Heißisostatisches Pressen von Leichtmetallgusswerkstoffen zur Verbesserung ihrer mechanischen Eigenschaften
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Heissisostatisches Pressen (HIP: Hot Isostatic Pressing) ist ein Verfahren, bei dem Bauteile für eine vorgegebene Zeit hohem Druck und hoher Temperatur ausgesetzt werden. Die wesentlichen Prozessparameter sind deshalb Haltedruck ph, Haltetemperatur Th und Haltezelt th. Der Druck wird über ein, meist inertes, Gas aufgebracht. Mit der Entwicklung des Verfahrens, Heissisostatisches Pressen' wurde 1955 begonnen. Ursprüngliches Ziel war die Herstellung von Nuklearbrennstäben. Inzwischen haben sich eine Reihe weiterer Anwendungsfelder herauskristallisiert. Das Nachverdichten von Gussbauteilen ist eines davon. Porosität in Gussbauteilen lässt sich oft nicht vermeiden. Diese wirkt sich jedoch nachteilig auf die mechanischen Eigenschaften der Gussbauteile aus. Durch das Heissisostatische Pressen können, unter bestimmten Voraussetzungen, die Poren nachträglich beseitigt (und somit die Dichte erhöht} werden. Dadurch verbessern sich die mechanischen Eigenschaften, insbesondere die Schwingfestigkeit, signifikant. Bisherige Arbeiten zum Heissisostatischen Pressen von Aluminiumguss haben sich deshalb überwiegend mit der Veränderung der Porosität durch HIP beschäftigt. Ein möglicher Einfluss auf andere Gefügeeigenschaften wurde in den Untersuchungen bisher kaum betrachtet. Auf eine systematische Variation der Prozessparameter wurde ebenso verzichtet. Mit den in diesem Forschungsprojekt durchgeführten Untersuchungen kann gezeigt werden, dass neben der Beseitigung der Porosität auch die Einformung von Ausscheidungen und eine Änderung der Mischkristallhärte berücksichtigt werden müssen, um die Veränderung der mechanischen Kennwerte durch HIP zu erklären. Zusätzlich ist die Qualität des Ausgangsgefüges von entscheidender Bedeutung für den Betrag, um den die mechanischen Kennwerte verbessert werden können. Für weiterreichende Erklärungsansätze müssen neben dem Einfluss des Heißisostatischen Fressens auf die mechanischen Eigenschaften folglich auch immer der Einfluss des HIP auf die Gefügeeigenschaften berücksichtigt werden. Eine Veränderung dieser ist letztendlich immer ursächlich für Veränderungen der mechanischen Eigenschaften. Für die Untersuchungen wurden die Magnesiumgusslegierung MgAl9Zn1 und die Aluminiumgusslegierung AISi9 (die ursprünglich vorgesehene übereutektische Aluminiumgusslegierung erwies sich aus gießtechnischen Gründen als ungeeignet ausgewählt. Bei den Magnesiumproben war eine Reduktion der Porosität und eine Neugestaltung der eutektischen Ausscheidungsstruktur für die Verbesserung der mechanischen Kennwerte verantwortlich..Allerdings war die Streuung der mechanischen Kennwerte aufgrund der auch nach dem HIP teilweise noch vorhandenen Porosität so hoch, dass keine eindeutige Zuordnung zwischen veränderten Gefüge- und mechanischen Eigenschaften möglich war. Dennoch ist davon auszugehen, dass durch HIP die mechanischen Eigenschaften von sowohl im Magnesiumdruckguss als auch im Magnesiumsandguss hergestellten Bauteilen verbessert werden können. Bei den Aluminiumproben hatte die Struktur des Ausgangsgefüges der Proben einen starken Einfluss auf die Gefügeveränderungen, da die beim Heißisostatischen Pressen stattfindenden Prozesse zum großen Teil diffusionsgesteuert und damit temperatur- und zeitabhängig ablaufen. Die grundlegenden physikalischen Prozesse für die Press- und Sandgussproben waren daher zwar identisch, führten aber wegen der unterschiedlichen Ausgangsgefüge zu unterschiedlichen Ergebnissen in den mechanischen Kennwerten. Bei den Pressgussproben formten sich die Silizium-Ausscheidungen stark ein und die Mischkristall härte verringerte sich gegenüber dem Ausgangszustand. Eine Porositätsreduktion fand aufgrund des porenfreien Ausgangsgefüges nicht statt. Bei den Sandgussproben hingegen konnten die Poren eliminiert werden. Die Silizium-Ausscheidungen formten sich ebenfalls ein, aufgrund der um das ca. 4-fache größeren Dimensionen jedoch weitaus schwächer. Die Änderung der Mischkristallhärte war analog zu den Pressguss proben. Die Korngröße respektive der Dendritenarmabstand änderte sich bei beiden Probenarten nicht. Aufgrund der beschriebenen Veränderungen verringerte sich die Dehngrenze und die Zugfestigkeit für die Pressgussproben gegenüber dem Ausgangszustand, die Bruchdehung verbesserte sich dagegen um den Faktor Drei. Bei den Schwingspielzahlen konnte keine Verbesserung gegenüber dem Ausgangszustand erreicht werden. Bei den Sandgussproben blieb die Bruchdehnung nahezu unverändert, bei Dehngrenze, Zugfestigkeit und Schwingspielzahl konnten leichte Verbesserungen gegenüber dem Ausgangszustand erreicht werden. Ist die Qualität des Gussgefüges im Ausgangszustand sehr gut, verschlechtern sich also unter Umständen sogar eine Reihe von Kennwerten. Die Ergebnisse machen deutlich, dass für das Heissisostatische Pressen von Magnesiumguss insbesondere die Rolle der Porosität noch näher untersucht werden muss. Es bleibt zu klären, welche Porenarten durch das HIP beseitigt werden können bzw. wie stark im Gießprozess eingeschlossenes Gas (Magnesium kann nur unter Schutzgasatmosphäre gegossen werden, da es an Luft zu starker Oxidation neigen würde) unter HIP-Randbedingungen mit der Porenoberfläche reagiert und somit ein vollständiges Schließen der Poren verhindert. Deshalb wird momentan in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Aalen ein Antrag für ein Forschungsprojekt erarbeitet, das sich dieser Thematik ausführlich widmet. Es ist geplant, mit einer speziellen Druckgussversuchsanlage Proben mit unterschiedlichen Porositäten herzustellen. Es soll sowohl der Volumenanteil der Poren im Verhältnis zum Probenvolumen als auch der Gasgehalt in den Poren variiert werden. Die Poren in den Proben sollen dann vor und nach dem Heissisostatischen Pressen mittels Röntgentomographle und entsprechender Softwareunterstützung charakterisiert werden. Daraus soll eine Klassifikation für die HIP-Eignung von Mangesiumgussbauteilen entwickelt werden. Für das Heissisostatische Pressen der verwendeten Aluminiumgusslegierung AISi9 konnten die wesentlichen Gefügeveränderungen durch HIP und die daraus resultierenden Veränderungen der mechanischen Eigenschaften ausführlich dargestellt werden. Dennoch ergeben sich weitere Fragestellungen. Zum einen, um die Implikationen der Ergebnisse für die industrielle Anwendung zu qualifizieren und zum anderen, um einzelne Erklärungsansätze theoretisch stärker zu fundieren. Für einen industriellen Einsatz des HIP bzgl. der Behandlung von Aluminiumgussbauteilen lassen sich drei wirtschaftlich sinnvolle Anwendungsfelder ableiten. Das Reparieren von „schlechtem“ (sehr porenhaltigem) Guss, das wärmebehandelnde Heissisostatische Pressen (WHIP} und die Wärmebehandlung von Druckgussbauteilen unter Druck (DHIP}. Das Heissisostatische Pressen von Aluminiumgussbauteilen zur Porenreduktion wird heute bereits industriell verwendet. Allerdings fanden bisher über das Porenschließen hinausgehende Gefügeveränderungen wie Ausscheidungseinformung oder Effekte der Mischkristallverfestigung zu wenig Beachtung. Aus den Untersuchungsergebnissen lässt sich jedoch ableiten, dass einzelne Gefügeveränderungen durch eine geänderte Prozessführung besser genutzt werden könnten. Diese neu vorgeschlagene Prozessführung bedarf allerdings noch einer experimentellen Bestätigung. Die Kosten für das Heissisostatische Pressen sind momentan sehr hoch. Gelänge es jedoch, die Wärmebehandlung in das Heissisostatische Pressen zu einer Standard-Wärmebehandlung ähnlichen Kosten zu integrieren, wäre das Potential für einen Serienprozess vorhanden. Die beim Heissisostatischen Pressen üblichenweise verwendeten Temperaturen liegen im Bereich der Lösungsglühtemperaturen von industriell verwendeten Aluminiumgusslegierungen. Lediglich die für eine Wärmebehandlung notwendige Abkühlgeschwindigkeit kann bislang noch nicht realisiert werden, wobei insbesondere die Rolle des Drucks beim Abkühlen ausreichend berücksichtigt werden muss. Deshalb wurde bei der Bayerischen Forschungsstiftung zusammen mit BMW AG, Georg Fischer AG und Diffenbacher GmbH & Co. KG ein Forschungsprojekt zur Integration der Wärmebehandlung in das Heissisostatische Pressen beantragt. Das Projekt startet am 1.2.2009. Druckgussbauteile, die nicht im Vakural-Druckguss gegossen worden sind, können aufgrund des auftretenden Blister-Effekts beim Lösungsglühen (die temperaturbedingte Volumenzunahme der Gasporen führt zu einer starken Volumenzunahme der Poren und damit Verformung des Bauteils) nicht wärmebehandelt werden. Erste Vorversuche haben jedoch gezeigt, dass eine Volumenzunahme der Poren durch den hohen Druck beim Heissisostatischen Pressen (Wärmebehandlung unter Druck) verhindert werden kann. Das Porenvolumen konnte sogar verringert werden. Eine beim Verein Deutscher Giessereifachleute (VDG) zu dieser Thematik vorgestellte Skizze wurde als sehr gut beurteilt. Deshalb erfolgt bis zum Frühsommer die Beantragung eines Forschungsprojekts bei der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF=} über den Projektträger VDG. Von mittel- bis langfristigem industriellen Interesse ist die simulative Abbildung des HIP. An der Integration einzelner Fertigungsschritte (z.B. Gießsimulation, Bearbeitungssimulation) zu einem durchgängigen Simulationsprozess wird momentan intensiv gearbeitet. Im Hinblick auf das Heissisostatische Pressen wäre die Voraussage des entstehenden Gefüges von besonderer Bedeutung, da damit die mechanischen Eigenschaften vorausgesagt werden könnten. Hierzu sind allerdings noch detailliertere Untersuchungen zum Beispiel zum Druckeinfluss auf die Einformungskinetik notwendig.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
Ostermeier, M., Brummer, M., Hoffmann, H., Werner, E.: Fatigue life of aluminium castings influenced by hot isostatic pressing. 11"" International Conference on Aluminium Alloys, Aachen (Deutschland) 22. September 2008.
-
Ostermeier, M., Brummer, M., Hoffmann, H., Werner, E.: Heißisostatisches Pressen von Bauteilen aus Leichtmetallgußlegierungen - Nischenanwendung oder zukünftiger Serienprozeß? 5. Fachtagung Gießtechnik Im Motorenbau, Magdeburg (Deutschland) 10.-11. Februar 2009.
-
Ostermeier, M., Brummer, M., Hoffmann, H., Werner, E.: Hot isostatic pressing (HIP) of magnesium castings. Materials Science and Engineering, Nürnberg (Deutschland) 2. September 2008.
-
Ostermeier, M., Hoffmann, H., Werner, E.: Improvement of Fatigue Life of Aluminium Castings by Hot Isostatic Pressing. In: Aluminium Alloys. Their physical and mechanical properties (Hrsg. von Hirsch, J., Skrotzkl, B. Gottstein, G.) Wiley-VCH, Weinheim 2008 S. 1403-1408.
-
Ostermeier, M., Hoffmann, H., Werner, E.: The effects of hot isostatic pressing (HIP) on aluminium castings. IO'" International Conference on the Mechanical Behavior of Materials, Busan (Südkorea) 29. Mai 2007.
-
Ostermeier, M., Hoffmann. H., Werner, E.: The Effects of Hot Isostatic Pressing on Aluminium Castings. Key Engineering Materials, 345-346 (2007) S. 1545-1548.
-
Ostermeier, M.: Heißisostatisches Pressen von Leichtmetallguss. Tagungsband zum Münchener Kolloquium, Herbert Utz Veriag, München (2006) S. 391-392.