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Das Milieu des Verdachts. Denunziation und Politikgestaltung in Universitätsstädten des 18. Jahrhunderts

Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung Förderung von 2005 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5449786
 
Erstellungsjahr 2007

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Denunziationen sind ein vergleichsweise junger Gegenstand historischer Forschung - den entscheidenden Impuls dafür gaben die revolutionären gesellschaftlichen Veränderungen im Zuge der Wende von 1989. Dementsprechend wurde das Thema vor allem durch die zeitgeschichtliche Forschung eingehend behandelt. Gleichwohl war dabei seit der Mitte der 1990er Jahre klar, dass das Denunziationsverhalten der unmittelbar nahen Zeitgeschichte eine weit über die Epochenschwelle um 1800 in die Vormoderne zurückreichende Tiefenstruktur besitzt. Auch in früheren Gesellschaftsformen und Lebenswelten wurde denunziert. Dass im Zuge dieser Überlegung schnell auftauchende Verständnis des Denunziationsverhaltens als überzeitlicher anthropologischer Konstante hat unmittelbar einen Gegenreflex der Forschung hervorgerufen: Die Historisierung des Phänomens wurde gefordert. Gleichwohl hat die Forschung zur Vormoderne noch keinen entsprechenden monografischen Entwurf zur Denunziation vorgelegt. An diesem Punkt setzte das Projekt an und entwickelte ein eigenes Forschungsdesign. Dabei wurde von der Beobachtung ausgegangen, dass die studentische Lebenswelt in Universitätsstädten der Frühen Neuzeit ein bislang nicht untersuchtes Feld im Rahmen der Forschungen zur Denunziation ist, dessen Analyse gleichzeitig Erklärungskraft besitzt und Interpretamente sowie Diskussionsangebote ermöglicht, die für die historische Denunziationsforschung insgesamt weiterführenden Charakter haben. Die Arbeit leistet einen Beitrag zur Geschichte der Denunziation in der Vormoderne, und ist in einem größeren Zusammenhang im Bezugsfeld von politischer Kulturgeschichte zum Alten Reich, Kommunikationsgeschichte und der Kulturgeschichte der frühneuzeitlichen Universität verankert. In der Zusammenschau der Arbeitsergebnisse erscheint das 18. Jahrhundert als eine denunziationsgeschichtlich ambivalente Epoche. Einerseits wurde ein Denunziationsmuster entworfen, gesetzestextlich fixiert, immer wieder erneuert, angeboten und dafür geworben. Andererseits aber sind deutlich die Grenzen der Denunziationspolitik in der Konfrontation mit starken, dauerhaften Mentalitäten zu erkennen. Die Zeitspanne zwischen dem ausgehenden 17. und dem beginnenden 19. Jahrhundert war eine Zeit des Übergangs, ein Säkulum der Denunziation und der Denunziationsresistenz. Die handelnden Menschen des 18. Jahrhunderts bestimmten den Umgang mit Denunziationen - und nicht die Denunziationsbedingungen das Handeln der Menschen. Insofern waren die strukturellen und mentalen Handlungsoptionen eines denunziatorischen Feldes in der Epochenschwelle um 1800 bereits voll ausgebildet und boten sich für spätere politische Kulturen der Neuzeit zur Adaption an.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Die Brautnacht; oder die Fensterkanonade. Der permanente Konflikt zwischen Stadtbürgern und Studenten im Raum der Stadt des 18. Jahrhunderts, in: Jahrbuch für hallische Stadtgeschichte 4 (2006), S. 61-76.
    Zaunstöck, H.
  • Das Milieu des Verdachts. Akademische Freiheit, Politikgestaltung und die Emergenz der Denunziation in Universitätsstädten des 18. Jahrhunderts. Ms., Halle 2007, 439 S.
    Zaunstöck, H.
 
 

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