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Untersuchung der Interaktionsbeziehungen für kombiniert belastete Pfähle in bindigen und nichtbindigen Böden

Fachliche Zuordnung Geotechnik, Wasserbau
Förderung Förderung von 2008 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 68298059
 
Erstellungsjahr 2010

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In vielen Fällen werden Pfähle als Gründungselemente nicht nur axial, sondern zusätzlich auch lateral belastet. Durch diese kombinierte Belastung treten gegenseitige Beeinflussungen im Tragverhalten auf, die in der derzeitigen Bemessungspraxis mangels verfügbarer Berechnungsansätze in aller Regel vernachlässigt werden. Ausgangslage des Projekts waren erhebliche Unklarheiten bezüglich des Tragverhaltens von Pfählen unter kombinierter Belastung. Die wenigen Untersuchungen befassten sich ausschließlich mit dem Interaktionseinfluss auf Pfahltragfähigkeiten und lieferten überdies kein klares Bild hinsichtlich der Interaktionsphänomene sowie der maßgeblichen Einflussfaktoren. Diesbezüglich wurden im Forschungsprojekt deutliche Fortschritte gegenüber dem vormaligen Stand des Wissens erzielt. Die wesentlichen Phänomene der Horizontal-Vertikal-(H-V-) Interaktion konnten eindeutig identifiziert und beschrieben werden. Es ergab sich dabei, dass grundsätzlich zwischen kombiniert druck- und kombiniert zugbelasteten Pfählen unterschieden werden muss. Des Weiteren wurde festgestellt, dass sich hinsichtlich der Steifigkeiten und Grenzlasten eines Pfahl-Boden-Systems unterschiedliche und von unterschiedlichen Parametern beeinflusste Interaktionseffekte ergeben, wodurch die Beschreibung und rechnerische Erfassung dieser Effekte stark erschwert wird. Folgende wesentliche Interaktionsphänomene sind zu nennen: • Unter kombinierter Druckbeanspruchung kommt es hinsichtlich der lateralen Tragwirkung im Gebrauchslastbereich zu einem Anstieg der Systemsteifigkeit, da der mobilisierte Erdwiderstand vor dem Pfahl durch die eingeleiteten Mantelreibungsspannungen erhöht wird. Unter kombinierter Zugbelastung kommt es entsprechend zum gegenteiligen Effekt. Mit zunehmendem Belastungsniveau werden diese Effekte überlagert durch weitere Effekte. Zum Einen wirken sich geometrische Nichtlinearitäten infolge zunehmender Pfahlverformungen auf das Tragverhalten aus und zum Anderen werden die mobilisierbaren lateralen Widerstände durch Verringerung der Pfahlfußreibung (Zugpfahl) bzw. die Interaktion zwischen Spitzendruck- und Mantelreibungsspannungen (Druckpfahl) beeinflusst. Im Ergebnis stellt sich sowohl bei kombiniert druck- als auch bei kombiniert zugbelasteten Pfählen im Allgemeinen eine Reduktion der horizontalen Grenzlasten ein. • Hinsichtlich der vertikalen Tragwirkung führen die bei kombinierter Beanspruchung induzierten Bettungspressungen zwischen Pfahl und Boden zu größeren mobilisierbaren Mantelreibungsspannungen. Dadurch kann es – sofern die Horizontallast deutlich unterhalb der Grenzlast bleibt – zu einer Erhöhung sowohl der Druck- als auch der Zuggrenzlast kommen. Die Systemsteifigkeit in vertikaler Richtung unter Zugbelastung kann im Gebrauchlastbereich durch die Induzierung negativer Mantelreibungsspannungen erheblich reduziert sein. Unter Druckbelastung ergibt sich umgekehrt ein steifigkeitserhöhender Einfluss, der aber vergleichsweise gering bleibt. Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurde eine Darstellung der Einflüsse auf das Pfahlsystemverhalten mittels eines speziellen Interaktionsdiagramms gewählt. Anhand dieses Diagramms kann zum Einen die quantitative Bedeutung von Interaktionseffekten einfach beurteilt werden, zum Anderen können für beliebige Belastungskombinationen die Verschiebungs- bzw. Grenzlaständerungen abgelesen werden. Als wichtige Erkenntnis ergab sich dabei, dass für die Einordnung von Interaktionseffekten nicht der absolute Lastneigungswinkel entscheidend ist, sondern ein über die Bezugnahme auf die Grenzlasten in axialer und lateraler Richtung normierter Lastneigungswinkel. Vergleichbare Interaktionseffekte ergeben sich für zwei Pfahl-Bodensysteme bei identischem Lastneigungswinkel also nur dann, wenn auch das Verhältnis der horizontalen zur vertikalen Grenzlast annähernd identisch ist. Die durchgeführten Parameterstudien haben weiterhin aufgezeigt, dass in kohäsiven Böden mit geringer ausgeprägten Interaktionseffekten als in rein reibungsbehafteten Böden zu rechnen ist. Entscheidend dafür ist, dass bei ersteren die Kontaktschubspannungen zwischen Pfahl und Boden nur zum Teil über Reibung mobilisiert werden und somit zu einem geringeren Anteil von der Größe der Kontaktnormalspannung abhängen. Wichtige neue Erkenntnisse ergaben sich schließlich auch im Zuge der Nachrechnung von in der Literatur dokumentierten Modellversuchen zum Zwecke der Validierung des entwickelten numerischen Berechnungsmodells. Es konnte gezeigt werden, dass sich in den wenigen ausreichend klar dokumentierten Versuchen Ergebnisverfälschungen infolge der Versuchsrandbedingungen ergeben haben. Die aus diesen Versuchen abgeleiteten – ohnehin nur auf Grenzlasten bezogenen – Interaktionsansätze sind deshalb als nicht ausreichend genau bzw. unzutreffend zu bewerten. Wesentliches Ergebnis des Forschungsvorhabens ist die eindeutige Klärung der Interaktionsprozesse bei kombinierter Belastung und deren quantitative Beschreibung für Systeme mit unterschiedlichen Pfahlgeometrien und Bodeneigenschaften. Entsprechend des gesetzten Ziels stellen die Ergebnisse “Benchmarks“ dar, anhand derer Ergebnisse künftiger Untersuchungen eingeordnet werden können. Das durchgeführte Vorhaben hat deutlich gemacht, dass bezüglich der Interaktionseinflüsse auf Systemsteifigkeiten gar keine und bezüglich der Einflüsse auf Pfahlgrenzlasten nur sehr beschränkt aussagefähige experimentelle Untersuchungen vorliegen. Zur Validierung numerischer Berechnungsmodelle sind derartige Versuche aber unbedingt erforderlich. Die Durchführung experimenteller Untersuchungen unter kontrollierten Randbedingungen, in denen insbesondere auch Interaktionseffekte im Gebrauchslastbereich untersucht werden, wird daher als dringend notwendig erachtet. Ein entsprechender Forschungsantrag wird derzeit vorbereitet. Unklar ist derzeit noch, in welcher Form die festgestellten komplexen Wechselwirkungen in einem praxistauglichen Berechnungsverfahren berücksichtigt werden können. Dabei wäre unter anderem auch ein geschichteter Baugrundaufbau zu berücksichtigen. Diese Fragen konnten in dem grundlagenorientierten Forschungsvorhaben noch nicht gelöst werden und sollten ebenfalls Gegenstand zukünftiger Arbeiten sein. Schließlich erscheint es wichtig, auch den Einfluss zyklischer Lasten zu untersuchen. Kombinierte Belastungen können zyklisch auftreten und darüber hinaus auch zeitlich unabhängig voneinander. Die Frage, wie bzw. wie stark sich eine zyklische Horizontalbelastung auf das Pfahltragverhalten unter einer zeitlich nachfolgenden Vertikalbelastung auswirkt, ist weitgehend ungeklärt. Neben numerischen sollten in diesem Zusammenhang unbedingt auch experimentelle Untersuchungen durchgeführt werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2009). „ Behavior of piles subjected to inclined loads”. Int. Symposium on Computational Geomechanics, Juan-Les-Pins, France, May
    Achmus, M., Abdel-Rahman, K. & Thieken, K.
  • (2010). „On the behavior of piles in non-cohesive soil under combined horizontal and vertical loading“. Acta Geotechnica
    Achmus, M. & Thieken, K.
 
 

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