Herstellung und Charakterisierung von keramischen Preforms durch Freeze-Casting-Verfahren
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Vorhaben war Bestandteil eines DFG-Paketantrags, dessen Gesamtziel in der Verfahrens- und Werkstoffentwicklung für selektiv verstärkte Leichtmetall- Gussteile lag. Die selektive Verstärkung erlaubt die lokale Anpassung von Werkstoffeigenschaften wie Verschleißbeständigkeit oder thermische Ausdehnung an die Anforderungen. Aufgabe des hier dargestellten Teilprojekts war die Verfahrensentwicklung zur Herstellung geeigneter Keramik- Preforms als Verstärkungskomponente und die Produktion entsprechender Preforms für die nachgeschalteten Teilprojekte, die sich mit der Metallinfiltration der Preforms und der Charakterisierung der Metall-Keramik-Verbundwerkstoffe (MMCs) beschäftigten. Für die Preformherstellung wurde dabei ausschließlich das Gefriergussverfahren (Freeze Casting) in Betracht gezogen, da es die Erzeugung gerichteter Porenkanäle in den Keramikpreforms ermöglicht, die für die nachfolgende Schmelzinfiltration viele Vorteile bieten. Insbesondere die Infiltration im Druckgussverfahren mit Strömungsgeschwindigkeiten von einigen 10 m/s erschien damit deutlich besser realisierbar als mit anderen Preformarchitekturen. Das Gefriergussverfahren fand bisher schon Anwendung zur Herstellung von porösen Materialien. Dabei werden hochkonzentrierte, wässrige Suspensionen mit Keramik- oder Metallpartikeln in der gewünschten Form eingefroren, wobei ein fest gefrorener Grünkörper entsteht. Nach Gefriertrocknen und Sintern erhält man poröse Körper, deren Porenstruktur durch die beim Einfrieren entstandenen Eiskristalle geprägt wird. Es war auch bekannt, dass sich durch gerichtetes Wachstum der Eiskristalle Materialien mit gerichteten Porenkanälen herstellen lassen. Allerdings fehlte es an systematischen Untersuchungen zum Einfluss der System- und Prozessparameter auf die entstehenden Porenkanalstrukturen, einem darauf aufbauenden Prozessverständnis und einer geeigneten technischen Umsetzung zur Herstellung definiert strukturierter Preforms im relevanten Dickenbereich von bis zu mehreren Zentimetern. Die Behebung solcher Defizite war Ziel des vorliegenden Teilprojekts, in dem die Einflussfaktoren auf die Gefügeausbildung beim Gefriergießen experimentell untersucht wurden. Variiert wurden dabei die wesentlichen Parameter, nämlich die Erstarrungsgeschwindigkeit, der Feststoffanteil, die Partikelgröße und Partikelart. Für die Experimente wurde eine Anlage entwickelt, die eine kontrollierte Wärmeabfuhr an der Ober- und Unterseite der einzufrierenden Suspension ermöglicht (DS-Apparatur). Die eingegefrorenen Strukturen wurden direkt im Cryo-REM analysiert oder nach Gefriergetrocknung durch Kunstharzinfiltration fixiert und anhand von Querschliffen oder µ-CT-Aufnahmen untersucht. Ein wichtiges neues Ergebnis sind die erarbeiteten Struktur- Kennfelder. Diese zeigen, welche Gefügetypen bei verschiedenen Kombinationen von Prozessparametern auftreten. Es lassen sich Strukturtypen unterscheiden, die entweder durch planares, lamellares oder isoptropes Eiskristallwachstum zustande kommen. Bei sehr langsamen Erstarrungsgeschwindigkeiten (Größenordnung 1 mm/h) werden die Partikel vor der Eisfront her geschoben. Das planare Eiskristallwachstum geht bei höheren Geschwindigkeiten in ein lamellares Wachstum über, bei dem die Partikel in die Zwischenräume der wachsenden Eislamellen geschoben werden. Bei sehr hohen Geschwindigkeiten werden die Partikel in die Eiskristalle eingeschlossen, es entsteht ein isotropes Gefüge. Die Übergangsgeschwindigkeit lamellar – isotrop wird mit zunehmender Partikelgröße kleiner. Bei Partikelgrößen von < 1 µm, wie sie für technische Keramiken relevant sind, entsteht bis zu den höchsten realisierbaren Erstarrungsgeschwindigkeiten von ca. 1 mm/s immer eine lamellare Struktur. Für das Gesamtprojekt sind nur die lamellaren Strukturen von Interesse. Aufgrund einer bisher fehlenden konsistenten Datenbasis wurde der Zusammenhang zwischen dem Lamellenabstand und der Erstarrungsgeschwindigkeit in umfangreichen Experimenten analysiert. Er lässt sich in Form eines Potenzgesetzes beschreiben. Sowohl der Feststoffanteil, als auch die Partikelgröße sind hier von Einfluss. Eine Erhöhung führt bei beiden Parametern zu einer deutlichen Verschiebung des Lamellenabstandes hin zu größeren Werten. Um die Lamellenausbildung zu verstehen und vorhersagen zu können, wurden die Lamellenabstände mit dem Modell nach Peppin et al. analytisch berechnet und mit den experimentellen Daten der untersuchten Al2O3 Suspensionen verglichen. Das Modell beruht auf der Verstärkung von Instabilitäten an der Erstarrungsfront durch konstitutionelle Unterkühlung. Die Übereinstimmung mit dem Experiment war recht gut. Allerdings mussten einige Parameter für die Modellierung aus Literaturdaten von Bentonit-Partikeln abgeschätzt werden, da eine Datenbasis für das experimentell verwendete Al2O3– Partikelsystem bisher fehlt. Somit ist der endgültige Nachweis für die Brauchbarkeit des Modells und vor allem auch für die Wirksamkeit der darin zugrunde gelegten Mechanismen nicht wirklich erbracht. Die Lamellenabstände können prinzipiell über die Einfriergeschwindigkeit in einem Bereich von 10 bis 300 µm variiert werden, wobei der untere Wert sich auf dünne Schichten beschränkt. Für die Arbeiten bei den Projektpartnern wurden Al2O3-Preforms mit unterschiedlichen Lamellenabständen hergestellt. Überwiegend handelt es sich dabei um plattenförmige Preforms von 10 mm Dicke mit vergleichbarer Porosität und zwei unterschiedlichen Lamellenabständen. Daneben wurden mit der neu entwickelten DS-Apparatur einige zylinderförmige Preforms hergestellt, bei denen erstmals konstante Lamellenabstände über eine Dicke von 35 mm eingestellt werden konnten. Untersuchungen zur Metallinfiltration lamellarer Preforms, wie sie bei den Projektpartnern erfolgten, wurden bisher von keiner anderen Stelle veröffentlicht. Neue Fragen aus den Arbeiten im eigenen Teilprojekt haben zur Beantragung eines DFG-Vorhabens „Untersuchungen zur modellmäßigen Beschreibung und Vorhersage der Gefügeausbildung beim Gefriergießen“ geführt, das inzwischen bewilligt wurde. In diesem Vorhaben sollen zusammen mit Prof. Britta Nestler numerische Modelle für die Strukturausbildung erarbeitet werden, wobei die Antragsteller Experimente zur Modellbildung und Modellverifizierung durchführen. Die Anwendungsmöglichkeiten für die lamellaren Preforms sind vielfältig. Sie umfassen poröse Materialien wie Filter, Elektrodenstrukturen und Knochenersatzwerkstoffe, aber auch Verbundwerkstoffe, wie sie im Gesamtprojekt untersucht wurden. Die nachgewiesene Infiltrierbarkeit im Druckgussverfahren eröffnet sehr weitgehende neue Anwendungsgebiete und zeigt, dass die selektive Verstärkung von Leichtmetall-Gussteilen mit lamellaren Keramik-Preforms auch unter ökonomischen Gesichtspunkten realisierbar sein sollte.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Euromat 2007: Ceramic preforms with directional pore channels for local reinforcement of Al die casting components
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Giessereikolloquium, 25.-26. April 2007, Aalen: Herstellung von Freeze Casting Preforms
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DKG Symposium: Herstellung, Charakterisierung und Verarbeitung von keramischen Suspensionen, 2.-3. Dezember 2008, Erlangen: Herstellung gerichteter poröser Strukturen durch Freeze Casting
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International Conference on Ceramic Processing Science (ICCPS10), 25.–28. Mai 2008, Inuyama, Japan: Tailor-made porous ceramics with directional open pore channels by freeze casting
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International Workshop on Interfaces: New Materials via Interface Control, June 22-26, 2008, Santiago de Compostella, Spanien: Role of interfaces for manufacturing and mechanical behaviour of MMCs produced by liquid metal infiltration of ceramic performs
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Control of lamellae spacing during freeze casting of ceramics using double-side cooling as a novel processing route. J. Am. Ceram. Soc., 92(s1):S79–S84, 2009
T. Waschkies, R. Oberacker, and M.J. Hoffmann
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Macro pore developement during freeze-casting of water based alumina suspensions. cfi/Ber. DKG 86, 2009
T. Waschkies, A. Mattern, R. Oberacker, and M.J. Hoffmann
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Untersuchung der Einflussfaktoren auf die Mikrostrukturausbildung beim Gefriergießen (Freeze-Casting), Dissertation Universität Karlsruhe, Juli 2009. Schriftenreihe des Instituts für Keramik im Maschinenbau IKM 52
Thomas Waschkies