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Erwerb einfacher und komplexer Fähigkeiten der Perspektivenübernahme bei blinden und sehenden Kinder
Antragsteller
Professor Dr. Michael Brambring
Fachliche Zuordnung
Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie
Förderung
Förderung von 2005 bis 2014
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5446130
Im laufenden Forschungsprojekt wurde der Erwerb der Perspektivenübernahme bei blindgeborenen Kindern untersucht. Vorangegangene empirische Studien (Green, Pring, & Swettenham, 2004; McAlpine & Moore, 1995; Minter, Hobson, & Bishop, 1998; Peterson, Peterson, & Webb, 2000) hatten eine Entwicklungsverzögerung von 4-6 Jahren bei blindgeborenen Kindern im Vergleich zu sehenden Kindern festgestellt.Zentrales Ziel des jetzigen Forschungsprojektes war es nachzuweisen, dass blinde Kinder bei Aufgaben, welche auf den taktilen oder auditiven Erfahrungen blinder Kinder aufbauen, die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme früher zeigen als es die bisherigen empirischen Studien mit visuell basiertem Material erwarten lassen. Im Sinne der Hypothese ergibt sich bei den blinden Kindern der vorliegenden Studie nur einen Entwicklungsrückstand von l - 2 Jahren. Dieser hypothesenkonforme Befund ist wahrscheinlich auf die blindenspezifische Auswahl der Testaufgaben zurückzuführen. Ein anderer Grund könnte jedoch sein, dass die blinden Kinder dieser Studie den blinden Kindern vorangegangener Studien entwicklungsmäßig überlegen waren. Diese Alternativinterpretation der Ergebnisse soll in der Fortsetzung des Forschungsprojektes überprüft werden, indem auch blinde Kinder untersucht werden, die leicht unterdurchschnittliche Entwicklungsleistungen aufweisen.Ein weiteres Ziel des laufenden Forschungsprojektes war es, durch längsschnittliche Erhebungen detailliert zu analysieren, welche kindlichen, erzieherischen und sozialen Faktoren den Erwerb der Perspektivenübernahme bei blindgeborenen Kindern begünstigen bzw. hemmen. Diese Erhebungen sind noch nicht abgeschlossen und sollen in der Verlängerung fortgeführt werden.Ein nicht erwartetes Ergebnis der vorliegenden Studie ist, dass die meisten blinden Kinder die komplexe Aufgabe zur fälschlichen Überzeugung zweiter Ordnung in etwa dem gleichen Alter wie sehende Kinder lösen konnten. Es könnte folglich sein, dass blinde Kinder nach dem Erwerb des Grundkonzeptes der Perspektivenübernahme aufholen und komplexe sozial-kognitive Fähigkeiten im gleichen Alter wie sehende Kinder erlangen. Diese Hypothese soll in der Verlängerung des Forschungsprojektes genauer untersucht werden, indem den blinden Kindern des laufenden Forschungsprojektes, welche das Grundkonzept zur Perspektivenübernahme schon erworben haben, komplexe sozial-kognitive Aufgaben vorgegeben werden, z. B. neben Aufgaben zur fälschlichen Überzeugung zweiter Ordnung, Aufgaben zur Ironie, zum Sarkasmus, Faux pas und zum Bluff. Deren Befunde sollen mit den Ergebnissen sehender Paarlinge verglichen werden.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen