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Alternative(n) in der Sozialen Arbeit: Akteur/-innen und Handlungsfelder der >>Sozialarbeitsbewegung<< in den sechziger und siebziger Jahren

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Historische Erziehungswissenschaft
Förderung Förderung von 2008 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 70919622
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Forschungsprojekt "Alternativen in der Sozialen Arbeit. Akteure und Handlungsfelder der 'Sozialarbeitsbewegung' in den sechziger und siebziger Jahren" beabsichtigte, den möglichen Einfluss der sozialen und politischen Protestbewegungen der sechziger und siebziger Jahre auf die Soziale Arbeit mit Mitteln der qualitativ-historischen Forschung empirisch zu untersuchen. Am Beispiel der Jugendhilfe (Fürsorgeerziehung und Jugendarbeit) konnte gezeigt werden, dass die Proteste von "1968" auch in der Sozialen Arbeit Spuren hinterlassen haben und einen deutlichen Einfluss auf die Veränderungen dieses Feldes in den siebziger Jahren hatten. In der Jugendhilfe (aber auch darüber hinaus) entstand ein bis zum Ende der siebziger Jahre stabiles Kommunikations- und Aktionsnetzwerk von sich kritisch, sozialistisch oder radikaldemokratisch verstehenden Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen ("Sozialarbeitsbewegung"), die auf Veränderungen in den Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit hinarbeiteten. Gemeinsam war diesen Akteuren bei aller sonstigen Unterschiedlichkeit, dass sie in ihren Aktivitäten auf ein Set gemeinsamer Deutungsmuster stützten, sich der Mittel öffentlichen Protestes bedienten, konkrete Erklärungsansätze und Lösungsvorschläge zur Veränderung der als unzureichend kritisierten Sozialen Arbeit entwickelten und vielfältige Formen einer außerinstitutionell-alternativen Sozialen Arbeit praktizierten. In einem ersten Zugang wurde die Bewegung zunächst in ihrer Breite untersucht und mit kritischen SozialarbeiterInnen, außerinstitutionellen Initiativen sowie der Jugendzentrumsbewegung drei Strömungen identifiziert, die den aktivistischen Kern bildeten. In einem zweiten Schritt wurde herausgearbeitet, auf welche politischen und fachlichen Orientierungen sich die Bewegungsakteure stützten. Gemeinsam war allen Initiativen eine weitreichende Kritik an der traditionellen Sozialen Arbeit, die Vorstellungen von einer reformierten, an den Bedürfnissen ihrer AdressatInnen ansetzenden und gleichzeitig politisch agierenden Sozialen Arbeit sowie Vorstellungen der Selbstorganisation. Anschließend wurden die praktizierten Protest- und Aktionsformen rekonstruiert und auf dieser Folie die seit Ende der sechziger Jahre entstandenen Ansätze und Modelle einer alternativen Sozialen Arbeit untersucht. Im Bereich der Fürsorgeerziehung wurden insbesondere die als Alternative zur Anstaltserziehung entstandenen "Jugendwohnkollektive" sowie die niedrigschwelligen Anlauf- und Beratungsstellen (Kontaktzentren) für Jugendliche in akuten Notlagen untersucht, wobei deren Spezifik vor allem in den Unterschieden zur Arbeitsweise der traditionellen Jugendhilfe gesehen wurden. Im Bereich der Jugendarbeit bildeten die Ansätze einer antikapitalistischen bzw. emanzipatorischen und feministischen Jugendarbeit sowie nicht zuletzt die selbstverwalteten Jugendzentren die zentralen Neuerungen. Obwohl alle diese Modelle in ihrer ursprünglichen Konzeption in der Regel rasch scheiterten, setzten sie sich in modifizierter Form im Laufe der siebziger Jahre als Regelangebote der Jugendhilfe durch. In einem abschließenden Schritt wurde untersucht, ob und wenn ja, welche Folgen die Aktivitäten der kritischen Gruppen und Initiativen für die traditionelle Jugendhilfe hatten. Gezeigt werden konnte, dass sich auf drei Ebenen Wirkungen nachweisen lassen: Zum einen gingen sowohl von den Kritiken als auch von den praktizierten Alternativprojekten deutliche Impulse auf den seit Beginn der siebziger Jahre anlaufenden Reform- und Veränderungsprozess der Jugendhilfe aus. Teile der vorgebrachten Reformforderungen, aber auch die als Alternativen entwickelten Modelle wurden von den etablierten Trägern adaptiert und (selektiv) in den Kanon der institutionalisierten Jugendhilfe integriert. Zweitens führte die Entstehung der Selbsthilfe- und Initiativgruppen zu Veränderungen im Trägerspektrum der Jugendhilfe, die bis heute sichtbar sind. Drittens schließlich kam es seit den ausgehenden sechziger Jahren zu einer stärkeren Gewichtung gesellschaftspolitischer Perspektiven in den fachlichen Diskussionen der Sozialen Arbeit.

 
 

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