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Wi(e)der die Moralisierung von Krankheit – Ein theologisch-ethischer Beitrag zu einer Ethik der Prävention im postgenomischen Zeitalter

Fachliche Zuordnung Katholische Theologie
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 547240690
 
Gegenwärtig vollzieht sich ein Paradigmenwechsel von kurativer zu präventiver Medizin. Immer leichter und kostengünstiger verfügbare Gentests geben Auskunft über zukünftige Erkrankungen, die möglicherweise noch vor ihrem Ausbruch präventiv behandelt werden können. Die Vorteile einer solchen prädiktiven Präventivmedizin liegen auf der Hand. Gleichzeitig verschärfen sich aber auch eine ganze Reihe von Problemen: Wenn so genannte gesunde Kranke nach einer Genomanalyse Präventionsmaßnahmen nicht oder nur teilweise in Anspruch nehmen, können sie nicht nur für ihre Gesundheit und die Gesundheit genetisch Verwandter, sondern im Fall ‚vermeidbarer‘ Krankheiten auch für entstehende Kosten im Gesundheitssystem verantwortlich gemacht werden. Es besteht die Gefahr, dass präventive Medizin die Moralisierung, also eine ungerechtfertigte individualisierte Verantwortungszuschreibung von Krankheit, befördert. Das Projekt will angesichts möglicher Moralisierungen im Kontext prädiktiver Medizin eine Gegenstrategie aus theologisch-ethischer Perspektive entwickeln. Gerade von der Theologie ist hier ein wichtiger Forschungsbeitrag zu erwarten, denn moralisierende Krankheitsdeutungen sind in der jüdisch-christlichen Tradition tief verwurzelt. Gleichzeitig finden sich in ihr aber auch Versuche, die Moralisierung von Krankheit theologisch zu überwinden. Diese theologischen Antimoralisierungspotentiale sollen in diesem Projekt mit Hilfe der Kategorien Vulnerabilität und Ambiguität systematisiert und für den gegenwärtigen Diskurs um prädiktive Medizin und die unterschiedlichen Dimensionen von Verantwortung fruchtbar gemacht werden. Ausgehend von einer Klärung des Begriffs der Moralisierung im Kontext von Krankheit werden ethische Problemhorizonte prädiktiver Präventivmedizin identifiziert. Die dazu zu erarbeitenden Lösungsvorschläge münden schließlich in eine kompetenzorientierte Gegenstrategie gegenüber der Moralisierung von Krankheit. Auf der Grundlage des in einer Monographie zu veröffentlichenden wissenschaftlichen Ertrags des Projekts soll schließlich ein ethischer Leitlinienkatalog mit Empfehlungen für den Umgang mit komplexen Entscheidungssituationen im Kontext prädiktiver Präventivmedizin erarbeitet werden. Dieser will kranke Gesunde unterstützen, autonome Entscheidungen im Kontext prädiktiver genetischer Diagnostik zu treffen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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