Von Disileniden zu konjugierten Doppelbindungssystemen des Siliciums
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Halbleiter-Materialien sind im täglichen Leben omnipresent, ob in der Form von Mikrochips, Solarzellen oder LEDS. Das Halbmetall Silicium ist zweifellos der Halbleiter par excellence und findet in den genannten Materialien praktische Anwendung. Seit einigen Jahren bieten nun halbleitende organische Materialien eine Alternative, die potentiell die Eigenschaften von polymeren organischen Kunststoffen (Biegsamkeit, Formbarkeit) mit denen der klassischen Halbleiter vereinen könnte. Die halbleitenden Eigenschaften dieser Polymere sind auf ausgedehnte konjugierte Systeme zurückzuführen, d.h. Baueinheiten mit sich streng abwechselnden Kohlenstoff-Kohlenstoff Einfach- und Doppelbindungen. Obwohl stabile Verbindungen mit Silicium-Silicium Doppelbindungen (Disilene) bereits seit den Pionierarbeiten von West, Michl und Fink Anfang der 1980er Jahre bekannt sind, und zudem Disilene geeignete molekulare Modelle für die Oberflächenstruktur elementaren Siliciums darstellen, war über den Einbau von Si=Si-Einheiten in konjugierte organische Moleküle bis vor kurzem nichts bekannt, was am Mangel an geeigneten funktionellen Disilen-Vorläufern liegen dürfte. Das geförderte Projekt hatte in diesem Zusammenhang im wesentlichen zwei Zielsetzungen: (a) den Aufbau molekularer konjugierter Hybridsysteme ausgehend von anionisch funktionalisierten Disilenen zum Studium Ihrer (insbesondere optischen) Eigenschaften und (b) Verhalten der Si=Si- Doppelbindungen in Gegenwart von verbliebener Funktionalität und Ausnutzung desselben zur gezielten Erweiterung des Gerüstes der fraglichen Verbindungen. Es konnte gezeigt werden, dass anionisch funktionalisierte Disilene gut geeignet sind, die Si=Si- Einheit auf eine Vielzahl von anorganischen und organischen Substraten zu übertragen. Dies geschieht oft unter Erhalt der Si=Si-Doppelbindung, insbesondere in Abwesenheit zusätzlicher reaktiver Gruppen im Substrat. Der (ggfs. mehrfache) Einbau von Si=Si-Einheiten in konjugierte organische Systeme hat beträchtlichen Einfluß auf die optischen Eigenschaften: so reichen bereits zwei Si=Si-Bindungen aus, um eine intensive rote Farbe zu erzeugen. Die Strukturen im Festkörper belegen, daß die Si=Si- anders als die C=C-Bindung eine beträchtliche konformative Flexibilität zeigt, ohne die Effizienz der Konjugation nennenswert zu mindern. Die so dargestellten molekularen Hybridmaterialien weisen weiterhin in Abwesenheit von Sauerstoff und Feuchtigkeit beträchtliche thermische Stabiltäten auf. Weiterhin wurde gefunden, dass, falls nach der Übertragung der Si=Si-Bindung auf das Substrat noch zusätzliche Funktionalität im Primärprodukt der Reaktion verbleibt, in vielen Fällen intramolekulare Reaktionen der Si=Si-Einheit mit diesen funktionellen Gruppen ablaufen. Für organische Substrate wird auf diese Weise eine Vielzahl neuer cyclischer und bicyclischer Strukturmotive zugänglich, z.B. cyclische Verbindungen mit Si=C-Doppelbindung, deren elektronische Struktur durch Variation der Ausgangsverbindungen drastisch verändert werden kann. Mit Chlorsilanen mit mindestens zwei Chloroliganden erhält man eine Vielzahl funktionalisierter Cyclotrisilane: insbesondere die Reaktionen mit Siliciumtetrachlorid führen entweder direkt oder nach weiterführender Manipulation zu einer Reihe termisch stabiler molekularer Siliciumcluster, die unter Umständen substituentenfreie Silicum- Gerüstatome aufweisen und so theoretisch vorhergesagte partiell-substituierte Siliciumcluster in der Gasphase oder auf Oberflächen modellhaft abbilden. Die Summe der Ergebnisse demonstriert eine Reihe von Entwicklungmöglichkeiten für sowohl die organische als auch anorganische Synthese und zeigt damit eindrucksvoll die Bedeutung des sich abzeichnenden Gebiets der funktionsorientierten Chemie des niedervalenten Siliciums auf.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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„Ein ungesättigtes, ?,?-dianionisches Oligosilan“, Angew. Chem. 2006, 118, 1673–1675; Angew. Chem. Int. Ed. 2006, 45, 1643– 1645
K. Abersfelder, D. Güclü, D. Scheschkewitz
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„Phenylenverbrückung zwischen zwei Si-Si-Doppelbindungen“, Angew. Chem. 2007, 119, 5885–5888; Angew. Chem. Int. Ed. 2007, 46, 5783–5786
I. Bejan, D. Scheschkewitz
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„Stabile cyclische Silene durch Reaktion von Disileniden mit Carbonsäurechloriden“, Angew. Chem. 2007, 119, 3413–3416; Angew. Chem. Int. Ed. 2007, 46, 3349–3352
I. Bejan, D. Güclü, S. Inoue, M. Ichinohe, A. Sekiguchi, D. Scheschkewitz
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„1,2-Disilacyclobut-2-enes: Donorfree Four-Membered Cyclic Silenes from Reaction of Disilenides with Vinylbromides“, Chem. Eur. J. 2008, 14, 7119–7122
I. Bejan, S. Inoue, M. Ichinohe, A. Sekiguchi, D. Scheschkewitz
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„Syntheses of Trisila Analogues of Allyl Chlorides and their Transformations to Chloro Cyclotrisilanes, Cyclotrisilanides and a Trisilaindane “, J. Am. Chem. Soc. 2008, 130, 4114–4121
K. Abersfelder, D. Scheschkewitz
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„Anionic Reagents with Silicon Containing Double Bonds (Concept- Paper)“, Chem. Eur. J. 2009, 15, 2476–2485
D. Scheschkewitz