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The evolutionary history of the mutualism between oil-collecting Ctenoplectra bees and oil-offering Thladiantha and Momordica (Cucurbitaceae) in East Afrika and East Asia

Fachliche Zuordnung Evolution und Systematik der Pflanzen und Pilze
Förderung Förderung von 2005 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5451093
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Vor 40 Jahren entdeckte der deutsche Blütenbiologe Stefan Vogel einen neuen Mutualismus, die Bestäubung von ölproduzierenden Blüten durch weibliche Bienen, die dieses Öl für ihre Larven sammeln. Ölproduzierende Blüten wurden seither auf fast allen Kontinenten in nichtnäher miteinander verwandten Blütenpflanzen entdeckt, die jeweils an die dort vor kommenden ölsammelnde Bienen angepasst sind. In diesem Projekt ging es um die am wenigsten bekannten dieser Mutualismen, nämlich diejenigen zwischen Cucurbitaceen und der Bienengruppe Ctenoplectrini. Ctenoplectrini haben zwei Gattungen, eine kleine, die kleptoparasitisch auf der anderen parasitiert, und eine größere, die auf Cucurbitaceen-Blüten spezialisiert ist, deren Öl, Pollen und Nektar die einzige Nahrung dieser Bienen darstellt. Ctenoplectra umfasst neun Arten in Asien, eine in Australien und sechs in Afrika. Diese fragmentierte Verbreitung konnte durch eine molekulare Phylogenie und molekulare Uhr als das Ergebnis von oligozänen und miozänen Verbreitungsereignissen erklärt werden und zwar von Afrika nach Asien, später dann nach Australien. Feldbeobachtungen durch Dr. Schaefer, mein Kollege in diesem Projekt, in Tanzania, China, Nigeria, Sierra Leone und dem tropischen Australien führten zur Entdeckung zusätzlicher ölliefernder Cucurbitaceen. Heute kennen wir 86 Arten ölproduzierender Cucurbitaceen in acht Gattungen. Ein molekularer Stammbaum für die gesamte Familie der Gurkengewächse zeigte, dass 1. die meisten der ölproduzierenden Gattungen nicht näher miteinander verwandt sind und dass sie 2. alle zu sehr alten Entwicklungslinien gehören. Überraschenderweise ist die einfachste Erklärung für diese Verteilung der Ölblumen innerhalb der Familie, dass der Öl-Bestäubungsmutualismus im Eozän-Oligozän entstand, sich dann (mindestens zweimal) von Afrika nach Asien ausbreitete, und dann vor etwa 29 Millionen Jahren in derjenigen Stammeslinie, die heute die meisten Arten umfasst, verloren ging. Diese „erfolgreichste“ Linie kehrte also von spezialisierter Ölbienenbestäubung zurück auf Bestäubung durch Nektar- und/oder Pollensammelnde Bienen. In einigen Linien erfolgte Anpassung an Bestäubung durch Falter oder Kolibris. Um den Verlust von Spezialisierung auf Bestäubung durch Ölbienen zu verstehen, führten wir eine phylogenetische Analyse der Ölblumen in den gesamten Blütenpflanzen durch, wobei sich zeigte, dass Ölblumen mindestens 28x entstanden und dann mindestens 36-40x verloren gingen. Die zunächst unerwartet hohe Zahl an Verlusten des Ölblumen-Syndroms bedeutet, dass Stammeslinien sich entfalteten, also neue ölproduzierende Arten bildeten, und diese dann unabhängig voneinander auf Nektar- oder Pollen-sammelnde Bestäubern umstiegen. Zu den wichtigsten Einsichten aus diesem Projekt gehört demnach, dass Spezialisierung im Laufe der Evolution keine Sackgasse darstellen muss, sondern dass Verlust selbst hochspezialisierter Merkmale (etwa Öldrüsen) häufig ist und dann zu neuen Radiationen führen kann. Die zweite Einsicht von breiterer Bedeutung ist, dass Mutualismen zwischen Ölblumen und Ölbienen zeitlich viel weniger eng miteinander gekoppelt sind als früher angenommen. Vielmehr haben sich die Ölbienen im Laufe ihrer Evolution immer wieder neue Pflanzenwirte erschlossen, deren Präadaptationen sie dann selektiv in Richtung „Ölblume“ beeinflussten. Ähnliche zeitliche Entkoppelungen wurden in den letzten Jahren auch für die drei anderen engsten Mutualismen gezeigt (Feige/Feigenwespen, Yucca/Yuccamotten und Phyllantheae/Epicephala-Motten), was derzeit zu einem vertieften (und auch neuen) Verständnis von Coevolution führt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2007. A multi-locus chloroplast phylogeny for the Cucurbitaceae and its implications for character evolution and classification. Molecular Phylogenetics and Evolution 44: 553–577
    Kocyan, A., L-B. Zhang, H. Schaefer, and S. S. Renner
  • 2007. Phylogenetics of Cucumis (Cucurbitaceae): Cucumber (C. sativus) belongs in an Asian/Australian clade far from melon (C. melo). BMC Evolutionary Biology 2007, 7:58
    Renner, S. S., H. Schaefer, and A. Kocyan
  • 2008. A phylogeny of the oil bee tribe Ctenoplectrini (Hymenoptera: Anthophila) based on mitochondrial and nuclear data: Evidence for Early Eocene divergence and repeated out-of-Africa dispersal. Molecular Phylogenetics and Evolution 47: 799–811
    Schaefer, H., and S. S. Renner
  • 2008. Austrobryonia (Cucurbitaceae), a new Australian endemic genus, is the closest living relative to the Eurasian and Mediterranean Bryonia and Ecballium. Systematic Botany 33: 125-132
    Schaefer, H., I. R. H. Telford, and S. S. Renner
  • 2008. Linnaeosicyos (Cucurbitaceae): a new genus for Trichosanthes amara, the Caribbean sister species of all Sicyeae. Systematic Botany 33: 349–355
    Schaefer, H., Kocyan, A., and S. S. Renner
  • 2008. Phylogenetics of Cucumis (Cucurbitaceae) as understood in 2008. Pitrat M. (ed): Cucurbitaceae 2008, Proceedings of the IXth EUCARPIA meeting on genetics and breeding of Cucurbitaceae, Avignon (France), May 21-24th, 2008, pp. 53-58
    Renner, S. S., and H. Schaefer
  • 2009. Gourds afloat: A dated phylogeny reveals an Asian origin of the gourd family (Cucurbitaceae) and numerous oversea dispersal events. Proceedings of the Royal Society B. 276: 843-851
    Schaefer, H., C. Heibl, and S. S. Renner
 
 

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