Bewertungsrelevanz von Rechnungslegungsinformationen über betriebliche Pensionssysteme am deutschen Kapitalmarkt
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das abgeschlossene DFG-Projekt beschäftigte sich mit der Bewertungsrelevanz von Jahresabschluss informationen über betriebliche Altersversorgungssysteme. Die Bilanzierung von Pensionssystemen ist komplex, da die Bewertung vor allem der Pensionsverpflichtungen aufzahlreichen nur subjektiv bestimmbaren Parametern beruht. Heftig umstritten ist insbesondere die Frage, wie Bewertungsänderungen - versicherungsmathematische Gewinne und Verluste - bilanziell behandelt werden sollen. Die bisherige empirische Forschung auf diesem Gebiet beruhte fast ausschließlich auf Daten zu US-amerikanischen Untemehmen. Aufgrund der Unterschiedlichkeit nationaler Pensionssysteme (und anderer institutioneller Gegebenheiten) können die Ergebnisse der US- Studien nicht unkritisch verallgemeinert werden. So weisen deutsche Untemehmen einen im internationalen Vergleich ungewöhnlich geringen Finanzierungsgrad auf. Aufgrund dieser Besonderheit ist der deutsche Kapitalmarkt sehr gut dafür geeignet, die Frage der Entscheidungsnützlichkeit von Fair-Value-Schätzungen von Pensionsverbindlichkeiten empirisch zu untersuchen. Unsere Ergebnisse dokumentieren, dass pensionsbezogene Jahresabschlussinformationen deutscher Untemehmen grundsätzlich wertrelevant sind. Im Hinblick auf unsere konkreten Forschungsfragen finden wir erstens, dass für deutsche Unternehmen vermögensorientierte pensionsbezogene Rechnungslegungsinformationen dominierend für die Erklärung der Bewertung am Kapitalmarkt sind; der Pensionsaufwand hat keine inkrementale Wertrelevanz. Weiterhin finden wir Hinweise darauf, dass die Fair-Value-Bewertung der Pensionsverpflichtungen eine stärkere Wertrelevanz aufweist als die bislang nach IAS 19 und FAS 87 bilanziell abgebildete, durch die Korridormethode geglättete Nettoverbindlichkeit. Drittens können wir zeigen, dass die nach der Korridor-Methode nur in Nebenrechnungen geführten versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste eigenständig wertrelevant sind. Viertens finden wir, dass die von Unternehmen im Konzernanhang offen gelegten Angaben über die finanziellen und versicherungsmathematischen Annahmen der Pensionsbewertung, insbesondere die Vollständigkeit der Angaben und die Aggressivität einzelner Annahmen, messbare Auswirkungen auf die Wertrelevanz der Pensionsschulden haben. Unsere empirische Untersuchung ist potentiell von Interesse für das lASB und andere Standardsetter in ihren Bemühungen um eine Weiterentwicklung der Pensionsbilanziemng. Die Ergebnisse der Studie sind vereinbar damit, dass Fair-Value-Schätzungen für Pensionsverbindlichkeiten, die in der Debatte um die Pensionsbilanzierung häufig als volatil, anfällig für Manipulation und daher als nicht verlässlich bezeichnet werden, am Kapitalmarkt als entscheidungsnützlich wahrgenommen werden und systematisch in die Bewertung von Aktien einfiießen. Die Befunde deuten auch daraufhin, dass die Investoren am Kapitalmarkt die zum Teil sehr komplexen Anhangangaben zur Pensionsbilanzierung rational verarbeiten. Insgesamt körmen die Ergebnisse somit als Unterstützung für die Bestrebungen von LASB, FASB und anderer nationaler Standardsetter gewertet werden, künftig eine Fair-Value-Bewertung der (Netto-) Pensionsschulden von Unternehmen und damit die unmittelbare Erfassung von Bewertungsänderungen vorzuschreiben.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- 2008: Adoption of IAS 19 by Europe's Premier Listed Companies, ACCA Research Report, No. 100, London, März 2008. auszugsweise wiederabgedruckt in: Journal of International Accounting, Auditing and Taxation, Vol. 17 (2008), No. 2, S. 113-122
Faßhauer, J.D.; Glaum, M.; Street, D.
- 2008: Bewertungsrelevanz von Rechnungslegungsinformationen über betriebliche Altersversorgungssysteme deutscher Untemehmen, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (ZftjF), Sonderheft 59/2008, S. 72- 113
Faßhauer, J.D.; Glaum, M.
- 2009: Pension Accounting and Research: A Review", in: Accounting and Business Research, Special Issue: International Accounting Policy Forum 2009,8.273-311
Glaum, M.