Experimentelle und theoretische Untersuchungen zur nachträglichen örtlichen Verstärkung gemauerter Tragwerke mit aufgeklebten Faserverbundwerkstoffen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In den letzten Jahren wurden eine Vielzahl von experimentellen und theoretischen Untersuchungen zum Kleben von Faserverbundwerkstoffen auf Mauerwerk durchgeführt, dabei blieb jedoch gerade die Frage der Verbundcharakteristik unbeantwortet. Ein Verbundmodell für auf Mauerwerk aufgeklebte Faserverbundwerkstoffe fehlte. Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wurde ein Verbundmodell aufbauend auf den Arbeiten von Volkersen [Vol53] hergeleitet. Für die Anwendung des Modells ist es von entscheidender Bedeutung, wie die Materialkennwerte der Werkstoffe ermittelt wurden. Eine ausführliche Dokumentation der verwendeten Verfahren und des Vorgehens findet sich im Forschungsbericht [Sei09]. Zur breiten Absicherung des Verbundmodells wurden 91 Endverankerungsversuche an normalformatigen Steinen durchgeführt, wobei vier Gelegarten, drei Klebstoffe und acht Steinsorten miteinander kombiniert wurden. Das Verbundversagen trat vorwiegend als schlagartiger Kohäsionsbruch der oberflächennahen Steinbereiche ein. Bei konstanter Verbundlänge wurden die Verbundbruchkräfte sowohl durch die Steinfestigkeit als auch durch die Dehnsteifigkeit der Faserverbundwerkstoffe beeinflusst. Höhere Festigkeiten und Steifigkeiten führten im Allgemeinen zu einer Steigerung der Verbundbruchkräfte. Gleiches gilt für die Verklebung der Gelege mit einem niedrigviskosen Epoxidharzklebstoff. Im Vergleich zu einem hochviskosem Klebstoff (SD330) ergaben sich mit der Anwendung des niedrigviskosen Klebstoffs (SP55) im Mittel ca. 40 % bis maximal ca. 60% höhere Verbundbruchkräfte. Hieraus lässt sich schlussfolgern, dass die Viskosität des verwendeten Epoxidharzklebstoffs einen entscheidenden Einfluss auf die Verbundbruchkräfte hat. Zudem zeigte sich, dass sich die experimentellen Verbundbruchkräfte aus einem Verbundkraftanteil und einem Reibungsanteil der Fügeteile Stein und Faserverbundwerkstoff ergaben. Der Reibungsanteil konnte mit dem eingeführten Beiwert Cv abgeschätzt werden. Für die Modellierung des Abtrags der Verankerungskräfte in der Wandebene wird neben dem Verbundmodell ein Strukturmodell auf der Grundlage die Theorie der Spannungsfelder mit der Bruchbedingung von Ganz [Gan85] vorgeschlagen. Zur Absicherung der kombinierten Anwendung, wurden 24 Verankerungsversuche an Wandknoten durchgeführt. Hierbei wurden unterschiedliche Verbundflächengeometrien (490 cm bis 1480 cm2 ) in Kombination mit variierenden Faserverbundwerkstoffdicken (2 bis 4 Gelegelagen) für zwei Steinarten und zwei unterschiedliche Winkel (0 und 90 ) zwischen der Faserrichtung der Faserverbundwerkstoffe und der Lagerfuge untersucht. Mit senkrecht zu den Lagerfugen verklebten Faserverbundwerkstoffen wurden tendenziell höhere Verbundbruchkräfte als mit parallel zur Lagerfuge verklebten erreicht, was auf eine höhere Anzahl an Verbundelementen zurückzuführen ist. F¨r die Bemessung der Verankerungskräfte wurde ein genaues und ein vereinfachtes Berechnungsverfahren entwickelt. Die Verifizierung des Verbundmodells für die Endverankerungsuntersuchungen an de normalformatigen Steinen ergab eine gute Ubereinstimmung, wobei sich die größte rechnerische Abweichung zum experimentellen Ergebniss mit einer Unterschätzung der Verbundbruchkräfte von 25% ergab. Ein entwickelter Ansatz zur Beschreibung der Reibung der Fügeteile Stein und Faserverbundwerkstoffe zeigte eine zuverlässige Bemessung für variierende Verbundlängen zwischen 60 mm bis 240 mm. Für die kombinierte Anwendung des Struktur- und des Verbundmodells auf die Wandknoten zeigten sich Abweichungen zwischen den experimentellen und rechnerischen Verbundbruchkräften von ca. 13%. Die Anwendung der Theorie der Spannungsfelder für das Strukturmodell erwies sich somit als sinnvoll und hilfreich. Abgeschlossen werden konnte das Projekt mit drei Schubversuchen an Mauerwerkswänden und vier mit Glasfasergelegen verstärkten Mauerwerksbögen. Somit steht erstmalig ein Verbundmodell für auf Mauerwerk verklebte Faserverbundwerkstoffe zur Verfügung, welches die Verbundwirkung am Einzelelement, dem Stein und am Mauerwerk zutreffend beschreibt. Die für die Verankerung von Faserverbundwerkstoffen erstmalige kombinierte Anwendung eines Verbundmodells mit einem Strukturmodell erwies sich als sinnvoll und hilfreich. Mit den in dieser Arbeit durchgeführten theoretischen und experimentellen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass es mit dem entwickelten Verbundansatz gelingt die Verbundbruchkräfte für eine Vielzahl von Parametern zufriedenstellend zu berechnen. Gleichwohl konnten nicht alle aufkommenden Fragen beantwortet wera den. So besteht weiterer Forschungsbedarf bei der Klärung des Verbundkraftabtrags innerhalb des Steins. Für Winkel zwischen den Faserverbundwerkstoffen und Mauerwerkslagerfuge, die von der Orthogonalen abweichen, ist eine weitere Anpassung des Strukturmodells erforderlich. Die Fragen des Brand-, Temperatur- und Langzeitverhaltes von Klebeverbindungen bedürfen darüber hinaus noch einer vertieften Betrachtung. Die Anwendung des entwickelten Modells ist bei der örtlichen Verstärkung gemauerter Tragwerke zu sehen. Wände können mit aufgeklebten Faserverbundwerkstoffen saniert und Mauerwerksscheiben örtlich ertüchtigt werden. Durch eine örtliche Verstärkung mit Faserverbundwerkstoffen können Einwirkungen abgetragen werden, die vom Mauerwerk allein nicht aufzunehmen sind. Bei Wänden die Risse senkrecht zur Wandebene aufweisen kann die ursprüngliche Tragfähigkeit wieder hergestellt werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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A new way to investigate the surface tensile strength of concrete and masonry structures. 14th Brick and Block Masonry Conference, Sydney, 2008
Seim W., Pfeiffer U.
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Local post-strengthening of masonry in-plane loaded walls with fibre-reinforced-polymeres (FRP). 14th Brick and Block Masonry Conference, Sydney, 2008
Pfeiffer U., Seim W.
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Experimentelle und theoretische Untersuchungen zum Klebeverbund zwischen Mauerwerk und Faserverbundwerkstoffen. Kassel, 2009
Pfeiffer, U.