Pollenanalytische Untersuchungen an mittelpleistozänen, interglazialen Sedimenten aus Bilshausen, Niedersachsen, und ihre klimatische Auswertung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die mittelpleistozänen Sedimente von Bilshausen (Harzvorland, Deutschland) bilden das einzige bekannte vollständige und gewarvte terrestrische Sedimentvorkommen einer Warmzeit seiner Altersstellung. Das Hauptziel des Projekts lag in der quantitativen Klimarekonstruktion der Warmzeit auf der Grundlage einer detaillierten pollenanalytischen Neubearbeitung. Die Bilshausen-Warmzeit ist wahrscheinlich etwa 400.000 Jahre alt und damit mit dem Marinen Isotopenstadium (MIS) 11 korrelierbar. Dieses Stadium weist von den Einstrahlungsbedingungen her große Ähnlichkeit mit dem Holozän auf und hat deshalb in den letzten Jahren beachtliches wissenschaftliches Interesse gefunden. Die Vegetations- und Klimaentwicklung eines terrestrischen Äquivalents von MIS 11 ist daher von besonderem Interesse für den Vergleich mit jüngeren Interglazialen und besonders mit dem Holozän (MIS 1). Etwa 200 Proben wurden pollenanalytisch mit einer hohen Auszählung (Summe terrestrischer Pollenkörner >1000) bearbeitet. Ziel war es, dadurch auch Pollenkörner schwach repräsentierter Taxa zu erfassen, die für Klimaaussagen sehr wichtig sind. Die paläobotanische Untersuchung dienten als Proxydaten, mit denen der Temperaturverlauf rekonstruiert wurde. Als Rekonstruktionsmethode wurde eine probabilistische Methode angewandt, die das Vorkommen von Taxa venwendet und deren Klimaabhängigkeiten mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitsdichtefunkfionen (probability density functions, „pdf- Methode") schätzt. Der Vegetationsverlauf der Bilshausen-Warmzeit ist charakteristisch. Auftällig ist die über Jahrtausende währende Dominanz von Nadelbäumen, mit relativ hohen Anteilen von Krautpollen, die anzeigen, dass der Wald nicht vollständig geschlossen war. Die Hainbuche breitet sich erst nach einer ausgeprägten Tannenzeit in der Spätphase des Interglazials aus. In dieser Phase ist der Wald geschlossen, sie ist die Klimaoptimum. Die rekonstruierten Januar- und Julitemperaturen reflektieren diese Entwicklung, indem sie einen relativ stetigen Anstieg bis zur Klimaoptimumphase zeigen. Die rekonstruierten Julitemperaturen liegen .während der gesamten Warmzeit mindestens um den heutigen Wert, in der Optimumphase sogar ein bis zwei Grad darüber. Die rekonstruierten Januartemperaturen liegen allgemein unter dem heutigen Wert. Offensichtlich war die Warmzeit subkontinentaler geprägt als heute. Die Temperaturvariabilität beträgt im Verlauf der Warmzeit einige °C. Ein in einer früheren Untersuchung postulierter extremer Temperaturrückgang während der Warmzeit, der zur zeitweiligen Vernichtung der Wälder führte, konnte in dieser Arbeit nicht bestätigt werden. Der Verlauf des Bilshausen Interglazials unterscheidet sich vom Holstein- und Eem-lnterglazial sowie vom Holozän sowohl in seiner Vegetationsentwicklung als auch in seinem rekonstruierten Temperaturverlauf. Besonders unterscheidet es sich vom Eem und Holozän, in denen die Temperaturentwicklung gegenläufig zu dem für Bilshausen rekonstruierten Trend verläuft. Die Bilshausen-Warmzeit kann demnach trotz seiner Einstrahlungsbedingungen, die dem Holozän ähneln, nicht als Analogie zum Holozän angesehen werden. Dies entspricht neueren Ergebnissen aus dem Nordatlantik, bei denen der Vergleich von MIS 11 und MIS 1 auf erhebliche Unterschiede dieser beiden Stadien schließen lässt. Offensichtlich sind die vegetationsdynamischen und klimatischen Prozesse mit ihren Wechselwirkungen zu komplex, als dass die Ähnlichkeit der Einstrahlung ausreicht, um zu analogen Verhältnissen zu führen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2007): Comparison of the climatic evolution of different interglacials in Central Europe. (Vortrag) 37. Jahrestagung der GfÖ, Marburg, 20.-14.September 2007
Kühl, N.
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(2007): Comparison of the climatic evolution of four interglacials in Central Europe. (Vortrag) XVII INQUA Congress 2007, Cairns, July 28 - August 3 2007. Quaternary International 167/168: 221
Kühl, N.
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(2007): Probabilisfic reconstruction of the climatic evolution of interglacials in Central Europe. (Vortrag) 4th International Limnogeology Congress, Barcelona, July 11-14. Conference Abstracts, p. 78
Kühl, N.
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(2007): The Middle Pleistocene Key Site Bilshausen Revisited (Poster). Open Scientific Meeting of the European Pollen Database, Aix-en-Provence, France, May 08-12. Meeting Abstracts, 1 p
Kühl, N.