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Die Auswirkungen von Verbesserungen der landwirtschaftlichen Produktivität auf Kinderarbeit: Theorie und empirische Evidenz anhand der Grünen Revolution
Antragsteller
Dominik Naeher, Ph.D.; Professor Dr. Matthias Schündeln
Fachliche Zuordnung
Wirtschaftspolitik, Angewandte Volkswirtschaftslehre
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 561142299
Nach jüngsten Schätzungen ist weltweit fast jedes zehnte Kind in Kinderarbeit aktiv, was sowohl direkte Auswirkungen auf das Wohl als auch indirekte Folgen für die Bildung der Kinder hat. Während sich die öffentliche Diskussion oft auf Kinderarbeit in Exportindustrien konzentriert, findet der Großteil der Kinderarbeit im Agrarsektor statt. In der ökonomischen Literatur wird Kinderarbeit vor allem auf extreme Armut zurückgeführt, basierend auf dem „Luxusaxiom“, das besagt, dass Eltern ihre Kinder nur dann arbeiten lassen, wenn der Haushalt unter das Existenzminimum fällt. Von politischer Seite wird daher häufig die Notwendigkeit betont, die landwirtschaftliche Produktivität zu steigern, um Kinderarbeit zu reduzieren. Allerdings ist die empirische Evidenz uneinheitlich: In einigen Fällen scheinen Produktivitätssteigerungen zu mehr Kinderarbeit geführt zu haben, was entwicklungspolitische Entscheidungen in diesem Kontext erschwert. Dieses Projekt zielt darauf ab, den Zusammenhang zwischen landwirtschaftlicher Produktivität, Kinderarbeit und Bildung durch eine Synthese theoretischer und empirischer Arbeiten zu klären. Ein vorläufiges Modell legt nahe, dass Haushaltsentscheidungen zu Kinderarbeit von zwei entgegengesetzten Effekten abhängen. Der erste Effekt basiert auf dem Luxusaxiom und impliziert, dass höhere Produktivität zu weniger Kinderarbeit führt. Andererseits können Produktivitätssteigerungen die Nachfrage nach Arbeitskräften erhöhen. Wenn Arbeitsmärkte unvollkommen sind und Familienarbeit nicht durch bezahlte Arbeitskräfte ersetzt werden kann, ist es möglich, dass Haushalte auf Produktivitätssteigerungen mit mehr Kinderarbeit reagieren. Diese beiden Effekte deuten auf eine umgekehrt U-förmige Beziehung zwischen Produktivität und Kinderarbeit hin, welche potentiell die widersprüchlichen empirischen Ergebnisse in der Literatur erklären könnte. Unser Projekt wird ein Modell entwickeln, um den Zusammenhang zwischen Produktivität und Kinderarbeit möglichst allgemeingültig zu klären, wobei Annahmen über die Nutzen- und Produktionsfunktion flexibel gehalten werden. Anschließend werden wir die Modellimplikationen empirisch testen, indem wir eine Identifikationsstrategie verwenden, die auf einem Differenz-in-Differenzen Ansatz und einer Shift-Share (Bartik) Instrumentalvariablen-Methode basiert. Dafür wird die Variation in der Einführung und Verbreitung von ertragreichen Saatgutsorten für verschiedene Feldfrüchte während der Grünen Revolution ausgenutzt, um quasi-experimentelle Nachweise über die Effekte von Produktivitätsveränderungen auf Kinderarbeit in diesem Zeitraum und darüber hinaus zu liefern. Der Schwerpunkt der empirischen Arbeit wird auf Indien liegen, es werden aber auch länderübergreifende Ergebnisse geliefert werden. Abschließend werden wir die Erkenntnisse anwenden, um die Auswirkungen von Produktivitätsveränderungen durch Klimawandel, Handelsliberalisierung und technologischen Wandel zu diskutieren.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen