Hierarchische Makromodellierung für die EMV-Simulation in der Leistungselektronik
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Gegenstand des Forschungsprojektes war die Makromodellbildung von typischen Halbleiterbauelementen der Leistungselektronik zur Simulation der Elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) energietechnischer Systeme. Dabei wurden sowohl zeitkontinuierliche als auch zeitdiskrete Ansätze mit rein mathematischen Ausdrücken erprobt. Mit einem solchen Makromodell kann sowohl das rein funktionale elektrische Verhalten an den Anschlüssen als auch die für das EMV-Verhalten erforderlichen parasitären Eigenschaften, wie z.B. zur Kühlfläche, abgebildet werden. Vor allem die zeitdiskrete Makromodellierung erlaubt aufgrund seiner allgemeineren Formulierung eine systematische Aufstellung von Modellen für einzelne Bauelemente oder ganzen Modulen, die alle die gleiche Stnjktur aufweisen. Der Vorteil gegenüber herkömmlichen Modellierungsansätzen ist, dass keine Kenntnisse über die inneren physikalischen Vorgänge des Bauelements nötig sind. Ihre flexible Einsetzbarkeit und die nicht allzu umfangreichen resultierenden Netzwerke, sind auch hinsichtlich des Rechenaufwands von praktischer Bedeutung. Dafür fällt der Modellierungsaufwand (Preprocessing) aufgrund des höheren Abstrahierungsgrades ungleich höher aus. Die Hauptaufgabe besteht in der Lösung eines nichtlinearen Optimierungsproblems mit vielen Parametern, das für die Modellidentifikation durch Anpassung an Referenzdaten erforderlich ist. Beispielsimulationen mit diesen Modellen haben eine sehr gute Übereinstimmung zu Messungen bzw. Referenzsimulationen ergeben und zeigen damit das Potenzial dieses neuen Modellterungsansatzes. Die zeitkontinuierliche Makromodedierung ist eine Möglichkeit, das elektrische Verhalten nichtlinearer Bauelemente mit rein mathematischen Ausdrücken abzubilden. Für die leistungselektronischen Bauelemente Diode und MOSFET wurden Makromodelle gebildet, die sich aus je einem statischen, einem dynamischen und einem Teilmodell für die parasitären Eigenschaften zur Kühlfläche zusammensetzen. Die einzelnen Teilmodelle werden durch eine Überlagerung von z. T. nichtlinearen Funktionen gebildet, deren Parameter a priori unbekannt sind. Die Identifizierung der Parameter erfolgt anhand des Vergleichs der Kennlinien bzw. Simulationen mit Referenzmodellen. Die Validierung der Modelle ist anhand von Referenzsimulationen von typischen leistungselektronischen Schaltungen durchgeführt worden, wobei eine sehr gute Übereinstimmung von Makromodell und Referenz zu verzeichnen ist. Im Gegensatz dazu stellt die zeitdiskrete Makromodellierung einen verallgemeinerten Ansatz dar und lässt sich auf eine ganze Reihe von leistungselektronischen Bauelementen und ganzen Baugruppen inklusive der enthaltenen Verbindungsstruktur anwenden. Der Charakter des zu modellierenden Systems wird durch den Regressionswert r bestimmt, d.h. wie viele Zeitpunkte früherer Ein- bzw. Ausgangsignale Einfluss auf den momentanen Ausgangswert haben. Diese Modelle werden ebenso durch Überlagerung von nichttinearen Funktionen mit a priori unbekannten Parametern gebildet. Die Parameterbestimmung erfolgt durch eine Optimierung, die den Fehler zwischen den Zeitverläufen von Messung und Simulation mit den Modellen minimiert. Für diese Zwecke sind naturanaloge Optimierungsverfahren wie beispielsweise Differential Evolution besonders gut geeignet. Die in der Arbeit entwickelten Modelle sind vom MISO-Typ, d.h. mehrere Eingangsgrößen wirken auf eine Ausgangsgröße (Multiple Input Single Output). Es ist jedoch auch möglich, Modelle zu bilden, bei denen mehrere Eingänge auf mehrere Ausgänge wirken (MIMO, Multiple Input Multiple Output). Die Parameteridentifikation für solche Modelle entspricht dann einer „multiobjective optimisation". Die in der Arbeit venwendeten Pulse zur Ansteuerung des Transistormoduls waren konstant hinsichtlich Pulsfrequenz, der Anstiegs- bzw. Fallzeiten und der Pulsamplitude. Zukünftige Arbeiten könnten in den Steuersignalen auch Variationen in Pulsamplitude, Anstiegs- bzw. Fallzeiten oder z.B. gar negative Werte der Steuerspannung vorsehen. Aufgrund der relativ geringen Leistung der verfügbaren Labornetzteile konnten die Bauelemente nur in begrenztem Maße ausgesteuert werden. Durch die Entwicklung von Verstärkern höherer Leistung wäre sicherlich eine Versorgung der Schaltungen und Bauelemente mit Pulsen, die den Umfang der Belastbarkeit erschließen bzw. leicht übersteigen, möglich. Die Modellgenauigkeit kann noch verbessert werden, wenn mehrere Sequenzen von Messungen mit verschiedenen Belastungsarten aneinandergereiht werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Makromodellierung leistungselektronischer Bauelemente für die effiziente EMV-Simulation komplexer Systeme, EMV 2008 - Internationale Fachmesse und Kongress für Elektromagnetische Verträglichkeit, 2008, Düsseldorf
Thamm, S.; Leone, M.
- Semiconductor macromodeling for power electronic applications, EMC Europe '08 Intern. Symp. on Electromagnetic Compatibility, 2008, Hamburg, Germany
Thamm, S.; Leone, M.
- Modeling a Power MOSFET for EMC analysis, ISTET 2009, VXV International Symposium on Theoretical Engineering, 2009, Lübeck, Germany
Thamm, S.; Leone, M.
- Effiziente EMV-Modellbildung und Simulation komplexer, leistungselektronsicher Systeme. Dissertation, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, 2011
Thamm, S.