Die Chemie transienter Spezies in Wasserclustern
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Elektroneninduzierte Reaktionen in Wasserclustern erlauben die Beobachtung von Ladungstransferprozessen auf molekularer Ebene. Während der Fokus bei der Reaktivität hydratisierter Elektronen bisher vor allem auf der destruktiven Wirkung lag, insbesondere die dissoziative Elektronenanlagerung, konnte im Projekt gezeigt werden, dass in Wasser gelöste Elektronen sehr spezifische chemische Reaktionen induzieren, die insbesondere auch zur Bildung neuer Bindungen und komplexerer Strukturen führen können. Mit isotopenmarkierten Reaktanden konnte gezeigt werden, dass der elektroneninduzierte Bindungsbruch im Vinylacetat analog zur dissoziativen Elektronenanlagerung in der Gasphase abläuft, eine Hydrathülle mit mehr als zehn Wassermolekülen ist jedoch in der Lage, die Bindung zu stabilisieren und den Bindungsbruch hinauszuzögern. Elektronenanlagerung an Acrylsäure induziert Oligomerisierungsreaktionen. Im Wassercluster kann sich ein Elektron an Kohlenstoffdioxid anlagern. Das neu gebildete Radikalanion knüpft eine Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindung zur Acrylsäure. Wassercluster dienen als Nanokalorimeter. Dazu wird die durchschnittliche Zahl der aufgrund der bei einer chemischen Reaktion freiwerdenden Wärme verdampfenden Wassermoleküle bestimmt. Durch eine große Zahl an Messreihen bei verschiedenen Clustergrößen und Temperaturen konnte die Gültigkeit einiger der Nanokalorimetrie zugrundeliegenden Annahmen bestätigt werden. Die bei diesen Experimenten gewonnenen Erkenntnisse weisen den Weg zur weiteren Verfeinerung der Methode, insbesondere durch Einbau eines zusätzlichen Massenfilters in die experimentelle Apparatur. Elektronen in wässriger Lösung können auch von oxidierbaren Metallzentren zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen des Projekts wurde gezeigt, dass Acetonitril in der Lage ist, Zink(I) zu oxidieren. Die nanokalorimetrische Analyse liefert außerdem Hinweise auf einen subtileren Ladungstransfer bei Cr(I), der näher zu untersuchen ist. Bromierte und iodierte Kohlenwasserstoffe sind ebenfalls in der Lage, Zink(I) zu oxidieren unter Bildung eines Zinkbromid- bzw. Zinkiodid-Kations, wobei ein Kohlenwasserstoffradikal abgespalten wird. Kupfer(I) dagegen ist beständig. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Radikalanionen und Übergangsmetallionen in ungewöhnlichen Oxidationszuständen in wässriger Lösung reaktiv sind. Die Reaktionen sind meist jedoch sehr spezifisch. Die gewonnenen Erkenntnisse weisen den Weg zu neuen Syntheserouten z.B. zur stofflichen Nutzung von Kohlenstoffdioxid. Die schrittweise Oxidation von Übergangsmetallionen liefert Einblick in Korrosionsprozesse auf molekularer Ebene, die zu neuen Strategien im Korrosionsschutz führen können.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Carboxylation of Methyl Acrylate by Carbon Dioxide Radical Anions in Gas-Phase Water Clusters. Angew. Chem., 125 (35),9497-9500 (2013); Angew. Chem. Int. Ed. 52 (35), 9327-9330 (2013)
A. Akhgarnusch, R. F. Höckendorf, Q. Hao, K. P. Jäger, C.-K. Siu, M. K. Beyer
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Reduction of CH3CN in Hydrated Magnesium Cations Mg+(H2O)n, n ≈ 20 – 60, in the Gas Phase. ChemPlusChem 78, 1040-1048 (2013)
T.-W. Lam, C. van der Linde, A. Akhgarnusch, Q. Hao, M. K. Beyer, C.-K. Siu