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Die Eis-Wasser-Wechselwirkungen im subglazialen Vostok-See, Antarktis: numerische Simulationen

Antragsteller Dr. Christoph Mayer
Fachliche Zuordnung Physik und Chemie der Atmosphäre
Förderung Förderung von 2005 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5455970
 
Erstellungsjahr 2009

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Seit der Entdeckung des 14.000 km² großen und bis zu 1100 m tiefen Wostoksees unter dem Ostantarktischen Eisschild Anfang der 1970er Jahre ist die Frage nach der Existenz von Leben in diesem See, einer Zirkulation im See und einem Massenaustausch mit dem darüber liegenden, bis zu 4 km mächtigen Eis von internationalem und öffentlichem Interesse. In den letzten mehr als 10 Jahren sind weiterhin, insgesamt ca. 180 subglaziale Seen entdeckt worden, die jedoch bei Weitem nicht die Größe des Wostoksees erreichen. In den letzten Jahren sind eine ganze Reihe von Publikationen über die Physiographie und die physikalischen Bedingungen des subglazialen Wostoksees erschienen, die die Voraussetzung für eine numerische Modellierung der Zirkulation im See und der Austauschprozesse mit dem darüberliegenden Eis ermöglichen. Schwerpunkt der Forschungsarbeiten im Wostoksee Projekt lag bei einer detaillierten Untersuchung des Zirkulationsregimes und der Schmelz- und Anfrierprozesse im See. Dazu wurde ein numerisches Zirkulationsmodell einerseits an die speziellen subglazialen Bedingungen angepasst, andererseits aber auch neue Erkenntnisse aus Feldmessungen (Eisdicke, Eisgeschwindigkeiten, Seegrenzen) in dieses Modell integriert. Es konnte gezeigt werden, dass im Wostoksee eine ausgeprägte Wasserzirkulation besteht, die es ermöglicht, dass Schmelzwasser von der Eis/Seegrenze in den See gemischt wird. Damit gelangen kontinuierlich auch Nährstoffe, Salze, Staub und potentiell auch Mikroben in den See, wobei diese Partikel eine lange Reise von mehr als 420.000 Jahren durch den Eisschild hinter sich haben. Unsere Untersuchungen zeigen, dass im See derzeit mehr Wasser durch Schmelzen produziert wird, als durch Anfrieren wieder entzogen wird. Dieses Ungleichgewicht wird maßgeblich durch den geothermalen Wärmestrom und den Wärmetransport vom See in das Eis beeinflusst. Die Zirkulation ist hingegen relativ stabil gegenüber Änderungen im Wärmetransport und dem geringen Anteil an gelösten Salzen im See. Die Verteilung des wieder angefrorenen Wassers hängt sehr stark vom Eistransport und der Neigung der Grenzfläche Eis/Seeoberfläche ab. Etwa 11.000 km² oder 64% der Seeoberfläche sind von wieder gefrorenem Wasser aus dem See bedeckt. Diese abgelagerte Eisschicht ist im Mittel 90 m dick und erreicht im Bereich der Wostokbohrung etwa 200 m. Das Volumen dieser Schicht beträgt knapp 1000 km³, und entspricht damit immerhin dem 8-fachen des geschätzten Eisvolumens aller Alpengletscher zusammen. Besonders das Ergebnis, dass nur 36% der Seeoberfläche Kontakt mit echtem Gletschereis haben ist wichtig für Sedimentationsprozesse, die Verfügbarkeit von Nährstoffen und zukünftige Planungen der Seebeprobung. Die Resultate zeigen, dass die Umwälzung des gesamten Wassers in etwa 30.000 Jahre benötigt und damit seit dem Beginn der Seeentstehung vor Millionen von Jahren das gesamte Seewasser schon oftmals vollständig ausgetauscht wurde. Das im Projekt entwickelte Zirkulationsmodell konnte bereits durch Kooperationen mit internationalen Partnern auf zwei weitere antarktische subglaziale Seen angewendet werden und so Erkenntnisse für eine mögliche zukünftige Beprobung dieser Seen gesammelt werden. Der interessierten Öffentlichkeit wurde diese Thematik in Zeitungsbeiträgen und Radiointerviews präsentiert, um so einen Beitrag in der Vermittlung von aktuellen Themen im Rahmen des Internationalen Polarjahres zu leisten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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