Armenfürsorge im sozialen Interaktionsraum Stadt: Karitative Stiftungen im südlichen Ostseeraum des Mittelalters (13.-16. Jahrhundert)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Projektes, das durch die DFG zwischen 2005 und 2008 gefördert wurde, war die Erarbeitung einer vergleichenden Sozialgeschichte der Armenfürsorge in der Städtelandschaft des südlichen Ostseeraums von Schleswig und Holstein bis Pommern zwischen dem Beginn des 13. und der Mitte des 16. Jahrhunderts. Untersuchungsschwerpunkte bildeten die Städte Lübeck, Hamburg, Lüneburg, Wismar und Kiel. Armenfürsorge wird dabei als Form von Soziabilität verstanden, als soziale Interaktion zwischen verschiedenen Personen und Gruppen. Die Fürsorge für Arme, Alte und Kranke ist im sozialen Raum der mittelalterlichen Stadt im Zentrum eines spannungsreichen Beziehungskomplexes angesiedelt: zwischen Stadt und Kirche, Rat und Gemeinde, Stadt und Stadtherr, karitativer Stiftungspraxis und familienbezogener Repräsentation auf der einen, Aufgabenstellung oder Vereinnahmung im Sinne des >bonum commune< auf der anderen Seite. Ergebnisse konnten vor allem zu vier Teilbereichen gewonnen werden: • Vorgestellt und verwirklicht wird ein neuer sozialgeschichtlicher Ansatz zur Erforschung mittelalterlicher Stiftungen: >Stiften< als soziale Interaktion. • Auf dieser Grundlage werden die mit Stiftungen verbundenen sozialen Netzwerke analysiert, woraus sich Erkenntnisse zu Intentionen und Funktionen karitativen Handelns ergeben. • Karitative Stiftungen sind Teil der dynamischen Verdichtungsprozesse innerhalb mittelalterlicher Städte, der >inneren Urbanisierung(. Dies betrifft sowohl die Gruppenbildung als auch das Agieren des Rates und dessen Verhältnis zur Gemeinde. • Die Ökonomie karitativer Stiftungen ist nicht nur durch das Handeln von Stiftern und Vorstehern bestimmt, sondern auch durch die diesbezüglichen Interessen, wie sie städtische Räte im Spätmittelalter zunehmend entwickelten. Die Ergebnisse werden in Form einer Monographie veröffentlicht.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Gerhard FOUQUET, Zwölf-Brüder-Häuser und die Vorstellung vom verdienten Ruhestand im Spätmittelalter, in: Neithard BuLST/Karl-Heinz SPIESS (Hrsg.), Sozialgeschichte mittelalterlicher Hospitäler, Ostfildern 2007 (Vorträge und Forschungen, 65), S. 37-76.
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Sven RABELER, Karitatives Handeln, Stiftungswirklichkeiten und Personenbeziehungen - Überlegungen zu einer Sozialgeschichte der Armenfürsorge im mittelalterlichen Lübeck, in: Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde 85 (2005), S. 11-24.
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Sven RABELER, Zur Sozialgeschichte der Armenfürsorge in den Städten des südlichen Ostseeraums (13.-16. Jahrhundert). Ein Forschungsprojekt, in: Hansische Geschichtsblätter 125 (2007) S. 187-198.