Mittelalterliche Handschriften: Digitalisierung von Einzelstempel- und Gesamtdurchreibungen aus der Sammlung Paul Schwenke und ihre inhaltliche Erschließung im Rahmen des Gesamtprojekts Einbanddatenbank
Final Report Abstract
Nach einer insgesamt zehnjährigen Bearbeitungszeit für die beiden großen in der Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrten Durchreibungssammlungen von Ilse Schunke und Paul Schwenke lässt sich eine äußerst positive Bilanz ziehen. Die Einbanddatenbank, zu großen Teilen in der Staatsbibliothek zu Berlin konzipiert und entwickelt, konnte ihre volle Wirksamkeit in erster Linie durch die von Anfang an ins Auge gefasste Option des Aufbaus eines Verbundprojektes erreichen. Durch die Mitarbeit weiterer Institutionen wurde der Einbandforschung eine Materialfülle zur Verfügung gestellt, auf die bisher weder in der Qualität noch in der Quantität zugegriffen werden konnte. Die konsequente Umsetzung der seit Beginn verfolgten Strategie, jedes beschriebene Werkzeug mit einer Abbildung zu versehen, hat sich ausgesprochen bewährt. Im nationalen, aber auch internationalen Maßstab ist die EBDB an die Stelle der gedruckten Repertorien getreten und hat sie als wissenschaftliches Nachweisinstrument sukzessive abgelöst. So finden sich in Handschriften- und Inkunabelkatalogen, aber auch in Ausstellungs- und Antiquariatskatalogen zunehmend die Zitiernummern für Werkzeuge und Werkstätten aus der Einbanddatenbank. Die in der Staatsbibliothek zu Berlin eingeleiteten Schritte zu einer erhöhten Akzeptanz der Datenbank auch außerhalb der Grenzen Deutschlands, setzen die bisherige Strategie zielstrebig fort. Der Ausbau beider Thesauri zu einem multilingualen Nachweisinstrument für die auf Stempeln, Rollen und Platten vorkommenden Motive nimmt immer mehr Gestalt an. Eine Arbeitsgruppe innerhalb des Arbeitskreises für die Erfassung, Erschließung und Erhaltung Historischer Bucheinbände (AEB) hat die englische Version des Stempelthesaurus inzwischen in einer ersten Fassung fertig gestellt. Nun werden Einbandforscher aus Großbritannien und den USA um ihre Mithilfe bei der endgültigen Fertigstellung gebeten. Nach der Freischaltung der englischen Version soll mit Unterstützung der Belgisch-Nederlands-Bandengenootschap eine niederländische Fassung erarbeitet werden. In der Staatsbibliothek zu Berlin ist es in der Zwischenzeit gelungen, aus Eigenmitteln eine befristete Stelle im höheren Dienst zu schaffen und mit der Einstellung einer Wissenschaftlerin zu erreichen, dass die Arbeit zur weiteren Entwicklung der Datenbank zunächst kontinuierlich fortgesetzt werden kann. In diesem Zusammenhang soll auch eine intensive Bearbeitung der Werkstätten aus den oben genannten großen Bindezentren unter Einbeziehung neuester Erkenntnisse der Einbandforschung erfolgen. Der technische Support der EBDB wird auch weiterhin durch die Abteilung IDM der Staatsbibliothek zu Berlin gewährleistet. Der schon früh eingeschlagene Weg der Arbeitsteilung – die beschreibenden Daten werden zentral in Berlin, die Images dezentral bei den einzelnen Projektpartnern gehostet – hat sich bewährt und soll auch in Zukunft beibehalten werden. Ebenso hat es sich als vollständig richtig erwiesen, die Datenbank konsequent auf eine andere Software (MySQL) zu migrieren. Alle Aktivitäten dienen dem Ziel, die Staatsbibliothek zu Berlin zu einem internationalen Kompetenzzentrum für die Einbandforschung auszubauen. Ein wesentlicher Schwerpunkt bei der zukünftigen Entwicklung der Datenbank lag auf der Gewinnung von Projektpartnern im internationalen Rahmen. Hier boten die jährlichen Tagungen des AEB hervorragende Möglichkeiten, um Kontakte zu knüpfen. Es bestehen konkrete Optionen, neue Kooperationspartner zu gewinnen und so auch die internationale Anerkennung der Datenbank weiter zu festigen und auszubauen. An die durch die DFG geförderte Aufbauphase der EBDB wird sich durch die Einstellung einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin nun eine Konsolidierungsphase anschließen. Ein wesentlicher Schwerpunkt der Tätigkeit wird dabei auch einen Aspekt betreffen, der sich in letzter Zeit immer deutlicher gezeigt hat. Die durch die Projektmitarbeiter erfassten Daten beruhten zum großen Teil auf Erkenntnissen der jeweiligen Sammlungsgründer bzw. auf gedruckten Repertorien, die in nicht unwesentlichen Teilen bereits Jahrzehnte alt und deshalb nicht mehr dem state of the art entsprechen. Durch neuere Forschungen auf dem Gebiet der Einbandkunde konnten gerade in den letzten Jahren umfangreiche neue Erkenntnisse gewonnen werden, die vor allem im Bereich der Werkstattbeschreibung bzw. Werkstattzuordnung von Werkzeugen grundlegende Änderungen mit sich brachten. Auf einige Beispiele aus dem 15. Jahrhundert wurde bereits hingewiesen, aber auch für das 16. Jahrhundert ist dieses zutreffend. Um die Einbanddatenbank auch in Zukunft auf einem aktuellen Stand zu halten, der den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht, müssen diese Forschungsergebnisse in der EBDB ihren Niederschlag finden. Dazu sind in vielen Fällen umfangreiche Änderungen in der Datenbank notwendig. Diese betreffen sowohl die Beziehungen von Werkzeugen zu Werkstätten als auch die von Werkstätten untereinander. Hier muss also genau und zum Teil auch sehr zeitaufwendig geprüft werden, um bei Neuzuweisungen alle Aspekte berücksichtigen zu können und nicht durch zu früh erfolgte Zuschreibungen neue Fragen oder Irrtümer zu provozieren. Dazu wird es auch nötig sein, mit anderen Institutionen zu kommunizieren, um die teilweise sehr komplexen Sachverhalte eindeutig klären zu können. Für diese Arbeiten werden die in der Zeitschrift Einband-Forschung veröffentlichten Korrekturen und Ergänzungen zu den Sammlungen von Schunke und Schwenke eine wichtige Rolle spielen. Die Einbanddatenbank wird so auch in Zukunft ihrer Aufgabe gerecht werden, das zentrale Nachweisinstrument für den Bucheinband der Frühen Neuzeit zu sein und die bereits im Erstantrag für das Schwenke-Projekt genannte Einschätzung durch die IFLA, eines der erfolgreichsten Bibliotheksprojekte aus aller Welt zu sein, bestätigen.
Publications
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IFLA-Preconference, München, 19.-21. August 2009 "The database of historical bookbindings (EBDB): Aims and perspectives of a co-operative research tool”
Ulrike Marburger
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The German Database of Historical Bookbindings (EBDB): Aims and Perspectives of a Cooperative Research Tool: In: Early Printed Books as Material Objects. Proceedings of the Conference organized by the IFLA Rare Books and Manuscripts Munich, 19-21 August 2009. Edited by Bettina Wagner and Marcia Reed. Berlin/Munich: De Gruyter Saur, 2010 (IFLA Publications; Nr. 149), S. 191-203
Ulrike Marburger
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Ausstellung WeltWissen, Reihe Wissen vor Ort, Berlin, 25.11.2010 „Von der Durchreibung zur Datenbank – Einbandforschung an der Staatsbibliothek zu Berlin“
Ulrike Marburger / Andreas Wittenberg
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CERL-Meeting, Berlin, 11.03.2010 "The database of historical bookbinding’s (EBDB): Aims and perspectives of a co-operative research tool”
Ulrike Marburger / Andreas Wittenberg / Roland Henkel
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The Place of Bindings. Internationale Konferenz des Centre for the study of the book in the Bodleian Library and the Ligatus Research Centre. Oxford, 7./8.6.2011 "The database of historical book bindings (EBDB)”
Andreas Wittenberg