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Stadtgene: Wie urbane Architektur die genetische Vielfalt von Vögeln prägt
Antragstellerin
Dr. Anne-Céline Granjon
Fachliche Zuordnung
Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Evolution, Anthropologie
Evolution, Anthropologie
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 575389085
Städtische Räume sind weltweit verbreitet und schaffen Lebensräume, in denen Organismen neuartigen Selektionsdrücken ausgesetzt sind - etwa durch versiegelte Flächen, chemische Schadstoffe, erhöhte Temperaturen sowie Lärm- und Lichtverschmutzung. Während frühe Studien der urbanen Evolutionsbiologie Städte oft als homogene Einheiten betrachteten, zeigt sich inzwischen, dass Städte vielmehr aus einem Mosaik heterogener Lebensräume bestehen - von dichten Stadtzentren über Wohngebiete bis hin zu Parks und Grünflächen. Diese Vielfalt entsteht durch lokale Stadtplanung und politische Entwicklungen. Um die Auswirkungen der Urbanisierung besser zu erfassen, sind kontinuierliche Maße entlang von Urbanisierungsgradienten - idealerweise mehrfach und unabhängig repliziert - deutlich aussagekräftiger als einfache Kategorien wie "urban" und "nicht-urban". Genetische Vielfalt bildet die Grundlage für Anpassung und evolutionäre Veränderungen und ist damit ein zentrales Maß in der urbanen Evolutionsbiologie. Sie erlaubt Rückschlüsse auf Populationsstruktur, Konnektivität, genetische Differenzierung sowie auf Hinweise zu Selektion oder lokaler Anpassung. In diesem Projekt nutze ich populationsgenomische Daten zweier häufig in Städten vorkommender Singvogelarten - der Blaumeise (Cyanistes caeruleus) und der Kohlmeise (Parus major) -, die entlang replizierter Urbanisierungsgradienten in acht polnischen Städten erhoben wurden. Durch die Kombination eines Multi-Städte-Ansatzes mit einem feinskaligen Verwandtschaftsdatensatz aus einer einzelnen Stadtpopulation untersuche ich: (a) ob Urbanisierung konsistente, genomweite Muster genetischer Vielfalt, Struktur und Selektion über Arten und Städte hinweg erzeugt, (b) ob bestimmte Regionen des Genoms häufiger als zufällig an die nächste Generation weitergegeben werden - was auf aktuelle oder rezente Selektion hinweist, und © ob gesellschaftlich-politische Umbrüche des 20. Jahrhunderts langfristige Spuren im Genom städtischer Populationen hinterlassen haben. Durch die Verknüpfung mehrskaliger Urbanisierungsdaten mit hochauflösenden genomischen Analysen und etablierten Methoden der Populationsgenomik werde ich genetische Vielfalt quantifizieren, genetische Signale der urbanen Anpassung identifizieren und untersuchen, wie Stadtplanung und politische Geschichte die genetische Struktur urbaner Tierpopulationen beeinflussen. Diese Studie wird unser Verständnis der evolutionären Folgen des Lebens in der Stadt vertiefen und neue Einblicke darin geben, wie Stadtentwicklung und historische Einflüsse die genomische Vielfalt urbaner Arten formen.
DFG-Verfahren
WBP Stelle
