Zusammenhang zwischen adaptiven Veränderungen im endogenen Belohnungssystem und klinisch relevanten Ernährungsstörungen
Final Report Abstract
Das mesolimbisch-mesokortikale dopaminerge Transmissionssystem ist an der Vermittlung der endogenen Belohnung biologisch sinnvoller Verhaltensmuster wie z.B. Nahrungsaufnahme, sexueller Aktivität oder Brutpflege beteiligt. Die GABAergen accumbalen Projektionsneurone als Target dopaminerger als auch glutamaterger Afferenzen in diesem System bilden eine wichtige Schaltstelle zwischen Emotion, kontextbezogener Aktivierung und Umwandlung dieser Informationen in geplante motorische Verhaltenweisen. Adaptive Verändemngen des mesolimbisch-mesokortikalen Systems bilden wesentliche pathophysiologischen Grundlagen für die Entwicklung von Suchtverhalten, Depression aber auch von Ernährungsstörungen wie Adipositas, Anorexie, Bulimie und für zwanghafte Essanfälle (Binge-Eating-Disorder), die meist psychisch bedingte Störungen des Essverhaltens, z.T. mit Suchtcharakter, darstellen. Eine zunehmende Zahl von Befunden zeigt, dass dem ATP als extrazellulärem Signalmolekül wichtige Funktionen bei der Modulation zentralnervöser Funktionen zukommen. Extrazelluläre Nukleotidrezeptoren gehören zum P2X- (liganden-gesteuerte Kationenkanäle) oder zum P2Y-Subtyp (G-Protein-gekoppelte Rezeptoren). Das Vorkommen von P2Y-Rezeptoren in Strukturen des limbischen Systems als auch in hypothalamischen Kerngebieten lässt einen Zusammenhang zwischen purinergen Mechanismen und endogenem Belohnungssystem sowohl für physiologische Funktionen als auch für die Ausprägung von pathophysiologischen Prozessen vermuten, wobei ATP als Verstärker der endogenen Belohnungsmechanismen wirkt, während über Adenosin eher inhibitorische Wirkungen vermittelt werden. Damit könnten purinerge Rezeptoren, die die neuronale Aktivität im mesolimbisch-mesokortikalen Projektionssystem modulieren, ein vielversprechendes pharmakotherapeutisches Target zur Beeinflussung von Suchtverhalten, Depressionen und psychischen Ernährungsstörungen darstellen. In einem Tiermodell mit stress-induzierten depressionsartigen Verhaltensänderungen, konnte gezeigt werden, dass die depressions-assoziierte Kosten-Nutzen-Schwelle zur Aufnahme von Nahrung in Analogie zum Verhalten im Forced Swim Test und zur Verminderung der accumbalen P2Y1-Rezeptorexpression deutlich erhöht war. Die Stimulation von P2Y1-Rezeptoren im Nucleus accumbens verminderte die Unterdrückung des Antriebes bei der Nahrungsaufnahme ebenso wie das depressionsartige Verhalten im Forced Swim Test. Die wiederholte Applikation von Amphetamin und eines A2A- Rezeptorantagonisten in einem Sensibilisierungsmodell sowie die wiederholte Nahrungsrestriktion intensivieren die Nahrungssaufnahme, dass von einer erhöhten Expression von mesolimbischen P2Y1- bzw. A2A-Rezeptoren begleitet war. P2Y1- bzw. A2A-Rezeptoren im mesolimbischen-mesokortikalem System kommen, als einem entscheidendem Bindeglied zwischen Suchtericrankungen und Depressionen entsprechend der durch die vorliegenden Befunde gestützten pathophysiologischen Modellvorstellungen, als Target für eine phamakotherapeutische Intervention bei Schizophrenie, Suchtericrankungen und Essstörungen in Frage. Die Entwicklung von ZNS-gängigen, möglichst selektiven P2-Rezeptor-Antagonisten, könnte neue therapeutische Möglichkeiten bei derartigen Erkrankungen eröffnen.
Publications
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