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Sexuelle Reproduktion in einer Welt mit strukturierten Ressourcen

Fachliche Zuordnung Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Förderung Förderung von 2008 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 69936976
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Frage, warum sich fast alle Spezies sexuell vermehren, obwohl asexuelle Spezies doppelt soviele Nachkommen produzieren konnen, ist eine der interessantesten in der Evolutionsbiologie. Es gibt eine Reihe von Theorien hierfür, aber keine für sich kann alle Beobachtungen erklären. Die am meisten diskutierten Theorien sind die “Red Queen” Hypothese (dass sexuelle Populationen schneller auf Parasiten oder Pradatoren reagieren können), das “Lotterie-Modell” und die “Tangled Bank” Hypothese (dass es vorteilhaft ist, in einer zeitlich oder im Ressourcenangebot heterogenen Welt genetisch vielfältige Nachkommen zu produzieren) und “Müllers Ratsche” (die dafür verantwortlich ist, dass asexuelle Spezies schädliche Mutationen ansammeln). In diesem Projekt wurde ein Modell untersucht, das Eigenschaften der “Red Queen” Hypothese und der “Tangled Bank” Hypothese miteinander verbindet. In diesem Modell bestimmt die Verfügbarkeit von Ressourcen das Populationswachstum. Ressourcen, die in der vergangenen Saison konsumiert wurden, stehen in der neuen Saison nicht in derselben Menge oder Qualität zur Verfügung. Die Nachkommen eines asexuellen Individuums sind identisch mit ihrer Mutter und nutzen daher dieselben Ressourcen, wohingegen sexuelle Nachkommen eine neue genetische Konstitution besitzen. Dadurch, dass keine Männchen produziert werden, pflanzen sich asexuelle Arten allerdings doppelt so schnell fort wie sexuelle. Da nur eine begrenzte Zahl der Nachkommen das Erwachsenenalter erreicht, gibt es starke stochastische Effekte in dem Modell. Sexuelle Individuen haben den Vorteil, dass sie evtl. Ressourcen ausbeuten können, die in der vorigen Saison nicht ausgebeutet wurden, da die Nachkommen einen anderen Genotyp als die Eltern besitzen. Über einen weiten Parameterbereich hinweg konnen sie daher die Asexuellen vollständig verdrängen. In Laufe dieses Projekts wurden folgende Ergebnisse erzielt: (i) Es wurde gezeigt, dass das Hauptergebnis des Modells, dass sexuelle Reproduktion über einen weiten Parameterbereich über asexuelle Reproduktion siegt, auch dann gilt, wenn eine völlig andere genetische Modellierung gewählt wird. (ii) Es wurde gezeigt, dass in einer räumlich ausgedehnten Variante des Modells, in der Mortalität zunimmt oder Ressourcenvielfalt abnimmt, das Phänomen der “geographischen Parthenogenese” auftritt, also dass sexuelle Lebewesen sich am Rand ihres Ausbreitungsgebiets (wo die Mortalität groß und/oder die Ressourcenvielfalt klein ist), asexuell vermehren. (iii) Es wurde gezeigt, dass die zeitliche Schwankung der Ressourcennutzung als ein “Red-Queen”-Effekt interpretiert werden kann: eine Population muss sich beständig ändern, um gut angepasst zu bleiben. Im vorliegenden Fall ist dies die Anpassung an das Ressourcenangebot. (iv) Es wurde ein Modell für langlebige Spezies entwickelt, bei dem Individuen von der Geburt bis zur Reife aufgrund von Nahrungsaufnahme wachsen und dann Nachkommen erzeugen. Dieses Modell berücksichtigt die Abhängigkeit der Stoffwechselrate von der Körpermasse und ergibt u.a., dass die Körpermasse einer Spezies im Laufe der Evolution zunimmt, wie es auch aus fossilen Daten gefolgert wird. (v) Das Modell für langlebige Spezies wurde mit dem Modell für sexuelle Reproduktion kombiniert, um den Vorteil sexueller Reproduktion in langlebigen Organismen zu untersuchen. Es ergab sich, dass der Vorteil sexueller Reproduktion in langlebigen Organismen sogar großer ist als in saisonalen Organismen, da die Individuen gleichzeitig mit ihren Nachkommen existieren und der Vorteil, wenn die Nachkommen andere Ressourcen nutzen konnen, damit noch großer ist. Fazit: die Untersuchungen dieses Projekts untermauern die These, dass die Ressourcennutzung der wichtigste Faktor für den Reproduktionsmodus ist.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Temporal patterns of resource usage in an ecological model forsexual reproduction and geographic parthenogenesis. Evol Ecol. Res. 12, 831 (2010).
    Song, Yixian ; Drossel, Barbara; Scheu, Stefan
  • Geographic parthenogenesis in a consumer-resource model for sexual reproduction. Journal of Theoretical Biology, 273 (1) p. 55. (2011)
    Song, Yixian ; Scheu, Stefan ; Drossel, Barbara
  • Tangled bank dismissed too early. Oikos 120, 1601 (2011)
    Song, Yixian ; Drossel, Barbara; Scheu, Stefan
 
 

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