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Ein Verfahren zur Optimierung von aus Mehrkomponenten bestehenden Schiffsantrieben

Fachliche Zuordnung Strömungs- und Kolbenmaschinen
Förderung Förderung von 2005 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5451362
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Dokumentation zu diesem Forschungsvorhaben beschreibt die Entwicklung, Anwendung und Validierung eines Verfahrens zur Optimierung eines Mehrkomponenten-Schiffspropulsors anhand des Beispiels eines axial durchströmten ummantelten Rotors mit Stator. Dieser als Linearjet bezeichnete Propulsor wurde bisher wenig untersucht und ist in einem Geschwindigkeitsbereich zwischen ca. 25 und 35 Knoten einsetzbar. Wegen der komplexen Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Komponenten stellt sein Enwurf eine besondere Herausforderung dar. Aufgrund der langen Rechendauer bei der Simulation der Propulsorumströmung und der Vielzahl an geometrischen Variationsparametern wird als Optimierungsalgorithmus ein evolutionärer Algorithmus verwendet. Die Kopplung eines Potential- und RANSE-Verfahrens mit diesem Algorithmus stellt eine effektive Methode zur Nutzung aktuell verfügbarer Verfahren und Rechnerkapazitäten zum Entwurf komplexer Propulsorgeometrien dar. Für einen effektiven Optimierungsablauf wird eine Geometriebeschreibung anhand von Variationsparametern angewandt, die einen direkten Einfluss auf die Strömung haben. Nach der Erstellung einer entsprechenden Geometrie erfolgt die Vernetzung für das zu verwendende Strömungsberechnungsverfahren. Die Bewertung der Propulsorgeometrien erfolgt anhand der Ergebnisse beider oben genannten Verfahren. Das Potentialverfahren bietet geringere Rechenzeiten und eignet sich zur automatischen Bewertung stark variierender Geometrien. Der RANSE-Löser berücksichtigt die Viskosität und die Strömung im Spalt zwischen Rotor und Mantel. Der vorgestellte weitestgehend automatische Entwurfsprozess beinhaltet eine sogenannte Vor- und Feinoptimierung. Während der Voroptimierung wird das Potentialverfahren und der RANSE-Löser im Wechsel aufgerufen. Dabei erfolgt eine paarweise Optimierung unter den vier Propulsorkomponenten. Die Feinoptimierung, in der alle vier Komponenten gleichzeitig variiert werden, verwendet ausschließlich den RANSE-Löser. Die Bewertungskriterien werden entsprechend einer jeweiligen Funktion gewichtet und in Form eines Zielwertes zusammengefasst. Auf diese Weise können angestrebte Ziele und Prioritäten definiert werden, die zu einem optimalen Kompromiss führen. Zur Beschleunigung des Entwurfsprozesses werden unterschiedliche Vereinfachungen innerhalb der Verfahren verwendet. Dazu gehört die Nutzung periodischer Randbedingungen ebenso wie ein Propellermodell, das den Einfluss von Rotor und Stator ersetzt. Eine Schnittstelle übernimmt die Steuerung der verschiedenen Verfahren, das Auslesen relevanter Ergebnisse, die Berechnung des Zielwertes und die Dokumentation des Optimierungsverlaufes durch Logdateien. Zur Erprobung des Verfahrens wurde eine erste Linearjetoptimierung durchgeführt. Die Ableitung von Abhängigkeiten unter den Variationsparametern erfolgte anhand einer Darstellung und Beobachtung während eines Optimierungslaufes in Form einer Punktwolke. Der beschriebene Entwurf orientiert sich an einem konventionellen Propeller, über den experimentell ermittelte Kennwerte verfügbar sind. Das Ergebnis ist ein Propulsor, der den geforderten Schub im Bereich des untersuchten Betriebspunktes nahezu kavitationsfrei liefert. Er erfüllt die geforderten Randbedingungen bei niedrigeren Drehzahlen und weist einen gesteigerten Wirkungsgrad gegenüber dem konventionellen Propeller auf. Der entwickelte Propulsor wurde im Modellmaßstab gebaut und untersucht. Die Validierung der Simulationen anhand der Versuchsergebnisse weist eine gute Übereinstimmung in einem weiten Fortschrittsgradbereich auf. Aufgrund der Erfahrungen an dem ersten Entwurf wurde eine zweite Linearjetoptimierung durchgeführt. Dabei wurde im Anschluss an die Voroptimierung die Feinoptimierung angewandt. In dieser Optimierung konnte eine weitere Verbesserung des Wirkungsgrades erzielt werden. Die Blasenkavitation, die während der Experimente an der ersten Geometrie festgestellt wurde, konnte vermieden werden. Um das Verfahren bzgl. der praktischen Anwendbarkeit zu erweitern, wäre die Integration ins Schiff durch das Optimierverfahren in Anschlussprojekten anzustreben. Eine erste Möglichkeit der Entwicklung in diese Richtung wäre die Berücksichtigung des inhomogenen Zustroms. Diese würde eine Erweiterung des Optimierverfahrens erfordern, weil die bisher vorausgesetzte Rotationssymmetrie nicht mehr zwangsläufig dem Idealzustand entspräche. Die Berücksichtigung von Achterschiffsteilen im Optimierungsverfahren brächte weitere geometrische Randbedingungen und Herausforderungen bzgl. der Verbindung des Propulsors mit dem Achterschiff mit sich. Dabei könnte eine praxistaugliche Anordnung der Antriebswelle berücksichtigt werden. Durch eine entsprechende Erweiterung des Verfahrens könnte ein weitestgehend automatisiertes Entwurfsverfahren geschaffen werden, das die baubare Geometrie eines optimierten Propulsionssystems im Hinterschiff liefert. Das Verfahren würde nicht mehr den isolierten Propulsor optimieren, sondern alle hydrodynamisch relevanten Bereiche. Hinsichtlich des Optimierungsalgorithmus wäre eine Erweiterung der Variationsgrenzen während eines Optimierungslaufes zu empfehlen. Dadurch könnten Neustarts laufender Rechnungen mit leicht veränderten Parametergrenzen vermieden werden. Weiterhin wäre gegenüber dem bisher verwendeten einzieligen Optimierungsalgorithmus die Verwendung eines mehrzieligen zu empfehlen. Damit könnten im beschriebenen Verfahren anstelle der Zusammenzufassung zu einem Gesamtzielwert beispielsweise alle drei Zielwertanteile minimiert werden. Auf diese Weise könnten Abhängigkeiten unter den Anteilen durch das Optimierungsverfahren erkannt werden und möglicherweise insgesamt weiter verbesserte Ergebnisse erzielt werden. Aus Sicht der Informatik handelt es sich bei dem vorliegenden Optimierproblem um einen sehr interessanten Fall mit großer praktischer Relevanz, so dass Erkenntnisse über die Problemstruktur oder auch solche über die anzuwendende Methodik sich auf ähnliche Probleme zumindest teilweise übertragen lassen dürften. Wie nicht anders zu erwarten, ist die Geometrieoptimierung des Linearjet- Antriebes schwer genug, um eine naive Herangehensweise - auch die in diesem Projekt zunächst versuchte mit der modellbasierten Evolutionsstrategie (eng. MAES) - vor große Probleme zu stellen. Um schliesslich ein gut für die Geometrieoptimierung geeignetes Optimierverfahren zu bekommen, musste in einigen Punkten vom ursprünglichen Projektplan abgewichen werden. Neben zusätzlichen Vergleichen mit anderen Black Box Optimierverfahren hat sich vor allem die Untersuchung der f•ur die Optimierung relevanten Problemeigenschaften als nicht trivial erwiesen. Eine besondere Schwierigkeit dabei war, dass es mit wenigen Ausnahmen keine allgemein akzeptierte Klassifikation von Optimierproblemen nach Eigenschaften gibt, die eine generische Abbildung auf Verfahrensparameter ermöglichen würde. Mit anderen Worten: Selbst ein grobes Wissen um die (geometrische bzw. topologische) Struktur des Optimierproblems führt nicht direkt zu einem guten Optimierverfahren. Allerdings ist solches Wissen notwendig, um verstehen zu können, wann eine Modellierung mittels Surrogatmodell erfolgreich sein kann. Neben den Untersuchungen zur Problemstruktur ist daher der dokumentierte Ansatz als ein wichtiges Resultat des Projektes anzusehen. Exemplarisch wurde die automatisierte Anpassung eines Optimierverfahrens (Tuning) auf einem aus wenigen Daten aufgebauten Surrogatmodell des Problems durchgeführt, was zu einer deutlichen Verbesserung der ursprünglich verwendeten MAES mit Standardparametern geführt hat. Bisher sind noch viele Details dieses indirekten Tuningprozesses ungeklärt. Allerdings steht diesen Schwierigkeiten ein ungeheures Potential gegenüber, denn eine Weiterentwicklung dieses Ansatzes könnte durchaus auch ein geeignetes Verfahren für die nahezu automatische Anpassung von Optimierverfahren an andere zeitaufwändige Optimierprobleme sein.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Auslegung von Schiffspropellern mit evolutionären Algorithmen, 101. Hauptversammlung der Schiffbautechnischen Gesellschaft, Hamburg, Deutschland, November 2006
    Jochen Hundemer, Boris Naujoks, Thomas Hachmann, Moustafa Abdel-Maksoud
  • Evolutionary Optimization of Ship Propulsion Systems, Congress on Evolutionary Computation, CEC, Singapore, 2007
    Boris Naujoks, Max Steden, Sven-Brian Müller, Jochen Hundemer
  • Geometrische Parametrisierung und Untersuchung der Umströmung von aus Mehrkomponenten bestehenden Schiffsantrieben, 102. Hauptversammlung der Schiffbautechnischen Gesellschaft, Berlin, November 2007
    Max Steden, Jochen Hundemer, Sven-Brian Müller, Moustafa Abdel-Maksoud
  • Optimisation of a Linearjet Propeller Blade, Evolutionary Methods for Design, Optimization and Control, CIMNE, Barcelona, Spain, 2007
    Boris Naujoks, Max Steden, Sven-Brian Müller, Jochen Hundemer, Moustafa Abdel-Maksoud
  • Double-layered Surrogate Modeling for Tuning Metaheuristics, ENBIS/EMSE Conference\Design and Analysis of Computer Experiments", Saint-Etienne, France, July 2009
    Günter Rudolph, Mike Preuss, Jan Quadieg
  • Optimisation of a Linearjet, First International Symposium on Marine Propulsors, smp'09, Trondheim, Norway, June 2009
    Max Steden, Jochen Hundemer, Moustafa Abdel-Maksoud
  • Design of a Multi-Component Propulsor, 28th Symposium on Naval Hydrodynamics, Pasadena, USA, September 2010
    Moustafa Abdel-Maksoud, Max Steden, Jochen Hundemer
  • Optimierung von Mehrkomponentenschiffsantrieben, Dissertation, Fakultät für Ingenieurwissenschaften, Abteilung Maschinenbau der Universität Duisburg-Essen, 2010
    Max Steden
  • Optimisation of Single and Multi-Component Propulsors, Computer Applications and Information Technology in the Maritime Industrie, COMPIT'10, Gubbio, Italy, April 2010
    Markus Druckenbrod, Max Steden, Jochen Hundemer, Moustafa Abdel-Maksoud
  • Tuning Optimization Algorithms for Real-World Problems by Means of Surrogate Modeling, Genetic and Evolutionary Computation Conference, GECCO, Portland, USA, July 2010
    Mike Preuss, Günter Rudolph, Simon Wessing
 
 

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