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Das Verschleißverhalten von polykristallinem Diamant bei der Zerspanung von eisenhaltigen Wrkstoffen unter dem Einsatz von gas- und fluidbasierten Kühlungssystemen

Fachliche Zuordnung Spanende und abtragende Fertigungstechnik
Förderung Förderung von 2008 bis 2010
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 65062206
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Anforderungen an zukünftige Schneidstoffe sind durch den vermehrten Einsatz von höherfesten Werkstoffen, wie z.B. Gusseisen mit Vermikulargraphit (GJV) gekennzeichnet. Polykristalliner Diamant (PKD) wird in der Industrie aufgrund seiner herausragenden physikalischen Eigenschaften insbesondere als Schneidstoff für Zerspanwerkzeuge mit geometrisch bestimmter Schneide verwendet. Die hohe Härte und die daraus resultierende große Verschleißresistenz ermöglichen eine Standzeiterhöhung bei gleichzeitiger Erhöhung der Schnittgeschwindigkeit. Erste Ergebnisse beim Zerspanen von GJV mit PKD-Schneidstoffen haben gezeigt, dass die Produktivität im Vergleich zu Hartmetall-Schneidstoffen bei gleichzeitiger Standzeiterhöhung nahezu verdoppelt werden kann [1-3]. Die Nachteile von PKD, d. h. die hohe Affinität des Diamantkorns zu eisenhaltigen Metallen sowie die niedrige thermische Stabilität, können durch den Einsatz innovativer Kühlverfahren weitestgehend unterdrückt werden. Eine „Produktivitätsgarantie“ oder gar „Verschleißfreiheit“ kann jedoch auch der Einsatz von CO2 oder kalter Druckluft als Kühlmedium nicht bieten. Die notwendigen Randbedingungen für den Einsatz von PKD-Schneidstoffen für die Bearbeitung von Gusseisenwerkstoffen mit Vermikulargraphit konnten durch die weiterführenden Untersuchungen im zweiten Projektabschnitt am Institut für Werkstoffkunde (IfW) und am Institut für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) der TU Darmstadt aufgezeigt werden. Hierzu wurden der Einfluss weiterer Schneidstoffsorten (unimodal - multimodal, vollflächig - gelötete Schneidecken) und -Formen (neutraler - positiver Freiwinkel) sowie weiterer Kühlungsverfahren (CO2 und kalte Druckluft in Kombination mit Minimalmengenschmiertechnik, Stickstoff) untersucht. Temperaturuntersuchungen mit einer Hochgeschwindigkeitsthermografiekamera wie auch die materialwissenschaftlichen Modellversuche unterstützten die Erschließung der herrschenden Verschleißmechanismen. Die Übertragbarkeit der Erkenntnisse wurde an zwei ausgesuchten Stahlwerkstoffen für die kontinuierliche Drehbearbeitung und in Fräsversuchen an GJV überprüft. Dementsprechend sollten die eingesetzten PKD-Werkzeuge für die kontinuierliche Drehbearbeitung von Gusseisenwerkstoffen über eine hohe Wärmeleitfähigkeit, eine grobe Körnung und einen geringen Binderanteil verfügen. Weiterhin ist ein vollflächig konstruiertes Werkzeug einer aufgelöteten PKD-Schneidecke vorzuziehen. Die Schneidengestalt sollte scharf und die -Form neutral bis leicht positiv ausgeführt werden. Zur Prozesskühlung sollte eine CO2- Schneestrahlkühlung oder gekühlte Druckluft verwendet werden um standzeitoptimale Ergebnisse in einem Schnittgeschwindigkeitsbereich um 200 m/min zu erhalten. Konventionelle Emulsionskühlung ist dagegen lediglich bei niedrigen Schnittgeschwindigkeiten um vc = 150 m/min sinnvoll. Der vorherrschende Faktor bei der Verschleißentwicklung des PKD ist die Ausnutzung der hohen thermischen Leitfähigkeit des Diamanten im Prozess. Durch den Einsatz von CO2- Schneestrahlkühlung, welcher gezielt auf die Zerspanstelle ausgerichtet ist, können Oxidation und entsprechende chemische Vorgänge an der Schneide vorwiegend verhindert werden. Ein hoher Temperaturgradient zwischen Werkstück und PKD-Matrix, wie er beim Einsatz einer konventionellen Emulsionsüberflutungskühlung aufgrund der diffusen Zuführung vorherrscht, führt zu einer induzierten Rissbildung und entsprechend hohem Verschleiß am Werkzeug. Dementsprechend ist eine konventionelle Emulsionsüberflutungskühlung als großflächig zugeführtes Kühlmedium nur bedingt zu empfehlen. Detektierte Neuhärtungszonen am Werkstück bei der Bearbeitung unter den verschiedenen C, Kühlverfahren bedingen Temperaturen von über 1000 ° welche jedoch nicht gemessen werden konnten. Qualitativ stimmt die Dicke der Wärmeeinflusszonen mit den Temperaturmessungen überein. Die materialwissenschaftlichen Untersuchungen vervollständigen die gewonnenen Erkenntnisse. Ein direkter Nachweis der Umwandlung von Diamant in Kohlenstoff konnte nicht nachgewiesen werden. Es wird angenommen, dass der gefundene Abrieb aus grafitisiertem Diamant besteht. Das veränderte Belastungskollektiv beim Fräsen wirkt sich insofern aus, dass hierbei eine mittlere Korngröße in scharf geschliffener Ausführung zu bevorzugen ist. Dies entspricht im Wesentlichen den Randbedingungen beim Drehen im unterbrochenen Schnitt, was in vorangegangenem Projektzeitraum eruiert werden konnte. Hinsichtlich der Standzeitergebnisse konnten jedoch keine Verbesserungen zum Stand der Technik erzielt werden, was vorwiegend auf die extern zugeführten Kühlmedien und der entsprechend extremen Thermoschockbeanspruchung zurückzuführen ist. Hinsichtlich der wirkenden Verschleißmechanismen wurden Parallelen zur Drehbearbeitung festgestellt. Die Ergebnisse aus den Untersuchungen zur Stahlzerspanung zeigen auch hier ein Potenzial für PKD-Werkzeuge und widerlegen die grundsätzlich abratende Literaturmeinung für den Einsatz von Diamantwerkzeugen zur Zerspanung eisenhaltiger Werkstoffe. Hohe Standzeiten in einem Schnittgeschwindigkeitsbereich um 80 m/min bekräftigen dies. Grundsätzlich wirken ähnliche Verschleißzusammenhänge referenzierend zur Gusseisenbearbeitung. Die besten Standzeitergebnisse bei der Stahlzerspanung wurden unter dem Einsatz von gekühlter Druckluft erzielt. Es konnte gezeigt werden, dass der Werkstoff selbst die Werkzeugstandzeit maßgeblich beeinflusst. Werkstoffinhomogenitäten führen zu teilweise hohen Standzeitabweichungen. Eine derart ausgeprägte Abhängigkeit der Standzeit vom Werkstoff konnte für die Gusseisenbearbeitung nicht festgestellt werden. Auch zeigten die Versuche im kontinuierlichen Aussenlängsdrehen bei der Stahlzerspanung in Abhängigkeit der Kühlverfahren eine zur Gussbearbeitung differenzierte Aufbauschneidenbildung, welche deutlichen Einfluss auf die Werkzeugstandzeit hatte. Das Auftreten einer Aufbauschneide unterdrückte demnach chemisch-oxidative Verschleißvorgänge und trat lediglich beim Einsatz von gekühlter Druckluft auf. Weiterführende Untersuchungen zu den spezifischen Bildungsmechanismen sind jedoch unerlässlich, um das Verständnis dieses scheinbar verschleißschützenden Vorgangs weiter zu detaillieren. Verschiedene Fragestellungen sind im Rahmen dieser Untersuchungen aufgetreten. Innerhalb der Versuchsreihen konnten die besten Standwegergebnisse mit einer CO2- Schneestrahlkühlung erreicht werden. Die Einstellung der CO2-Düse wurde dabei iterativ hinsichtlich ihrer lokalen Optimaleinstellung für die Kühlung der Spanfläche vorgenommen. Es zeigte sich, dass neben Winkellage und CO2-Massenstrom der Zuführdüse weiteres Optimierungspotenzial in der Anstrahlrichtung, zugeführten Masse sowie dem Kühlen der Werkzeugfreiflächen vorhanden sind. Eine systematische Variation dieser Einflussparameter sollte dementsprechend zu einer Verbesserung der Standzeiten beitragen. Spanwurzeluntersuchungen über einen vergrößerten Schnittgeschwindigkeitsbereich könnten weiterhin Aufschluss über das Verschleißverhalten von Diamantschneidstoffen liefern. Konstruktive Veränderungen der Spanfläche des Diamanten könnten durch eine Steigerung der angeströmten Fläche die Wärmeübertragung des Werkzeugs weiter steigern. Eine Optimierung der Standzeiten ist denkbar. Thermographische Untersuchungen würden hierbei Aufschluss geben. Die Ausweitung und Detaillierung der Untersuchungen im unterbrochenen Schnitt bei der Gusseisenbearbeitung als auch der dis- und kontinuierlichen Stahlzerspanung würde weiteren Aufschluss über das Optimierungspotenzial geben. Fokussiert werden sollte hier insbesondere die Aufbauschneidenbildung. Dieser adhäsive Mechanismus beeinflusst das Verschleißverhalten des PKD deutlich. Eine aktive Gestaltung bzw. Steuerung dieses Vorgangs lässt einen Standzeitzuwachs vermuten. Weiterhin sind die oben angeführten Überlegungen zum Setup des Kühlverfahrens (Massenstrom, Anströmung und Düsengeometrie) von Interesse. Die dargestellten Ergebnisse weisen erhebliches Rationalisierungspotenzial für Diamatschneidstoffe für den Einsatz in der Industrie auf. Zykluszeiten könnten gegenüber dem heutigen Stand um 50 % reduziert werden. Die Mehrkosten des teuren Schneidstoffs sowie der Prozessgestaltung werden durch die Rationalisierung von Fertigungseinrichtungen überkompensiert. Besonders für die Feinbearbeitung von Gusseisen mit Vermikulargraphit könnte ein aus wirtschaftlicher Sicht optimierter Fertigungsprozess projektiert werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Gussbearbeitung mit PKD, VDI-Z Integrierte Produktion, Springer VDI Verlag, Düsseldorf, 151 (Special Werkzeuge 5/2009) 18 - 21
    Abele, Eberhard; Pfeiffer, Patrick; Berger, Christina; Scheerer, Herbert
  • Randbedingungen und Einsatzverhalten von diamantbasierten Schneidstoffen zur Bearbeitung von Gusseisen, Dissertation, 2009
    Burkhard Schramm
  • „Es schneit im Arbeitsraum“. Werkstatt und Betrieb (WB), Carl Hanser Verlag, München, 142 (11) 2009, S. 56 - 59
    Abele, Eberhard; Pfeiffer, Patrick; Sieber, Marc
  • Innovative Zerspanung von GJV. wt-online: Ausgabe 1/2 2011

 
 

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