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Autonomie des Rechts oder ius divinum? Kritik des Naturrechts in machttheoretischer Perspektive

Fachliche Zuordnung Katholische Theologie
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 534685649
 
Das Teilprojekt zielt auf die Entwicklung einer philosophischen Kritik des theologischen Naturrechts als Reaktion auf die Macht- und Missbrauchskrise der katholischen Kirche. Denn zum einen dient die Berufung des kirchlichen Lehramts auf das Naturrecht der Selbstsakralisierung der Institution Kirche und ihrer Ämter. Die Legitimität der institutionellen Verfasstheit der Kirche beruft sich auf eine Legitimitätsgrundlage, die dem Prinzip individueller, moralischer und politischer Autonomie widerspricht. Zum anderen führen naturrechtliche Argumentationen gerade auf dem Gebiet der Sexualmoral zu normativen Festlegungen, die nicht nur der geschlechtlichen Selbstbestimmung zuwiderlaufen, sondern Unterordnungsverhältnisse und Schutzlosigkeit festschreiben. Die gegenwärtigen Strategien der Verteidigung der Idee des göttlichen Rechts zielen darauf, das Naturrecht nicht mehr als metaphysische Grundlage des menschlichen Vernunftrechts zu behaupten, sondern als seine schützende Begrenzung. Das menschliche Vernunftrecht soll vor inhumaner Willkür und autoaggressiven Tendenzen durch einen substantiell gehaltvollen Begriff der Menschenwürde geschützt werden. Eine wirksame Kritik des theologischen Naturrechts kann daher nicht rein destruktiv verfahren. In konstruktiver Hinsicht muss es die Anliegen jener Positionen ernst nehmen, die eine naturrechtliche Begründung des Rechts für unverzichtbar halten. Diese Haltung lässt sich im Wesentlichen in zwei Gruppen von Argumenten einordnen: Es besteht die Sorge, dass demokratische Verfahren und Verfahren der Rechtssetzung zu positivem Willkürrecht mit inhumanen Folgen führen können, wenn keine naturrechtlichen, überpositiven Beschränkungen des Rechts gegeben sind. Prozeduren der Legalität müssen zur Risikoabwehr der Möglichkeit legal gesetzten Unrechts eingehegt werden durch substantielle Kriterien ethischer Legitimität, wie sie das überpositive Naturrecht bereitstellt, um das mögliche Abgleiten positiven Rechts in Unrecht zu verhindern. Gerade im theologischen Kontext, sowohl mit Blick auf eine theologische Reflexion der Form des Rechts wie auf die rechtliche Verfassung der kirchlichen Institution, scheint es unabdingbar, die strukturelle und begriffliche Differenz zwischen autonom begründetem Vernunftrecht und theonom gedeutetem Naturrecht zu berücksichtigen. Das Teilprojekt verfolgt daher zwei zentrale Ziele: 1. Die Analyse der Paradoxie der Autonomie, die der Bestimmung des angemessenen Verhältnisses von formaler Selbstbestimmung und inhaltlicher Unverfügbarkeit dient. In diesem Kontext bietet sich auch der systematische Rückgriff auf die Bestimmung des begrifflichen Grundverhältnisses von Natur und Vernunft im Sinne des Hegelianischen Konzepts einer zweiten Natur an. 2. Die Entwicklung einer Differenztheorie des Rechts und der Religion, die der Eigenlogik autonomen Vernunftrechts einerseits und der theologischen Begründung und Reflexion des Rechts andererseits gerecht wird.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
 
 

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