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Diversifikationsmuster durch die Zeit: Geht die rezente Vielfalt der limnischen Schneckengruppe Viviparidae auf eine "alte" Radidation zurück?

Antragsteller Dr. Thomas von Rintelen
Fachliche Zuordnung Evolution, Anthropologie
Förderung Förderung von 2008 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 56501341
 
Erstellungsjahr 2013

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Vivipariden (Sumpfdeckelschnecken) sind eine nahezu weltweit verbreitete Gruppe von Süßwasserschnecken, die auch fossil umfangreich belegt ist. Der erste umfassende, auf drei Genen basierende molekulare Stammbaum der Vivipariden bestätigt die grundlegende Einteilung der Gruppe in drei Unterfamilien (Viviparinae, Lioplacinae und Bellamyinae). Die größte taxonomische Vielfalt und schalenmorphologische Disparität findet sich bei den Bellamyinae, die alle Gattungen Asiens, Afrikas und Australiens umfassen. Im Rahmen des Projektes konnte gezeigt werden, das die ursprünglich nur aus Europa und Nordamerika bekannten Viviparinae mit einer vermutlich reliktären Linie auch in Ostasien vorkommen und sich damit die Verbreitungsgebiete der Viviparinae und Bellamyinae überlappen. Eine Datierung der Aufspaltungen innerhalb der Viviparidae mittels einer fossilkalibrierten molekularen Uhr ergab, dass die Viviparidae zwar eine alte Gruppe darstellen, die heutige Vielfalt aber nicht auf eine alte (schnelle) Radiation zurückgeht. Die Hauptlinien haben sich allmählich im Laufe des Meso- und frühen Känozoikums herausgebildet, wobei die meisten rezenten Arten ihren Ursprung im späten Känozoikum haben. Geologische Vikarianzereignisse scheinen in der Evolution der Vivipariden immer wieder eine Rolle gespielt zu haben, wie bspw. bei der Aufspaltung der nordamerikanischen und europäischen Linien oder auch teilweise bei der Besiedlung Sulawesis. Andererseits scheint es auch zu häufigem Dispersal über Meeresstraßen gekommen zu sein, was bei einer durch ihre Viviparie mit relative großen beschalten Jungtieren charakterisierte reine Süßwassergruppe erstaunlich scheint. Die molekularen Daten zeigen auch, dass einige der überwiegend rein schalenmorphologisch begründeten Gattungen der Vivipariden nicht monophyletisch sind. Die Ergebnisse der ersten systematisch-vergleichenden anatomischen Untersuchungen der Bellamyinae unterstützen diesen Befund. Auch ist die Entwicklung skulptierter Schalen mehrfach unabhängig erfolgt, wobei es eine deutliche Korrelation zwischen Schalenskulpturbzw. dicke und einem lakustrinen Lebensraum gibt. Der hier etablierte integrierte molekularsystematisch-anatomische Ansatz erweist sich als geeignet, um die Systematik der Vivipariden auf eine stabile Grundlage zu stellen und damit die Voraussetzungen für ein tieferes Verständnis der Evolution der Gruppe zu erlangen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2013). Molecular phylogenetic evidence that the Chinese viviparid genus Margarya (Gastropoda: Viviparidae) is polyphyletic. Chinese Science Bulletin
    Du, L., Yang, J., Rintelen, T., Chen, X., & Aldridge, D.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s11434-012-5632-y)
 
 

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