FOR 499: Akustische Kommunikation von Affekten bei nonhumanen Säugetieren und dem Menschen: Produktion, Wahrnehmung und neurale Verarbeitung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Eine zentrale Frage in den evolutionären Neurowissenschaften ist die nach den biologischen Wurzeln von Sprache und Musik. Bekannt war, dass in der akustischen Prosodie von Sprache und Musik Gefühle transportiert werden, die in allen menschlichen Kulturen von großer und unverzichtbarer Bedeutung für das soziale Zusammenleben sind. Zudem wurde postuliert, dass die stimmliche Kommunikation bei Tieren überwiegend emotional erfolgt. Aufgrund kontroverser Diskussionen der verschiedenen Fachdisziplinen zum Konzept Emotion und fehlender vergleichbarer Methoden und Paradigmen zur Erfassung akustisch transportierter Emotionen bei Tier und Mensch, war es aber bislang nicht möglich, empirisch zu überprüfen, ob sich die akustische emotionale Kommunikation des Menschen aus Wurzeln der emotionalen Säugetierkommunikation ableiten lässt. Die Forschergruppe „Akustische Kommunikation von Affekten bei nonhumanen Säugetieren und dem Menschen“ hatte sich deshalb zum Ziel gesetzt, über ein international ausgewiesenes Expertenteam aus den verschiedensten Wissenschaftsdisziplinen (Zoologen, Primatologen, Psychologen, Linguisten, Mediziner) die lange vernachlässigte Rolle von Emotionen in der Evolution der akustischen Kommunikation mittels vergleichbarer Methoden und Paradigmen zu analysieren. Dabei wurden Produktion, Wahrnehmung und neurale Verarbeitung an evolutionsbiologisch bzw. biomedizinisch relevanten Tiermodellen und dem Menschen unter spezieller Berücksichtigung von Sprache und Musik untersucht. 13 Forschergruppentreffen auf nationaler und internationaler Ebene wurden dazu genutzt, die einzelnen Vorhaben aufeinander abzustimmen, Kooperationsvorhaben zu konzipieren (die derzeit zum Teil noch laufen) und Emotionskonzepte kritisch zu diskutieren. Die Ergebnisse der Forschergruppe sind z. Zt. in über 100 Publikationen in renommierten Fachjournalen bzw. Buchbeiträgen und in der „Series in Affective Science“ von Oxford University Press unter dem Titel „Evolution of Emotional Communication: From Sounds in Nonhuman Mammals to Speech and Music in Man“ sowie in populärwissenschaftlicher Form im nationalen und internationalen Forschungsmagazin der DFG (3/2010; /2011) publiziert. Der Tier-Mensch Vergleich in der Forschergruppe und die im Rahmen der Einzelprojekte entwickelten Versuchsparadigmen zur standardisierten Induktion emotionsgeladener Vokalisation, zu ihrer Wahrnehmung sowie zu ihrer Verarbeitung ermöglichten es, Universalien zu identifizieren, die bei Tier und Mensch Erregung verlässlich akustisch vermitteln. Erregungsabhängige stimmliche Komponenten in der emotionalen Prosodie von Sprache und ihre Wahrnehmung sind damit ein altes Säugetiererbe, denn sie sind bereits in der akustischen emotionalen Kommunikation aller daraufhin untersuchten Säugetiergruppen von Bedeutung. Akustische Universalien, die mit starkem emotionalen Erleben verbunden sind und zu Gänsehaut führen können, zeigen sich auch bei kulturübergreifenden Untersuchungen in der Musik. Lachen als wesentliches stimmliches Ausdruckselement des Menschen, ist – wie Ergebnisse der Forschergruppe zeigen - emotional konnotiert und lässt sich mit einem vergleichend bioakustisch-ethologischen Ansatz aus biologischen Wurzeln ableiten. Während die Forschergruppe durch bildgebende Verfahren und elektrophysiologische Analysen zur Hirnaktivität beim Hören akustisch übertragener Emotionen weitere Facetten des komplexen Netzwerks aus hör- und emotionsverarbeitenden sowie entscheidungsunterstützenden Hirnregionen identifizieren konnte, die insbesondere auf subkortikaler Ebene bereits bei Mäusen bei der motivationalen/emotionalen Verarbeitung von hoher Bedeutung sind, erfordert das Verständnis der komplexen Dynamik der zu Grunde liegenden neuronalen Abläufe und deren Funktionen weiterführende intensive Forschungsanstrengungen.