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Der Fürst ohne Frau: Fürstliche Junggesellen im spätmittelalterlichen Reich zwischen dynastischer und persönlicher Handlungsmotivation (1350–1550)

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 544901206
 
In der Vormoderne war die Heiratspolitik des Hochadels von essentieller Bedeutung. Denn für die Fürstenhäuser stellten Eheversprechen und -schließungen die Basis für Machterhalt sowie -gewinn dar, indem diese Vollzugsinstrumente von Bündnissen und Zerwürfnissen, von Friedensschlüssen und Kriegserklärungen waren. Eine möglichst profitable Verheiratung der Nachkommenschaft war für Dynastie und Familie folglich generell integraler Bestandteil adeliger Politik. Dennoch lässt sich eine signifikante Anzahl männlicher Angehöriger des sogenannten Reichsfürstenstandes eruieren, die weder in den geistlichen Stand eintraten noch eine Ehe eingingen, was angesichts des gerade Gesagten unbedingt erklärungsbedürftig ist. Die Erforschung eines langjährigen Junggesellentums innerhalb des Reichsfürstenstandes stellt indes bislang ein Desiderat dar. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf Fürsten, die mindestens bis zu ihrem 35. Lebensjahr unverheiratet blieben. Da das durchschnittliche Heiratsalter der Männer in diesem Stand bei ca. 24 Jahren lag, können elf Jahre ohne Verehelichung als statistisch auffällige Normabweichung gelten. Anhand erster Stichproben für die Askanier, Welfen, Wettiner und Wittelsbacher sind für die gesamte Gruppe der reichsfürstlichen Dynastien innerhalb des Betrachtungszeitraums ca. 100 Kandidaten zu erwarten, auf die das genannte Merkmal zutrifft. Dabei ergaben sich bereits in dieser Vorabanalyse markante Differenzen zwischen den Dynastien, was weitere Fragen aufwirft. Um ein umfassendes Verständniss von der männlichen Ehelosigkeit zu erlangen, möchte sich das Vorhaben dem historischen Phänomen in drei Schritten annähern: In einem ersten Schritt soll eruiert werden, wer explizit fürstlicher Junggeselle blieb. Anschließend soll durch intensive archivalische Recherchen in zum größeren Teil bereits vorab sondierten Quellenbeständen anhand aussagekräftiger Beispiele nach den Gründen des langjährigen oder gar lebenslangen Unverheiratetseins gefragt werden. Wie die erfolgreich abgeschlossene Kieler Erforschung der männlichen Verwitwung, die elaborierte Vorgehensweisen für das neue Projekt liefert, offengelegt hat, müssen neben dynastischen und politischen wohl auch persönliche, ökonomische, gesundheitliche sowie religiöse Motive unbedingt berücksichtigt werden. Der letzte Analyseschritt gilt den Auswirkungen des Junggesellentums auf die Handlungsspielräume der unverheirateten Fürsten. Gesamtziel des beantragten Vorhabens ist somit, das bisher fast komplett unberücksichtigte Phänomen des fürstlichen Junggesellentums erstmals sozial-, personen-, politik- und geschlechtergeschichtlich zu erfassen und in seiner gesamten Tragweite in den Diskurs zu den Forschungen des spätmittelalterlichen Reichsfürstenstandes einzubringen. Die Ergebnisse sollen monographisch veröffentlicht werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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