Textile Bildwerke in der Kirchenausstattung des Mittelalters, Bild- und medientheoretische Studien am Beispiel der Stickereien aus dem Frauenkloster Altenberg/Lahn.
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In dem Projekt konnte am Beispiel der großformatigen Leinenstickereien aus dem Kloster Altenberg/Lahn gezeigt werden, welche Bedeutung und Funktion gestickte Bildwerke als Teil der Ausstattung einer Kirche hatten. Erstmals konnten mit dieser Fallstudie Grundlagen zu bildtragenden, großformatigen Stickereien aus Leinen als Behänge, Katafalktücher und Altardecken untersucht werden. Wichtige Voraussetzung für das Verständnis ihrer Funktion war die Rekonstruktion der ursprünglichen Farbigkeit und damit Lesbarkeit der heute als rein weiße Stickereien erhaltenen Werke. Aufgrund der einmalig guten Überlieferungssituation der architektonischen Anlage, der Ausstattung und Textquellen des Klosters Altenberg konnte an diesem Ensemble das Zusammenwirken der Bildwerke der verschiedenen Gattungen über einen Zeitraum von 100 Jahren ab 1270 untersucht werden. Dies gilt sowohl für die Erstausstattung des Hochchores noch vor der Aufstellung des ersten Retabels, als auch für das erste Flügelretabel um 1320 mit den zugehörigen Altardecken. Mit den zusätzlichen auswechselbaren Bildfolien auf der Mensa konnte die Forschung zu den Anfängen wandelbarer Retabel entscheidend ergänzt werden. Über das bisher unbeachtete Medium der gestickten Bilder ließ sich auch die Forschungsdiskussion zur Zugänglichkeit des Altares und der Funktion seiner Bilder mit neuen Ergebnissen ergänzen. Diese Ergebnisse bilden einen wichtigen Beitrag für eine neue, die überkommene Abgrenzung der Angewandten Kunst hinter sich lassende Kunstgeschichte des Mittelalters. An kaum einem anderen Beispiel lässt sich das zusammengehörende Altarensemble, das sich aus Werken der verschiedenen Gattungen zusammensetzt, anschaulicher zeigen, als an der Altenberger Altarausstattung um 1320. Während die Tafelmalereien zu den bekannten Werken des Städel Museums gehören, waren die in Zeichnung, Konzept und Ausführung mindestens ebenso hochwertigen gestickten Bilder mit den Stifterinschriften und -darstellungen bisher unbekannt. Ergebnisse des Projekts konnten in Ausschnitten auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Verschiedene Beiträge sind für Museen und Bildungsakademien im Rahmen von Vortragsreihen oder Ausstellungskatalogen (z.B. Elisabethausstellung Eisenach 2006, Gottesschau und Gottesliebe. Ausstellung Jülich 2012, Vortragsreihe Akademie des Bistums Mainz 2012) entstanden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Farbe und Farbwirkung in der Bildstickerei des Hoch- und Spätmittelalters - Textilien im Kontext der Ausstattung sakraler Räume, Birgitt Boricopp-Restle, Stefanie Seeberg in: Bennewitz, Ingrid (ed.) Farbiges Mittelalter?!, Beiträge zum 13. Symposion des Mediävistenverbandes März 2009 in Bamberg. Berlin 2011. 189-211
Stefanie Seeberg
- Women as Makers of Church Decoration: Illustrated Textiles at the Monasteries of Altenberg/Lahn, Rupertsberg and Heiningen (13th - 14th c.), in: Reassessing the Roles of Women as "Makers" of Medieval Art and Architecture, Therese Martin (ed.), Leiden 2012, 355-391
Stefanie Seeberg
- Textile Bildwerke als Teil der Kirchenausstattung, Die großformatigen Leinenstickereien des 13. und 14. Jahrhunderts aus dem Prämonstratenserinnenklosters Altenberg /Lahn (2013)
Stefanie Seeberg