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Mentale Simulation als Grundlage des Verstehens expliziter Verhaltensregeln
Antragsteller
Professor Dr. Wilfried Kunde; Professor Dr. Roland Pfister
Fachliche Zuordnung
Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Biologische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften
Biologische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 563294521
Regeln haben einen bemerkenswerten Einfluss auf menschliches Verhalten. So wird regelbasiertes Verhalten unmittelbar und automatisch abgerufen, sobald eine regelrelevante Situation eintritt. Dies ist selbst dann der Fall, wenn eine Regel lediglich instruiert und nie zuvor befolgt wurde. Die Frage danach, wie Regeln einen solchen Einfluss erzielen, ist jedoch bisher kaum durch psychologische Forschung durchdrungen worden. Das geplante Projekt testet die Hypothese, dass Regeln deswegen tief im menschlichen kognitiven System verankert werden, weil das Enkodieren einer Regel eine Simulation des Befolgens eben dieser Regel beinhaltet. Das bloße Verstehen einer Regel beinhaltet somit eine (simulierte) Instanz regelbasierten Verhaltens. Hierdurch werden Stimulus-Reaktions-Assoziationen zwischen der regelrelevanten Situation und entsprechendem Verhalten angelegt, welche das menschliche kognitive System darauf vorbereiten, regelbasiertes Verhalten später effizient abzurufen. Wir werden die Simulations-Hypothese mithilfe von zwei konvergierenden Maßen überprüfen. Einerseits ist dies unterschwellige elektromyographische (EMG) Aktivität während einer Regelinstruktion, sowie damit einhergehende elektroenzephalographische (EEG) Signaturen der Verarbeitung einer Regel andererseits. Konkret sagt die Simulations-Hypothese eine höhere EMG-Aktivität in denjenigen Effektoren vorher, die in einer Stimulus-Reaktions-Zuordnungsregel instruiert werden, verglichen mit Effektoren, die nicht in der Regel genannt werden. Dieses Maß stellt ein direktes und teststarkes Korrelat mentaler Simulation dar. Ergänzt wird diese peripherphysiologische Beschreibungsebene über EEG-Analysen, die auf eine selektive Desynchronisation im Beta-Band abzielen. Diese sollte besonders über dem kontralateral zum Effektor liegenden motorischen Kortex ausgeprägt sein, relativ zu homologen Regionen der ipsilateralen Gehirnhemisphäre. Diese Methoden werden in 10 Experimenten umgesetzt, von denen jeweils fünf an jedem von zwei Projektstandorten geplant sind. Das Versuchsdesign dieser Experimente verfeinert dabei ein neues experimentelles Paradigma, welches wir in umfangreichen Pilotuntersuchungen getestet haben. Zusätzlich zur Etablierung mentaler Simulation als Schlüsselmechanismus, der der Enkodierung einer Regel zugrunde liegt, setzen diese Experimente moderne Verhaltensmaße zur Erfassung eines direkten Abrufs von regelbasiertem Verhalten ein. Zudem werden wir die Rolle mentaler Simulation bei absichtlichen Regelbrüchen studieren. Schließlich testen die geplanten Experimente die Spezifität der relevanten Simulationsprozesse und erforschen mögliche Rahmenbedingungen mentaler Simulation. Zusammengenommen liefert dieses Arbeitsprogramm einen neuartigen, mechanistischen und empirisch testbaren Beschreibungsansatz, der das Potential hat, das theoretische Verständnis von Regelenkodierung und -abruf nachhaltig zu verändern und zu spezifizieren.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
