, dass ein Teil der Streuungen, die bei den Ergebnissen von Dauerschwingversuchen auftreten, auf den Einfluss des Eigenspannungszustands zurückzuführen ist. Um die Ergebnisse weiter abzusichern, ist dringend geraten, gezielte Untersuchungen an Proben anderer Hersteller durchzuführen. Im Rahmen der Untersuchungen des Oberflächengeometrieeinflusses ist es gelungen, einen rechnerischen Bezug zwischen Oberflächengeometrie und der erreichbaren Lastwechselzahl in Abhängigkeit der Schwingweite zu quantifizieren. Das Modell aus den 1970er Jahren wurde mit den hier produzierten Ergebnissen bestätigt. Die Modelleingangsgrößen wurden statistisch quantifiziert und können nun für eine Modellierung in Ansatz gebracht werden. Unter Ansatz der in der Norm verankerten Sicherheiten konnte nachgewiesen werden, dass bei dem hier untersuchten Material mit einer erhöhten Versagenswahrscheinlichkeit gerechnet werden muss. Da hierfür mögliche Einflüsse der unterschiedlichen Durchmesser die Streuungen bedingen können, sollten weitere Versuche in ausreichend hoher Zahl durchgeführt werden, um getrennt nach Durchmesser und Schwingweite bewerten zu können. Da der Einfluss des Herstellvorgangs diese Ergebnisse noch überlagert, kann ein höherer Wissensstand über eventuelle Eigenspannungen und deren Ursprung hilfreich sein. Das Ermüdungsverhalten von Betonstahl unter Korrosionsbedingungen (Lösungen) zeigte, dass die Wöhler-Linien expositionsbedingt recht unterschiedliche Verläufe aufweisen. So führt insbesondere der Einsatz von chloridhaltigen Medien zu einer deutlichen Reduzierung der Bruchschwingspielzahl bezogen auf die Referenzmessungen an Luft. Um bei den Untersuchungen, neben den Bruchschwingspielzahlen bei den unterschiedlichen Medien, weitere Aussagen über den Einfluss der Korrosion auf das Dauerschwingverhalten von Betonstahl machen zu können, wurden bei allen Dauerschwingversuchen Risseinleitungs- und Rissausbreitungsphase mit Hilfe des Potentialsondenverfahrens getrennt voneinander erfasst. Entstanden sind dadurch für alle vier untersuchten Medien Wöhler-Linien mit den dazugehörigen Anriss-Linien. Die Anriss-Linie repräsentiert dabei die Linie, bei der der Riss bereits eine Tiefe von 1,0 mm erreicht hat. Die Rissausbreitung findet ab diesem Zeitpunkt ausschließlich senkrecht zur größten Normalspannung statt und wächst bei jedem Lastwechsel um einen bestimmten Betrag voran (stabiles Risswachstum). Beim Vergleich der Anriss-Linien mit den Bruch-Linien zeigt sich, dass unabhängig vom Medium die Korrosion nur einen geringen Einfluss auf die Phase der Rissausbreitung hat. Vielmehr unterscheiden sich die Ergebnisse der Versuchsreihen bezüglich der Risseinleitungsphase. Somit hat die Korrosion unter den vorliegenden Randbedingungen insbesondere einen Einfluss auf die Entstehung des Anrisses und weniger auf das Wachstum des Risses. Die Ergebnisse der Dauerschwingversuche unter kombinierter Einwirkung der Korrosion (in Lösung und in gerissenem Beton) des Betonstahls deuten an, dass der Bemessungsansatz der EN 1992 nicht auf der konservativen Seite liegt. Zunächst beeinflusst die Korrosion die Stelle an der Stahloberfläche, von der aus der Ermüdungsbruch ausgeht. Handelt es sich um einen flächigen Angriff der Korrosion, müsste ein ähnlicher Einfluss festzustellen sein wie bei der Oberflächendegradation infolge Walzenverschleiß. Bei der Lochfraßkorrosion ist vermutlich die Geometrie der Korrosionsstelle (Tiefe und Breite der Narbe) ein entscheidender Faktor. Die Entwicklung der Narbe ist ein stark zeitabhängiger Prozess. Die Umlagerung des Eigenspannungszustands aufgrund der Korrosion ist ein weiterer Einflussfaktor. Diese offenen Punkte sind insbesondere im Hinblick auf den derzeit unsicheren Bemessungsansatz der Norm anhand weiterführender Untersuchungen zu quantifizieren.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Anwendung der Schallemissionsanalyse zur Ermittlung des Risswachstums bei schwingender Beanspruchung von geripptem Bewehrungsstahl. Beitrag 3, Proc. 17. Kolloquium Schallemission der DGZfP, BB 118-CD. ISBN: 978-3-940283-19-1. Bad Schandau, 2009, 8 p.
Weirich, T.; Große, C.; Gehlen, C.
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Detektion von Anriss und Rissausbreitung in Betonstählen. Proc. 50. Forschungskolloquium des DAfStb, München, DAfStb, Berlin, 2009, pp 175-182
Weirich, T.; Große, C.; Gehlen, C.
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Detection of crack initiation and crack growth in reinforcing steel. Proc. 8th fib PhD Symposium, ISBN:9788-8-778779-01-2. Lyngby, Denmark, 2010, pp 617-622
Weirich, T.
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Ermüdungsverhalten von Betonstahl unter Korrosionsbedingungen. Materialwissenschaften und Werkstofftechnik, 42, No. 9, 2011, pp. 792-805
Gehlen, C., Weirich, T.
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Ermüdung der Bewehrung ohne und mit Korrosion. Erhaltung von Bauwerken - 3. Kolloquium der Technischen Akademie Esslingen, 22. Und 23.01.2013, Esslingen, Deutschland, pp. 229-237
Volkwein, A.; Weirich, T.; Gehlen, C.
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Ermüdungsverhalten des Betonstahls unter Berücksichtigung möglicher Korrosionseinflüsse. Dissertation, Universität Stuttgart, 2013
Weirich, T.