Lexikon irischer Verben und Verbäquivalente: Semantische Differenzierung und syntaktische Muster der Verben des geschriebenen und gesprochenen Neuirischen, unter weitgehender Berücksichtigung von Verbumschreibungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Auf der Basis von zwei großen Korpora des modernen Irischen (spontansprachlich bzw. literarisch) wurden die syntaktischen und semantischen Kontexteigenschaften von 300 Verben detailliert erfasst und systematisiert. Damit liegt eine für linguistisch-typologische und speziell keltologische Perspektiven neuartige Dokumentation vor. Zugleich wurde die Grundlage zu einem auch für sprachpraktische Belange (Übersetzung, Didaktitk) relevanten Instrument geschaffen. Auch für die Lexikographie des Irischen im Allgemeinen weist das Projekt neue Wege, gemessen an den Standards der etablierten Wörterbücher und der regionalen Glossare. Nach der aufwändigen Automatisierung des Auffindens von Belegen der Kategorie Verb in fortlaufenden Texten großer Korpora und der damit möglichen Lemmatisierung von über 200 000 Verbbelegen – hierzu wurde ein eigens entwickeltes Computerprogramm eingesetzt – wurden die Einzelbelege auf ihre syntaktischen und semantischen Eigenschaften überprüft und entsprechend sortiert. Dieser empirische Hauptteil der Projektarbeit war Grundlage für die Entwicklung von systematisch aufgebauten Lemmastrukturen für alle bearbeiteten Verben. Die so erfassten Verbeigenschaften umfassen v.a.: • Valenzstruktur und Präpositionalgebrauch • Semantische Charakteristik: lexikalisch/kontextuell • Phraseologische Verwendungen, einschließlich Diskursformeln • Differenzierte Übersetzungsäquivalente irisch-englisch und irisch-deutsch Die größten sprachtheoretischen Schwierigkeiten lagen im Bereich (a) der Festlegung von fixierten syntaktischen Mustern, (b) der Zuweisung zu plausibel definierbaren semantischen Rollen, (c) der nichtzirkulären Bedeutungsbeschreibung sowie (d) der systematischen Gliederung der Lemmata (einschließlich der Frage nach Homonymie vs. Polysemie). Aus sprachtheoretischer Sicht sollten die hier entwickelten Festlegungen durchaus von Interesse sein, einschließlich der schwer lösbaren Fälle. Hierzu gehören u.a. nach (a) neben dem notorischen Problem der "Obligatorik" die Frage der Mehrfachbelegung von Lokal-/Direktionaladverbi(ali)en, sowie die Legitimität der Rückführung von passivischen Konstruktionsmustern auf aktivische; nach (b) die Frage der Zuordnung von zahlreichen dokumentieren Satzstrukturen zu definierten Einheiten auf seit ca. 1965 vorgelegten Listen von "Tiefenkasus, Theta-Rollen" o.ä. – Wie sich aus etlichen Fallstudien sowie Fachdiskussionen zeigt, können gerade breit angelegte empirische Untersuchungen wie diese nachhaltige sprachtheoretische Impulse auslösen. Unerwartete Ergebnisse zeigten sich vielfach bei Gebrauchsweisen vieler auf den ersten Blick wenig interessant erscheinender Verben. Damit konnte die bisherige lexikografische Erfassung des Irischen erheblich angereichert werden. Überraschungen anderer Art zeigten sich im Bereich der semantischen Interpretation: nicht wenige Beobachtungen zum Gebrauch der Verben waren mit den heute bekannten Beschreibungskategorien der Linguistik nicht leicht zu erfassen. Das ausgewertete Material stellt ein ausführliches digitales Verbwörterbuch des Irischen dar, das schon jetzt benutzbar ist, aber ständig erweitert (bzw. gekürzt) werden kann. Hieraus kann eine komprimierte Druckfassung abgeleitet werden, die besonders in den Praxisfeldern Sprachlehre und Übersetzung bequem anwendbar sein sollte. Die Daten werden aber auch anderen lexikografischen Projekten in Irland zur Verfügung gestellt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Advances in the lexicography of Modern Irish verbs. In Lublin Studies in Celtic Linguistics, vol. 5. Lublin 2008, S. 233-250
Arndt Wigger