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Revitalisierung von gründerzeitlichen Altbauwohnquartieren in Budapest - Prozesse, Strategien, Perspektiven

Fachliche Zuordnung Humangeographie
Förderung Förderung von 2005 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5454651
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt ordnet sich in das Forschungsfeld der Transformations- und Restrukturierungsforschung in Ostmitteleuropa ein und betrifft spezifische Aspekte der Stadtentwicklung, die unter Schlagworten wie „Stadterneuerung“, „Gentrification“ und „neue Urbanität“ die Revitalisierung vernachlässigter innerstädtischer Altbauwohnquartiere zum Gegenstand haben. Aus westlichen Entwicklungsmustern bekannte Aufwertungsprozesse in innerstädtischen Altbauwohnquartieren fanden in mittel- und osteuropäischen Städten in den Jahren nach der politischen Wende zunächst weitgehend nicht statt. In jüngeren Jahren mehren sich allerdings Berichte über Tendenzen der Aufwertung in solchen Quartieren. Gemeinhin werden die beschriebenen Aufwertungsprozesse in der Literatur als „Gentrification“ bezeichnet. Der Begriff der Gentrification hat sich allerdings im Laufe der Zeit zu einem schillernden Containerbegriff entwickelt. Wir ziehen es deshalb vor, den neutraleren Begriff der „Revitalisierung“ zu verwenden, unter dem wir ganz allgemein bauliche und soziale Erneuerungen in innerstädtischen Wohnquartieren verstehen wollen. Anliegen des Forschungsprojekts ist die Analyse von Revitalisierungsprozessen in gründerzeitlichen Altbauwohnquartieren von Budapest. Ansatzpunkte bilden – durchaus in Analogie zur Gentrification-Forschung – die empirische Erfassung der baulichen und sozialen Entwicklungen in räumlicher Differenzierung sowie im Hinblick auf die Begründung der Prozesse die Intentionen und Maßnahmen der an den Revitalisierungsprozessen beteiligten Akteure auf der Anbieter- und der Nachfragerseite sowie die Einflussnahme der öffentlichen Hand. Grundlegende Erhebung ist eine flächendeckende Gebäudekartierung in den innerstädtischen Altbauwohnquartieren von Budapest (10.534 Gebäude). Aufbauend auf diesen Ergebnissen wurden „Revitalisierungsgebiete“ in eher benachteiligten Wohnquartieren der Stadt für eine tiefergehende Analyse ausgewählt. In diesen Gebieten wurde eine standardisierte mündliche Bewohnerbefragung (503 Interviews) verbunden mit einer Haushaltsbeobachtung durchgeführt. Zur Vertiefung fanden leitfadengestützte Interviews mit Bewohnern und Expertengespräche statt. Zentrale Ergebnisse des Forschungsprojekts lassen sich mit folgenden Aussagen zusammenfassen: Die Revitalisierung innerstädtischer Altbauwohngebiete erweist sich in Budapest in baulicher und sozialer Dimension als relevanter Prozess. Bemerkenswert ist, dass auch in manchen noch vor einigen Jahren von erheblichen filtering-down-Prozessen betroffenen Problemquartieren der Stadt eine signifikante, jedoch baulich und sozial relativ moderate Revitalisierung stattfindet. In städtebaulicher Hinsicht kann hier auf jedem Fall dem Verfall von Altbauquartieren erfolgreich entgegengewirkt werden. Maßgebliche Einflussfaktoren für diese Entwicklungen sind in folgenden Punkten zu finden: in vielfältigen und teilweise sehr ambitionierten Revitalisierungsstrategien der Bezirksverwaltungen, unterstützt durch verfügbare Fördermittel der öffentlichen Hand, in wieder stärker auf innerstädtisches Wohnen ausgerichteten Präferenzen und Lebensstilen bei wachsenden und sozial durchaus heterogenen Gruppen, in einer hohen Zahl an bleibewilligen alteingesessenen Bewohnern, die ihre im Rahmen der Privatisierung erworbenen Wohnungen im Stile des „incumbent upgrading“ baulich aufwerten. Die Revitalisierung verläuft in den näher untersuchten, ehedem von problematischen Entwicklungen geprägten Quartieren verhältnismäßig sozialverträglich, insbesondere aufgrund des hohen Anteils an selbstgenutztem Wohneigentum und einer gewissen sozialen Verantwortung von Bezirksverwaltungen. Externe private Investoren besitzen nur einen begrenzten Zugriff auf die Wohnungsbestände. Versteht man Gentrification als Prozess der höherwertige Aufwertung oder Revitalisierung, bei dem sich in baulicher Hinsicht betont gehobene und teurere Wohnstandards herausbilden und der von statushöheren, einkommensstärkeren Gruppen getragen wird, so können derartige Entwicklungen in den untersuchten Revitalisierungsgebieten in Ansätzen vor allem dort vorgefunden werden, wo auf Brachflächen oder Abrissgrundstücken Wohnungsneubau betrieben wird, weniger aber im Altbaubestand. Die Revitalisierungsprozesse werden sich in ihrer immanenten Eigendynamik fortsetzen, perspektivisch ist dennoch anzunehmen, dass unter den spezifischen Rahmenbedingungen – im Gegensatz zu den vorherrschenden Annahmen der klassischen Gentrification-Konzepte – eine heterogene bauliche und soziale Mischung in den betrachteten Quartieren charakteristisch bleiben wird.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2007). Budapester Altbauquartiere im Revitalisierungsprozess. In: Europa Regional 15 (3): 153-165
    Kovács, Z.; Wießner, R. und Zischner, R.
  • (2009). Social and Economic Transformation of Historical Neighbourhoods in Budapest. In: Tijdschrift voor Economische en Sociale Geografie 100 (4): 399-416
    Kovács, Z.
 
 

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