Zwischen langobardischer und normannischer Einheit. Kreative Zerstörungen Unteritaliens im Spannungsfeld rivalisierender Religionen, Kulturen und politischer Mächte
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt beschäftigte sich mit der Wahrnehmung und Bewältigung von kultureller bzw. religiöser Differenz im vornormannischen Unteritalien als einer Region, in der sich verschiedene 'lateinische', byzantinische und muslimische Einflusssphären berührten und überlappten. Im Rahmen einer Neulektüre lateinisch-, griechisch- und arabischsprachiger Quellen galt es, die Annahme zu untersuchen, ob sich die Konstruktion des multiversalen Europa im Mittelalter als Folge unaufhörlich negierter, also produktiv bewältigter Destruktionen verständlich machen lässt. Hinterfragt wurden auf diese Weise gängige teleologische Metanarrative wie Einheit-Stärke vs. Partikularismus-Schwäche/Chaos, um stattdessen die komplexen Dynamiken einer langen Phase tiefgreifender politischer Transformationen in den Blick zu nehmen. In Anbetracht gegenwärtiger politischer Entwicklungen erschien die Denkkategorie "kreative Zerstörungen" - bezogen auf materielle, strukturelle und relationale Destruktionen - jedoch bald als moralisch problematisch. Eine veränderte Ausrichtung des Projekts ergab sich darüber hinaus auch durch den teils sehr fragwürdigen Forschungsstand zu lokalgeschichtlichen Details. Vor diesem Hintergrund rückte die muslimische Präsenz im südlichen Teil der Apenninenhalbinsel während der Aghlabidenzeit, und hier besonders der zwischen Gaeta und Neapel gelegene islamische Stützpunkt nahe der Flussmündung des Garigliano (883-915), in den Mittelpunkt. Durch eine interdisziplinäre Ausrichtung (Mediävistik, Byzantinistik, Arabistik) und die Einbeziehung nicht nur textlicher, sondern auch materieller Quellen (bes. Numismatik, Archäologie) konnten einige grundlegend neue Einsichten gewonnen werden. Dazu gehört der Nachweis, dass es sich bei den vermeintlichen "beutegierigen Banden", "Abenteurern" und "Piraten" um eng mit den Aghlabiden in Sizilien und Ifriqiya vernetzte Gruppen gehandelt hat, ebenso wie die Erkenntnis, dass in wissenschaftlichen Studien verbreitete Freund-Feind-Zuschreibungen stark mit einer Stereotypisierung der "Sarazenen" sowohl in den mittelalterlichen Quellen als auch in der 'modernen' Literatur zusammenhängen und angesichts häufiger Kollaborationen zwischen Muslimen und lokalen Potentaten äußerst fragwürdig sind, waren diese doch vornehmlich durch pragmatische Erwägungen bedingt, kaum aber durch religiös fundierte Intoleranz. Außerdem deutet alles auf eine Neulokalisierung der Garigliano-Siedlung im Landesinnern nahe einem Flusshafen hin, weshalb die Zusammenarbeit mit Archäologen ebenfalls eine wichtige Rolle im Projekt spielte. Anschlussmöglichkeiten für weitere Forschungen eröffnen sich unter anderem für (vergleichende) Studien zu christlich-muslimischen Beziehungen und Grenzräumen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Due notizie concernenti l’Italia meridionale dal Kitāb al-‘uyūn wa ’l-ḥadā’iq fī aḫbār al-ḥaqā’iq (Libro delle fonti e dei giardini riguardo la storia dei fatti veridici), in: Archivio storico per la calabria e la Lucania LXXVII (2011), S. 5–13
Marco Di Branco
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Auf dem Pfade Allahs. ǧihād und muslimische Migrationen auf dem süditalienischen Festland (9.–11. Jahrhundert), in: Michael Borgolte/Matthias M. Tischler (Hg.), Transkulturelle Verflechtungen im mittelalterlichen Jahrtautausend. Europa, Ostasien und Afrika, Darmstadt 2012, S. 120–166.
Kordula Wolf
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Berbers and Arabs in the Maghreb and Europe [Medieval Period], in: The Encyclopedia of Global Human Migration, hg. von Immanuel Ness, Bd. 2: A–Cro, Chichester u.a.: Wiley 2013, S. 695–702.
Marco Di Branco, Kordula Wolf
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Fließende Grenzen zwischen Christentum und Islam. Forschungen am Deutschen Historischen Institut in Rom zum vornormannischen Unteritalien im Spannungsfeld rivalisierender Religionen und politischer Mächte. Jahrbuch der historischen Forschung in der Bundesrepublik Deutschland. Berichtsjahr 2012, hg. von der Arbeitsgemeinschaft historischer Forschungseinrichtungen in der Bundesrepublik Deutschland, München: Oldenburg Verlag 2013, S. 15–20.
Marco Di Branco, Kordula Wolf
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Dalla guerra navale alla conquista delle grandi isole del Mediterraneo: Cipro, Rodi, Creta. in: Marco Di Branco/Kordula Wolf (Hg.), „Guerra santa“ e conquiste islamiche. Dinamiche nelle periferie del mondo musulmano (VII–XI secolo) (I libri di Viella 179), Roma 2014, S. 65–77.
Marco Di Branco
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Gli hypati di Gaeta, papa Giovanni VIII e i Saraceni: Tra dinamiche locali e transregionali. Bullettino dell'Istituto Storico Italiano per il Medio Evo, 116 (ISIME: 2014), S. 25–59.
Kordula Wolf
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Hindered Passages. The Failed Muslim Conquest of Southern Italy.
Journal of Transcultural Medieval Studies, Bd 1. 2014, Heft 1, S. 51–74.
Marco Di Branco, Kordula Wolf
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Introduzione, in: Marco Di Branco/Kordula Wolf (Hg.), "Guerra santa" e conquiste islamiche nel Mediterraneo (VII–XI secolo), Roma: Viella 2014 (I libri di Viella 179), S. 7–16.
Kordula Wolf
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Terra di conquista? I Musulmani in Italia meridionale nell'epoca aghlabita (184/800–269/909), in: Marco Di Branco/Kordula Wolf (Hg.), "Guerra santa" e conquiste islamiche nel Mediterraneo (VII–XI secolo), Roma: Viella 2014 (I libri di Viella 179), S. 125–165.
Marco Di Branco, Kordula Wolf
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"(…) Capuamque primariam universam redegit in cinerem". Il mito della distruzione di Capua antica nell'841, in: Federico Marazzi (Hg.), Felix Terra. Capua e la Terra di Lavoro in età longobarda (secc. VIII–XI), Cerro a Volturno (IS): Volturnia Edizioni 2017 (Studi Vulturnensi, vol. 9), ISBN 978-88-96092-47-7, S. 195–206.
Marco Di Branco, Kordula Wolf
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Southern Italy as Contact Area and Border Region during the Early Middle Ages. Religious-Cultural Heterogeneity and Competing Powers in Local, Transregional and Universal Dimensions. Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken, Band 96. 2017, Heft 1, S. 501–505 .
Kordula Wolf, Klaus Herbers
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(Re-)Thinking Early Medieval Southern Italy as a Border Region. In: Kordula Wolf/Klaus Herbers (Hg.), Southern Italy as Contact Area and Border Region during the Early Middle Ages. Religious-Cultural Heterogeneity and Competing Powers in Local, Transregional and Universal Dimensions, Köln u.a.: Böhlau Verlag 2018, S. 9–37.
Kordula Wolf, Klaus Herbers