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Zwischen langobardischer und normannischer Einheit. Kreative Zerstörungen Unteritaliens im Spannungsfeld rivalisierender Religionen, Kulturen und politischer Mächte

Subject Area Medieval History
Term from 2008 to 2014
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 69690678
 
Final Report Year 2013

Final Report Abstract

Das Projekt beschäftigte sich mit der Wahrnehmung und Bewältigung von kultureller bzw. religiöser Differenz im vornormannischen Unteritalien als einer Region, in der sich verschiedene 'lateinische', byzantinische und muslimische Einflusssphären berührten und überlappten. Im Rahmen einer Neulektüre lateinisch-, griechisch- und arabischsprachiger Quellen galt es, die Annahme zu untersuchen, ob sich die Konstruktion des multiversalen Europa im Mittelalter als Folge unaufhörlich negierter, also produktiv bewältigter Destruktionen verständlich machen lässt. Hinterfragt wurden auf diese Weise gängige teleologische Metanarrative wie Einheit-Stärke vs. Partikularismus-Schwäche/Chaos, um stattdessen die komplexen Dynamiken einer langen Phase tiefgreifender politischer Transformationen in den Blick zu nehmen. In Anbetracht gegenwärtiger politischer Entwicklungen erschien die Denkkategorie "kreative Zerstörungen" - bezogen auf materielle, strukturelle und relationale Destruktionen - jedoch bald als moralisch problematisch. Eine veränderte Ausrichtung des Projekts ergab sich darüber hinaus auch durch den teils sehr fragwürdigen Forschungsstand zu lokalgeschichtlichen Details. Vor diesem Hintergrund rückte die muslimische Präsenz im südlichen Teil der Apenninenhalbinsel während der Aghlabidenzeit, und hier besonders der zwischen Gaeta und Neapel gelegene islamische Stützpunkt nahe der Flussmündung des Garigliano (883-915), in den Mittelpunkt. Durch eine interdisziplinäre Ausrichtung (Mediävistik, Byzantinistik, Arabistik) und die Einbeziehung nicht nur textlicher, sondern auch materieller Quellen (bes. Numismatik, Archäologie) konnten einige grundlegend neue Einsichten gewonnen werden. Dazu gehört der Nachweis, dass es sich bei den vermeintlichen "beutegierigen Banden", "Abenteurern" und "Piraten" um eng mit den Aghlabiden in Sizilien und Ifriqiya vernetzte Gruppen gehandelt hat, ebenso wie die Erkenntnis, dass in wissenschaftlichen Studien verbreitete Freund-Feind-Zuschreibungen stark mit einer Stereotypisierung der "Sarazenen" sowohl in den mittelalterlichen Quellen als auch in der 'modernen' Literatur zusammenhängen und angesichts häufiger Kollaborationen zwischen Muslimen und lokalen Potentaten äußerst fragwürdig sind, waren diese doch vornehmlich durch pragmatische Erwägungen bedingt, kaum aber durch religiös fundierte Intoleranz. Außerdem deutet alles auf eine Neulokalisierung der Garigliano-Siedlung im Landesinnern nahe einem Flusshafen hin, weshalb die Zusammenarbeit mit Archäologen ebenfalls eine wichtige Rolle im Projekt spielte. Anschlussmöglichkeiten für weitere Forschungen eröffnen sich unter anderem für (vergleichende) Studien zu christlich-muslimischen Beziehungen und Grenzräumen.

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