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Defensive Öffentlichkeiten und ihre imaginierten Sicherheitsgemeinschaften im digitalen Raum

Fachliche Zuordnung Publizistik und Kommunikationswissenschaft
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 544962752
 
In katastrophischen Zeiten können nicht enden wollende Krisen und Erfahrungen von Schaden und Verlust dazu führen, dass die Bürger*innen das Vertrauen in die Regierung, ihre Institutionen (inkl. traditioneller Medien) und die Demokratie verlieren. In diesem Zusammenhang kann die Nutzung digitaler Informationsvermittler, wie sozialer Netzwerkplattformen, Messenger-Apps und Suchmaschinen, durch unzufriedene Bürger*innen die Bildung von Gegenöffentlichkeiten erleichtern. Historisch gesehen wurden Gegenöffentlichkeiten als Zufluchtsort für subalterne Minderheiten mit einem emanzipatorischen, anti-hegemonialen Impetus gesehen. In jüngerer Zeit hat sich der Fokus jedoch auf Gegenöffentlichkeiten rechtsextremer Gruppierungen verlagert, die ihren gewohnten sozialen Status und ihre Privilegien verteidigen wollen. Diese sog. „defensiven Öffentlichkeiten“ sind diskursive Räume, die parallel zur breiteren Öffentlichkeit existieren und es den Teilnehmer*innen ermöglichen, ihre eigenen Vorstellungen vom Staat und seinem Sicherheitsversprechen zu entwickeln und so ihre eigenen „Imagined Security Communities“ (ISC) zu schaffen: Die ISC können sich in ihren Ein- und Ausschlusskriterien, den wahrgenommenen Bedrohungen und bevorzugten Verteidigern sowie den diskutierten Schutzmaßnahmen unterscheiden. Durch diese diskursiven Räume dienen defensive Öffentlichkeiten als Test- und Übungsgelände für argumentative Muster, emotionale Narrative und Symbole, die die Befürworter*innen dann in der Mainstream-Öffentlichkeit einsetzen können, erleichtert durch das vernetzte digitale Ökosystem. Diese Dynamik hat, abhängig von den Vorstellungen über den angemessenen Schutz bestimmter Gruppen, das Potenzial, einen erheblichen Einfluss auszuüben, der sich in antisystemischen Einstellungen, Radikalismus und Gewalt äußern kann. Das Projekt unternimmt eine systematische Analyse der Rolle defensiver Öffentlichkeiten bei der Entwicklung alternativer ISC. Durch den Vergleich defensiver Öffentlichkeiten mit unterschiedlichem Grad an diskursiver Macht und aus öffentlichen Sphären mit unterschiedlichem Grad an Illiberalität auf verschiedenen digitalen Plattformen vergrößert das Projekt unser Verständnis, wie das Sicherheitsversprechen von Nationalstaaten durch Bürger*innen von innen geschwächt werden kann und wie defensive Öffentlichkeiten im digitalen Raum dazu beitragen. Der primäre Fokus des Projekts liegt auf deutschen defensiven Öffentlichkeiten, zusätzlich werden Analysen defensiver Öffentlichkeiten in drei osteuropäischen Ländern als Vergleichspunkte durchgeführt. Methodisch verfolgt das Projekt einen Mixed-Methods-Ansatz, der digitale investigative Ethnographie und multimodale kritische Diskursanalyse mit den neuesten Natural Language Processing Techniken und multimodaler automatischer Analyse verbindet, um Themen, Ereignisse und Kommunikationsmodi in defensiven Öffentlichkeiten auf Social Media Plattformen und Messenger-Diensten zu identifizieren.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
Internationaler Bezug Großbritannien, Polen
Kooperationspartnerinnen / Kooperationspartner Dr. Sabina Mihelj; Professorin Dr. Agnieszka Stepinska; Professor Dr. Vaclav Stetka
 
 

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