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Verantwortlichkeit jugendlicher Straftäter nach § 3 JGG. Eine interdisziplinäre Analyse der Beurteilungsprozesse aus der Sicht von Rechtswissenschaft und Psychologie

Fachliche Zuordnung Kriminologie
Förderung Förderung von 2008 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 56297370
 
Gem. § 3 Jugendgerichtsgesetz (JGG) ist ein Jugendlicher nur dann strafrechtlichverantwortlich, wenn er zur Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reifgenug war, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. DieVerantwortlichkeit muss in jedem Einzelfall vom Gericht positiv festgestellt werden. Mehrerebisher vorliegende Untersuchungen und unsere eigenen Vorarbeiten zeigen, dass dieVerantwortlichkeit in der Regel nur mit floskelhaften Begründungen im Urteil erwähnt undohne nachvollziehbare Prüfstrategie fast immer bejaht wird. Selbst bei Höchststrafenurteilenwird die Verantwortlichkeit jugendlicher Straftäter nur selten infrage gestellt. DieseRechtspraxis ist mit der Intention des Gesetzgebers kaum vereinbar. Das Prinzip derindividuellen Verantwortungsprüfung wird nicht eingehalten, die strafrechtlicheSonderstellung des Jugendlichen nicht beachtet.Vielfältige rechtstheoretische Erörterungen und entwicklungspsychologische Abhandlungenhaben an diesem unbefriedigenden Zustand wenig geändert. In unserem Forschungsvorhabensoll deshalb ein anderer Weg beschriften werden. Zunächst soll durch eineFragebogenerhebung in Verbindung mit Experteninterviews analysiert werden, welcheKonzepte und Urteilsstrategien die Beurteilung der Verantwortlichkeit in der Justizpraxisleiten. Parallel dazu soll auf der Grundlage einer systematischen Analyse derrechtswissenschaftlichen, entwicklungspsychologischen und psychodiagnostischen Literaturein „Idealmodell" der Beurteilung der Verantwortlichkeit entwickelt und mit dem Ist-Zustandverglichen werden. Diese Gegenüberstellung ermöglicht eine differenzierte Defizitanalyse,auf deren Grundlage ein wissenschaftlich fundierter und zugleich in der Gerichtspraxishandhabbarer Leitfaden erstellt werden soll, der Konkretisierungen der für die Beurteilungrelevanten Konzepte sowie Anleitungen für eine systematische Informationssuche und -bewertung enthält. Sofern die Ergebnisse dies nahe legen, sollen auch Anstöße für einegesetzliche Änderung des § 3 JGG gegeben werden.Dieses Forschungsvorhaben ist im Schnittbereich von Rechtswissenschaft,Entwicklungspsychologie und Psychodiagnostik angesiedelt und erfordert spezielleKompetenzen in allen drei Bereichen. Die Arbeitsgruppe ist daher interdisziplinär besetzt, miteinem Vertreter der Rechtswissenschaften sowie zwei Vertretern der Rechtspsychologie mit den Schwerpunkten Entwicklungspsychologie und Psychodiagnostik.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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