Die Bedeutung von Third-Person-Effekten und interpersonaler Kommunikation im Agenda-Setting-Prozess
Final Report Abstract
Das geschilderte Forschungsvorhaben hatte das Ziel, die Agenda-Setting-These konzeptionell mit Wahrnehmungsphänomenen - wie dem Third-Person-Effekt - zu verknüpfen. Ausgangspunkt dieses Vorhabens stellte die Frage dar, ob Agenda-Setting-Effekte, die unter Rückgriff auf die sogenannte MIP-Frage ermittelt werden, nicht vielmehr Ausdruck eines Third-Person-Effekts („Medien haben auf andere eine Wirkung") darstellen. Es konnte gezeigt werden, dass diese Sichtweise im Agenda-Setting-Prozess eine Rolle spielt, dass aber auch einige weitere Wahrnehmungsphänomene hier berücksichtigt werden müssen. Der erste Schritt zu diesem Resultat stellte eine konzeptionelle Ausdifferenzierung der Public Agenda - der Zielvariablen im Agenda Setting - auf Individualebene dar. Theoretisch wie auch empirisch ist eine Trennung von wahrgenommener Medienagenda, wahrgenommener Bevölkerungsagenda und persönlicher Agenda zu befürworten, was Konsequenzen für die Interpretation früherer Befunde hat. In einem zweiten Schritt können bei einer solch differenzierten Auffassung der Public Agenda Interaktionen zwischen den einzelnen Agenden angenommen werden, die entweder auf Wahrnehmungsphänomenen basieren oder aber eine Orientierung eigener Wichtigkeitsvorstellungen an individuellen Wahrnehmungen beschreiben. Das so entwickelte Integrative Agenda-Setting-Modell wurde in der vorliegenden Untersuchung durch ein in der Forschung übliches Mehrmethodendesign (Inhaltsanalyse und Befragung) überprüft. Die Analyse der Daten wurde allerdings auf einem speziell individuellen Niveau durchgeführt, so dass der Agenda-Setting-Prozess als Kombination kognitiver Relevanztransferprozesse für jede befragte Person bestimmt werden konnte. Dabei zeigt sich unter anderem, dass selektive Wahrnehmungen im Rahmen von Agenda-Setting-Wirkungen bisher unterschätzt wurden und dass einem Lernprozess gleichende Relevanztransfers (vgl. McCombs & Shaw, 1972) tatsächlich nur selten ablaufen. Zudem wird deutlich, dass inhaltsanalytisch bestimmte Medieninhalte im Vergleich zu individuellen Wahrnehmungen derselben nur eine sehr begrenzte Erklärungskraft für weitere Relevanzeinschätzungen besitzen. Wie bereits aufgrund vergangener Studien vermutet werden kann, zeigt auch die vorliegende Untersuchung, dass sich Resultate zur Agenda-Setting-These sowie Interpretationen der Befunde je nach Blickwinkel (Aggregat- oder Individualebene) deutlich unterscheiden - dies sogar auf Basis desselben Datenmaterials. Konsequenzen der im Projekt ermittelten Befunde zu Agenda-Setting-Prozessen auf Mikround Makroebene sind vor allem im Hinblick auf die theoretische Weiterentwicklung des Agenda-Setting-Konzepts (in Richtung einer Theorie) sowie auf die Konzeption empirischer Untersuchungen und Interpretation von Daten zu diskutieren.
Publications
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(2007). Der Third-Person-Effekt - Über den vermuteten Einfluss der Massenmedien. Publizistik, 52, 355-374
Huck, I. & Brosius, H.-B.
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Brosius, H.-B. & Huck, I.
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(2009). Perceptual phenomena in the agenda setting process. International Journal of Public Opinion Research 2009
Huck, I., Quiring, O. & Brosius, H.-B.
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(2009). Wahrnehmungsphänomene im Agenda- Setting-Prozess. In P. Schulz, U. Härtung & S. Keller (Hrsg.), Identität und Vielfalt der Kommunikationswissenschaft (S. 133 - 147). Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft
Huck, I., Quiring, O. & Brosius, H.-B.