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Untersuchung der zellulären Anatomie, Entwicklung und funktionellen Morphologie der Muskeln von Bärtierchen, um die Evolution der Muskelsysteme bei Tardigraden und Panarthropoden zu verstehen
Antragsteller
Professor Dr. Georg Mayer
Fachliche Zuordnung
Systematik und Morphologie der Tiere
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 567662713
Tardigraden sind mikroskopisch kleine wirbellose Tiere, die sich in ihrer Morphologie seit mehr als 500 Millionen Jahren kaum verändert haben. Aufgrund ihrer bemerkenswerten Widerstandsfähigkeit gegenüber extremen Umweltbedingungen und ihrer stammesgeschichtlichen Stellung als nächste Verwandte der Stummelfüßer (Onychophora) und Gliederfüßer (Arthropoda) sind sie von großer Bedeutung für die Evolutionsforschung. Obwohl bereits mehrere Studien über die Muskulatur der Tardigraden veröffentlicht wurden, ist nur wenig über die segmentale Identität und die serielle Homologie der einzelnen Muskeln, insbesondere im Kopfbereich, bekannt. Im beantragten Projekt werden alle Muskelzellen des „Modelltardigraden“ Hypsibius exemplaris mit Hilfe einer Vielzahl von Markern in Kombination mit hochauflösender konfokaler Mikroskopie und dreidimensionaler (3D) Rekonstruktion charakterisiert. Darüber hinaus wird eine allgemein anwendbare Nomenklatur für die einzelnen Myozyten erstellt. Die zelluläre Analyse wird zur Klärung der Frage beitragen, ob es Hinweise auf Eutelie (Zellkonstanz) in der Muskulatur der Tardigraden gibt. Hypothesen zur segmentalen Identität und seriellen Homologie der Kopf- und Rumpfmuskulatur werden aufgestellt und anhand der Morphologie, Position und räumlichen Lage der einzelnen Myozyten getestet. Zusätzlich werden die Ergebnisse durch die räumliche Beziehung der Myozyten zu spezifischen Nerven und motorischen Endplatten untermauert. Besonderes Augenmerk wird auf die Muskulatur des Stilettapparates gelegt, der sich wahrscheinlich aus einem Gliedmaßenpaar entwickelt hat, das nun an der Nahrungsaufnahme und nicht mehr an der Fortbewegung beteiligt ist. Die aufgestellten Hypothesen werden durch die Untersuchung der Muskelentwicklung (Myogenese) überprüft. Von besonderem Interesse sind der Ursprung und die Wachstumsmuster einzelner Myozyten während der Entwicklung. Ein interspezifischer Vergleich wird Homologien und Veränderungen in der Organisation der Muskeln und ihrer Innervation in verschiedenen Linien innerhalb der Tardigrada aufzeigen. Zusätzlich wird die Muskelfunktion in adulten Tieren mit Hilfe eines polarisationsoptischen Aufbaus analysiert. Damit soll geklärt werden, welche Muskeln für bestimmte Körperbewegungen wie Streckung, Verkürzung und Beugung der Beine und des Körpers verantwortlich sind. Die gewonnenen Erkenntnisse werden nicht nur zum Verständnis der Rolle bestimmter Muskeln beitragen, sondern auch die Grundlage für weitere Studien zum Einfluss von Medikamenten auf die Muskelfunktion bilden. Am Ende des Projekts wird die Muskulatur zu den am besten untersuchten Organsystemen der Tardigraden gehören. Die Analyse der anatomischen, ontogenetischen und funktionellen Aspekte des neuromuskulären Systems der Tardigraden wird Einblicke in den ursprünglichen Körperbau und seine verschiedenen Modifikationen innerhalb der Panarthropoden sowie neue Erkenntnisse über die Evolution der Segmentierung, Tagmatisierung und Cephalisation liefern.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
