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SFB 634:  Kernstruktur, nukleare Astrophysik und fundamentale Experimente bei niedrigen Impulsüberträgen am supraleitenden Darmstädter Elektronenbeschleuniger (S-DALINAC)

Fachliche Zuordnung Physik
Förderung Förderung von 2003 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5485852
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der Sonderforschungsbereich 634 “Kernstruktur, nukleare Astrophysik und fundamentale Experimente bei niedrigem Impulsübertrag am supraleitenden Darmstädter Elektronenbeschleuniger (S-DALINAC)“ befasste sich mit der wissenschaftlichen Nutzung und der technischen Weiterentwicklung des an der Technischen Universität Darmstadt aufgebauten, supraleitenden Teilchenbeschleunigers S-DALINAC. Er beschleunigt Elektronen in starken hochfrequenten elektrischen Feldern in supraleitenden Mikrowellenresonatoren und stellt energiereiche Strahlen von beschleunigten Elektronen und von ihnen durch Bremsstrahlungsprozesse erzeugte Photonen zur Verfügung, die geeignet sind, um Atomkerne in angeregte Quantenzustände zu versetzen. Die entsprechenden Kernreaktionen werden mit geeigneten Detektorsystemen beobachtet. Die so gewonnenen Messdaten sind Voraussetzungen für wissenschaftliche Fortschritte in mit einander zusammenhängenden Forschungsfeldern in der Kernphysik und der nuklearen Astrophysik. Der SFB 634 war in fünf mit einander verzahnte Projektbereiche gegliedert, die sich mit Problemstellungen aus den Forschungsfeldern (A) Kernstrukturphysik, (B) Nukleare Astrophysik, (C) Fundamentale Experimente, (D) Theoretische Kernstrukturphysik und (E) Beschleunigerentwicklung befassten. Im Rahmen des SFB 634 arbeiteten Wissenschaftler auf den Gebieten der experimentellen Kernphysik, der theoretischen Physik und der Elektrotechnik eng zusammen. Dabei entstanden über 400 referierte wissenschaftliche Veröffentlichungen und 70 Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler fertigten auf der Grundlage der im SFB durchgeführten Forschungsarbeiten ihre Dissertationen an. Unter anderem erforschten die am SFB 634 beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Verhalten von aus vielen Protonen und Neutronen zusammengesetzten Atomkernen in hochfrequenten elektromagnetischen Wechselfeldern, denen sie in Form von kurzwelligen Photonenstrahlen oder durch die elektromagnetischen Pulse in Streureaktionen von Elektronen oder anderen elektrisch geladenen Teilchen ausgesetzt wurden. Die im SFB 634 gewonnen Daten und ihre theoretische Interpretation trugen erheblich zur Beobachtung und zum Verständnis der so genannten Pygmy Dipol Resonanz von Atomkernen bei. Diese tritt in Atomkernen mit einem Überschuss von Neutronen gegenüber Protonen als Überhöhung der Reaktionswahrscheinlichkeit mit niederenergetischen Photonen in Erscheinung und wird als teilweise Dichteoszillation der Neutronen gegen die Protonen verstanden. Ihre Eigenschaften sind sensitiv auf die Abhängigkeit der Kräfte zwischen Protonen und Neutronen von ihrer lokalen Dichte. Die gewonnenen Erkenntnisse tragen zu einem besseren Verständnis von extremen kosmischen Objekten, wie etwa Neutronensternen, oder den Vorgängen der natürlichen Entstehung schwerer chemischer Elemente in explodierenden Sternen, wie etwa Supernova-Ereignissen, bei. Im Rahmen des SFB 634 gelang erstmals auch der Nachweis eines neuen Phänomens des radioaktiven Zerfalls. In seltenen Fällen können angeregte Quantenzustände von Atomkernen anstatt über die Aussendung eines einzelnen Gammaquants durch die gleichzeitige Emission von zwei Gammaquanten zerfallen. Dieser so genannte kompetitive Doppelgamma-Zerfall entzog sich seit seiner Vorhersage durch quantenphysikalische Berechnungen vor 85 Jahren der Beobachtung und konnte nun im Rahmen des SFB 634 durch neuartige Detektoren, die über ihre hohe Zeitauflösung die Gleichzeitigkeit der Emission von störendem Messuntergrund trennen konnten, nachgewiesen und für den beobachteten Fall durch theoretische Analysen quantitativ verstanden werden. Weitere Ergebnisse des SFB 634 betrafen z.B. die Entwicklung neuer Messverfahren für die fundamentalen Eigenschaften des Protons, wie etwa dessen Ladungsradius und seine elektrische und magnetische Polarisierbarkeit, oder das Verständnis des chaotischen Verhaltens angeregter Zustände von Quantensystemen durch deren Simulation in supraleitenden Mikrowellenresonatoren verschiedener Formen und Eigenschaften. Theoretische Methoden zum Verständnis der Eigenschaften von Atomkernen basierend auf der fundamentalen Quantenchromodynamik (QCD) konnten erheblich weiterentwickelt und auch für ein verbessertes Verständnis von astrophysikalischen Prozessen in kosmischen Objekten wie etwa Neutronensternen oder Supernovae eingesetzt werden. In enger Zusammenarbeit von Physikern und Elektrotechnikern wurde der S-DALINAC technisch verbessert, so dass er nun Elektronenstrahlen mit einer höheren Energieschärfe und Stabilität zur Verfügung stellen kann. Im Rahmen der Arbeiten im SFB 634 wurde er zu dem ersten deutschen Teilchenbeschleuniger ausgebaut, der im Modus eines so genannten Energy Recovery LINACs betrieben werden kann, in dem die kinetische Energie des beschleunigten Strahls nach der Durchführung von Experimenten durch Abbremsung weitgehend wieder zurückgewonnen wird.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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