Alluvionen, Hang- und Dolinensedimente im tropischen Regenwald des südwestlichen Zentralafrikas (Foret de Ngotto, Zentralafrikanische Republik, ZAR) und ihre Aussagen für die spätquartäre (LGM, JD, Holozän) Klima- und Landschaftsentwicklung
Final Report Abstract
Die von 2004-2007 durchgeführten Studien an ausgewählten geomorphologischen Formen und korrelaten Sedimenten (Terrassen, Alluvionen, Schwemmfächer, Dolinen) unter rezenter Regenwaldbedeckung im Forêt de Ngotto im Südwesten der Zentralafrikanischen Republik und im Umfeld der Hauptstadt Bangui ergaben folgende wesentliche Erkenntnisse: Innerhalb der beabeiteten ca. 30 km langen(!) Alluvialebene des Mbaere wurden fluviale Akkumulationsterrassen und Terrassenreste (Niederterrassen) lokalisiert und aufgenommen. Neben den aus dem Einzugsgebiet des Carnot-Sandsteins stammenden vorherrschenden Sanden förderten die Aufschlussarbeiten vereinzelt auch Schotter und Keramikartefakte zu Tage. Die verbreitete gute Erhaltung von organischen Schichten, fossilen Böden, Pflanzenresten und Holzkohlen innerhalb der Sedimentstrukturen ermöglichte eine altersmäßige Einordnung der Alluvial- und Schwemmfächersedimente. Entgegen der ursprünglichen Zielsetzung dieser Studie auch Hinweise auf die landschaftlichen Verhältnisse im Hochglazial und für die Jüngere Dryas Zeit zu finden, konnte festgestellt werden, dass sämtliche untersuchten Sedimente und Formenalter in das Holozän datieren. Die konventionellen 14C Altersbestimmungen an Sedimenten, die über Aufschlüsse oder mit dem Edelmann Handbohrer gewonnen wurden, ergeben für den oberflächennahen Untergrund in den Alluvionen des Mbaere-Tales bis 200 cm Tiefe unkalibrierte Alter zwischen 6.921 + 71 BP (Holzkohle, Erl-8213), 4.011 ± 59 BP (organ. Sediment, Erl-8219) sowie rezente Alter von Proben in 60-80 cm Tiefe. Aufschlüsse in unmittelbarer Flussnähe zeigen zum Teil in bis zu 200 cm Tiefe rezente Alter, was neben der sicherlich vorkommenden Bioturbation auch mit starken Umlagerungsprozessen durch exzessive Einzelereignisse zu erklären ist. Da die meisten der innerhalb der Profile beprobten Serien altersmäßig stringent sind, wird davon ausgegangen, dass eine Kontaminierung der Proben mit rezentem Kohlenstoff nicht erfolgt ist. Auf dem Sadika Schwemmfächer liegen die absoluten, nicht kalibrierten 14C-Alter zwischen 4.162 ± 78 BP (organ. Sediment, Erl.-8217), 3.191 ± 69 BP (organ. Sediment, Erl-8216) und rezenten Werten in bis zu 100 cm Tiefe. Allerdings fehlt beim Sadika die beim Mbaere beobachtete Altersstringenz innerhalb der Profile, was auf episodische Umlagerungsprozesse der Sedimente des Alluvialfächers schließen lässt. Die ursprünglich Vermutung, dass sich die Alluvialfächerstruktur des Sadika in völliger ,Formungsruhe' befindet, konnte daher nicht bestätigt werden. Die klimagesteuerte Landschaftsgeschichte im Holozän lässt aufgrund von überwiegend C3 (,Wald') anzeigenden 8"C-Werten der organischen Substanz den Rückschluss zu, dass im Mbaere-Tal der ,Regenwald' persistent war. Eine unter trockeneren Bedingungen während der ,First Millenium Crisis' im Spätholozän (3 ka) abgelaufene Verschiebung des Ökosystems von Überflutungswald hin zu Regenwald ohne permanente Überflutung erscheint plausibel, wobei der Einfluss möglicher Karstwasserinputs aus dem Carnot-Sandstein bislang noch unzureichend verstanden ist. Eine holozäne Savannisierung ist daher fast auszuschließen. Das Auftreten von Keramik unter Regenwald wirft allerdings die Frage auf, ob es nicht lokal Savanneninseln in dem Regenwaldsystem gegeben haben könnte, die im Kontext einer ,Bantu-Migration' zeitweise besiedelt waren und später zur Wüstung wurden. Bei der Untersuchung der Dolinensedimente im proterozoischen ,Kryptokarst' bei Bangui musste von der ursprünglichen Planung abgewichen werden, da sämtliche aufgesuchten Dolinen, die auf den Luftbildern von 1982 und teilweise auch noch auf den Landsat ETM-Satellitenbilddaten von 2000 und 2003 einen geschlossenen Waldbestand im tiefsten Teil der Depressionen aufwiesen, während der Feldkampagne von 2006 mit Wasser gefüllt waren, in deren Folge der Wald abgestorben ist. Da die Niederschläge in Bangui seit den 1960er Jahren einen leicht rückläufigen Trend zeigen, kann dieses Phänomen nicht über die Veränderung eines klimatischen Parameters erklärt werden. Es wird vermutet, dass es sich um ein Karstwasserphänomen handelt, bei dem es in unregelmäßigen, vermutlich längeren Zeiträumen (Jahrzehnten oder Jahrhundertereignis?) zu einer starken Quellwasserschüttung aus dem Karstaquifer unterhalb von Bangui an die Oberfläche kommt. Historische Analogien wurden bei der Befragung in Wasserbehörden und Institutionen vor Ort nicht festgestellt. Inwieweit ein Zusammenhang mit den katastrophalen vom Oubangui ausgelösten Hochwässern von 1999 und 2005 besteht, kann zum derzeitigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden.
Publications
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Vom Diamantenkaiser Bokassa zum General Bozize - ein zentralafrikanische Krisenregion aus geographischer Sicht. - Heidelberger Geographische Gesellschaft Journal 19+20: 87-98.
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Reliefformen, fluviale Morphodynamik und Sedimente in den wechselfeuchten Tropen Zentralafrikas: Indikatoren für die subrezente und rezente Landschaftsentwicklung. Dissertationsschrift Math.-Naturwiss. Fachbereiche der JWG-Universität Frankfurt am Main, 1-304.
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