Organische Spurengase in der Atemluft - Evaluation von Messverfahren und medizinischer Relevanz
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die menschliche Atemluft enthält eine Vielzahl von organischen Spurengasen (VOC), welche entweder aus der Einatemluft oder der endogenen Produktion im Körper stammen. Diese lassen sich selbst in extrem niedrigen Konzentrationen mit atmosphärenchemischen Verfahren wie der Gaschromatografie oder Laser- Spektroskopie zuverlässig nachweisen. Das Ausatemgas könnte somit als nichtinvasives diagnostisches Fenster für die Erkennung und Verlaufsbeurteilung unterschiedlicher Erkrankungen von Atemwegen oder Stoffwechsel dienen, insbesondere für die chronische endobronchiale Entzündung und Keimbesiedlung bei Asthma bronchiale und Mukoviszidose. Im ersten Teil des vorliegenden Projekts wurden methodische Fragestellungen zu diesem Thema untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Art des Atemmanövers, vorhergehende Nahrungsaufnahme und die Umgebungsbedingungen einen Einfluss auf exhalierte VOC-Konzentrationen haben, so dass die Probennahme standardisiert erfolgen muss. Unter Verwendung eines großvolumigen Behältersystems aus silanisiertem Edelstahl ließ sich ein mittlerer Gesamt- Messfehler von 12% abschätzen. Mit verschiedenen Detektor-Kombinationen konnte ein breites Spektrum von aliphatischen, aromatischen, oxygenierten, halogenierten und Schwefel-haltigen VOC nachgewiesen werden. Die Laser- Absorptionsspektroskopie wurde erfolgreich zur sensitiven Messung von COS und HCN eingesetzt. In Versuchen mit einer Atmosphärensimulationskammer konnte die Ein- und Auswaschkinetik zahlreicher Substanzen erstmals beschrieben werden. Im klinischen Projektteil fielen bei der Untersuchung von Patientengruppen mit Asthma oder Mukoviszidose im Vergleich zu gesunden Kontrollen zwar statistisch signifikante Gruppenunterschiede für verschiedene Substanzen auf, allerdings mit großer Streuung und Überlappung zwischen Gesunden und Kranken. Es gelang somit nicht, Einzelparameter oder spezifische Muster mit einer ausreichend hohen diagnostischen Aussagekraft zu identifizieren. Unter Einatmung VOC-freier Luft wiesen die CF-Patienten allerdings eine deutlich höhere COS-Freisetzung auf als gesunde Testpersonen, und im Headspace von Bakterienkulturen konnte HCN als sensitiver Marker für Pseudomonas aeruginosa bestätigt werden. Für erste Untersuchungen an menschlicher Atemluft wurde ein neues Probennahme- und Transportsystem konstruiert und evaluiert, die Testergebnisse zeigen allerdings keine Assoziation des exhalierten HCN zum Krankheits- oder Keimstatus. Zusammenfassend hat das Forschungsvorhaben „Organische Spurengase in der Atemluft“ mit einem explorativen Ansatz in Kooperation zwischen klinischer Hochschulmedizin und Atmosphärenchemie wichtige Grundlagen für die Weiterentwicklung von Messverfahren und Parametern gelegt. An seinem Ende stehen neben den genannten Erkenntnissen allerdings auch viele offene Fragen: Welche Zielgröße kann am ehesten medizinisch relevante Information abbilden, welches Nachweisverfahren vereint hohe Sensitivität und Präzision mit dem Potential zur transportablen und automatisierten Echtzeitmessung? Gleichzeitig haben andere Gruppen neue technische Lösungen wie die elektronische Nase evaluiert und ermutigende Ergebnisse bei verschiedenen Erkrankungen erzielt. Das Prinzip der biochemischen Atemluftanalyse bewegt sich somit weiterhin auf der Grenze zwischen Grundlagenforschung und individueller medizinischer Anwendung (analog zum Ethanol- oder Helicobacter-Atemtest bzw. exhaliertem Stickstoffmonoxid bei Asthma), zu der mit dem vorliegenden Vorhaben ein kleiner Beitrag geleistet werden konnte.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Exhaled pentane – a new breath test in CF? Jahrestagung der European Respiratory Society 2006, München. Eur Respir J 2006; 28 (Suppl. 50): 835s
Barker M, Klemp D, Koppmann R
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Volatile organic compounds in the exhaled breath of young patients with cystic fibrosis. Eur Respir J 2006; 27: 929-936
Barker M, Hengst M, Schmid D, Buers HJ, Mittermaier B, Klemp D, Koppmann R
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Breath testing for volatile organic compounds – a new diagnostic option in CF lung disease? North American Cystic Fibrosis Conference 2007, Anaheim (USA). Pediatr Pulmonol 2007; 42 (Suppl. 30): 337
Barker M, Brasse G, Hülsmeier L, Klemp D
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Diagnostic potential of organic halides as breath biomarkers in CF. Jahrestagung der European Respiratory Society 2007, Stockholm. Eur Respir J 2007; 30 (Suppl. 51): 236s
Barker M, Brasse G, Hülsmeier L, Klemp D
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Flüchtige organische Verbindungen in der Ausatemluft von Kindern und Jugendlichen mit Asthma bronchiale. Dissertation, Medizinische Fakultät, RWTH Aachen, 2007
Meike Hengst
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Organische Spurengase in der Atemluft – Biomarker für kindliches Asthma? Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin 2007, Nürnberg
Hengst M, Schmid J, Mittermaier B, Buers HJ, Klemp D, Barker M
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Measurement of trace gases in the exhaled breath – a new diagnostic option in CF lung disease? Basic Science Conference der European Cystic Fibrosis Society 2008, Regua, Douro (Portugal)
Barker M
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Organische Spurengase in der Atemluft – neue Optionen zur nicht-invasiven Diagnostik der CF-Lungenerkrankung. Jahrestagung der Gesellschaft für Pädiatrische Pneumologie 2008, Zürich
Barker M, Brasse G, Klemp D
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Detecting bacterial cyanide production by laser spectroscopy – new tools for a Pseudomonas breath test? North American Cystic Fibrosis Conference 2009, Minneapolis MN (USA). Pediatr Pulmonol 2009; 44 (Suppl. 32): 320
Barker M, Ehlers C, Stetzelberg H, Rüssmann H, Klemp D
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Exhaled volatile organic compounds differentiate between children and adolescents with asthma and healthy controls. Jahrestagung der European Respiratory Society 2009, Wien. Eur Respir J 2009; 34 (Suppl. 53): 205s
Barker M, Hengst M, Brasse G, Klemp D
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Organische Spurengase in der Atemluft von Kindern und Jugendlichen mit Mukoviszidose. Dissertation, Medizinische Fakultät, Charité – Universitätsmedizin Berlin, 2010
Johanna Schmid