Steigerung der Querkrafttragfähigkeit des Stahlbetongurts von Verbundträgern im Bereich von großen Stegöffnungen durch den Einsatz von Dübelleisten
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Große Stegöffnungen werden in Stahlverbundträgern immer dann erforderlich, wenn in Trägerebene Leitungen quer zur Trägerachse geführt werden sollen. Die Attraktivität der Stahlverbundbauweise steigt mit der Möglichkeit, die Tragfähigkeit im Bereich großer Stegöffnungen rechnerisch nachweisen zu können. An der TU Kaiserslautern wurden zahlreiche Vorarbeiten zu dieser Thematik erbracht. Bisher war es aber nicht möglich, eine Verstärkung des Betongurtes durch Einbau von Dübelleisten in einem Nachweiskonzept nutzbar zu machen. Bei Dübelleisten handelt es sich um Doppelkopfanker, die in einer Reihe meist auf ein Lochblech aufgeschweißt werden. Sie werden von mehreren Herstellern als Querkraft- und Durchstanzbewehrungselemente vertrieben. Im Rahmen des hier beschriebenen Forschungsprojekts wurde der Einfluss von Dübelleisten auf das Querkrafttragverhalten des Stahlbetongurts von Verbundträgern im Bereich von großen Stegöffnungen untersucht. Dazu wurden 28 Versuche und zahlreiche rechnerische Untersuchungen mittels des FE-Programms ATENA-3d durchgeführt. Dabei konnte in einzelnen Versuchen durch den Einsatz von Dübelleisten eine Traglaststeigerung von mehr als 50 % erzielt werden. Die größten Traglasten wurden jeweils mit den Versuchskörpern erreicht, bei denen zwei Dübelleisten je Betongurtseite in einem geringen seitlichen Abstand zu den Kopfbolzendübeln des Trägers angeordnet waren. Durch die gewählte Anordnung konnten sich keine zum Versagen führenden Risse zwischen den Kopfbolzendübeln und den Doppelkopfankern bilden. Die gefährdeten Bereiche an den Öffnungsrändern wurden durch die Dübelleisten derart verzahnt, dass ein Ausreißen der Kopfbolzendübel bzw. ein Durchstanzen des Betongurts deutlich hinausgezögert oder verhindert werden konnte. Im Bereich der Öffnung dienten die Doppelkopfanker der Dübelleisten neben den Kopfbolzendübeln als zusätzliche Querkraftbewehrung. An dem auflagerabgewandten Öffnungsrand muss die Vertikallast vom Stahlträger in den Betongurt „hochgehängt“ werden, was hauptsächlich durch die Kopfbolzendübel im Bereich des Öffnungsrandes erfolgt. Die Last wird im Betongurt überwiegend in Längsrichtung zu den über der Öffnung angebrachten Kopfbolzendübeln und schräg nach außen zu den Doppelkopfankern der ersten Dübelleiste übertragen. Ein geringer Anteil wird orthogonal zur Symmetrieebene des Verbundträgers in den äußeren auf Querkraft unbewehrten Bereich des Betongurts geleitet. Wird der Betongurt seitlich neben der Verbundträgerachse vertikal belastet (Querbiegung), so hat dies keinen negativen Einfluss auf das Querkrafttragverhalten des Betongurts an diesem Öffnungsrand, da die auf den Betongurt wirkende Vertikallast entweder in Richtung des gegenüberliegenden Öffnungsrandes oder zu einem weiter vom Öffnungsrand entfernten, nicht durch eine Stegöffnung geschwächten Bereich transportiert wird. Am auflagerzugewandten Öffnungsrand ist es sinnvoll, am Stahlträger Steifen über die gesamte Steghöhe anzuordnen, um ein Beulen des Stegs zu verhindern. Dadurch wird auch der obere Flansch versteift, sodass an dieser Stelle die Querkraft aus dem Betongurt sehr konzentriert in den Stahlträger eingeleitet wird. Auch neben der Achse auf den Betongurt wirkende Vertikallasten werden konzentriert an diesem Punkt eingeleitet, was sich ungünstig auf das Querkrafttragverhalten des Betongurtes auswirkt und daher bei der Bemessung berücksichtigt werden muss. Es wurde ein Nachweiskonzept erarbeitet, mit dem die Querkrafttragfähigkeit eines Betongurts unter Berücksichtigung von im Betongurt angeordneten Dübelleisten wirklichkeitsnah bestimmt werden kann. Das erstellte Konzept ermöglicht es, bei der Bemessung von Verbundträgern, die durch Stegöffnungen geschwächt sind, durch einen geringen Mehreinsatz von Bewehrung in Form von Dübelleisten eine deutliche Traglaststeigerung zu erzielen. Der Einfluss von Querbiegemomenten wird durch eine konservative Abschätzung der Lasteinzugsfläche berücksichtigt. Das erstellte Nachweiskonzept ist an konstruktive Regeln gebunden, die z. B. die Höhe des Betongurts, die Anzahl der einzubauenden Dübelleisten und die Abstände von Kopfbolzendübeln und Doppelkopfankern vorgeben. Damit wird sichergestellt, dass die im Bereich von Stegöffnungen zu bemessenden Betongurte mit denen der durchgeführten Versuche vergleichbar und somit die berechneten Bemessungswerte durch die Versuche abgesichert sind. Es wird vorgeschlagen, die Untersuchungen zum Einfluss von Querbiegemomenten auf die Querkrafttragfähigkeit des Betongurts zu vertiefen. Aufgrund der geringen Versuchsanzahl mit einer solchen Belastung wurde die Lasteinzugsfläche konservativ festgelegt. Ziel sollte es sein, die Lasteinzugsfläche in Abhängigkeit der Steifigkeitsverhältnisse des Systems im Bereich der Öffnung zu bestimmen, um eine wirtschaftlichere Bemessung zu ermöglichen. Unwirtschaftliche Ergebnisse liefert das erstellte Nachweiskonzept bei einreihiger Anordnung der Kopfbolzendübel auf dem Stahlträger. Sämtliche Versuche wurden mit zweireihiger Kopfbolzendübel-Anordnung durchgeführt und im Nachweiskonzept wurde die Breite der Lasteinleitungsfläche, auf der die Kopfbolzendübel die Vertikallasten in den Betongurt übertragen, auf den Abstand der Außenkanten der beiden Kopfbolzendübel festgelegt. Auf sicherer Seite liegend wird für eine einreihige Anordnung daher der Kopfdurchmesser als Breite der Lasteinleitungsfläche vorgeschlagen, was bei der Bemessung zu sehr geringen Widerständen führt. Es wird vermutet, dass die einreihige Anordnung in Wirklichkeit keine derart erhebliche Traglastminderung gegenüber der zweireihigen Anordnung verursacht. Daher wird vorgeschlagen, diesen Aspekt im Rahmen eines zukünftigen Forschungsvorhabens genauer zu untersuchen und das Nachweiskonzept derart zu erweitern, dass Verbundträger mit einreihiger Kopfbolzendübel-Anordnung ebenfalls wirtschaftlich bemessen werden können. In der vorliegenden Arbeit wurden ausschließlich Verbundträger mit massiven Stahlbetongurten betrachtet. Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit werden bei Verbunddecken jedoch oft Profilbleche als verlorene Schalung eingesetzt, weshalb es wünschenswert wäre, diese Bauweise auch in Verbindung mit durch Dübelleisten verstärkten Betongurten einsetzen zu können. Durch weitere Forschungsarbeiten müsste das Nachweiskonzept entsprechend angepasst und erweitert werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Zum Einfluss von Dübelleisten auf das Querkrafttragverhalten des Stahlbetongurts von Verbundträgern im Bereich von großen Stegöffnungen. Dissertation, Technische Universität Kaiserslautern
Balzer, C.
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Tentative test with a part of a composite girder fitted with shear rails. In: 2. PhD - Symposium Danzig/Kaiserslautern: Current Scientific Challenges in Concrete and Steel Structures and Material Technology, Breit, Wolfgang; Kurz, Wolfgang; Schnell, Jürgen (Hrsg.), Kaiserslautern, 2008
Balzer, C.; Schnell, J.
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Test series with composite girders fitted with shear rails at web openings. 7th fib International PhD Symposium in Civil Engineering, Stuttgart, 2008
Balzer, C.
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Untersuchung von Stahlverbundträgern im Bereich von Stegöffnungen unter Berücksichtigung von Dübelleisten im Betongurt. In: Doktorandensymposium 2010, 51. Forschungskolloquium des DAfStb, 11. und 12. November 2010 an der TU Kaiserslautern, Band 1, Breit, Wolfgang; Kurz, Wolfgang; Schnell, Jürgen; Kohlmeyer, Christian (Hrsg.), Kaiserslautern, 2010, S. 37–48
Balzer, C.