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Die kognitive Kontrolle des Langzeitgedächtnisses: Neurale Dynamik in Raum und Zeit

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2008 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 72271008
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Erinnern vormaliger Ereignisse wird durch kognitive Kontrollprozesse gesteuert, die gewährleisten, dass abgerufene Erinnerungen mit den aktuellen Aufgabenzielen übereinstimmen. Abruforientierungen sind intentional und strategisch einsetzbare Kontrollprozesse, die es ermöglichen, ganz gezielt einzelne Gedächtnisinhalte zu erinnern und andere auszublenden. Wir untersuchten in einer Serie gedächtnispsychologischer Experimente die elektrophysiologischen Korrelate einer besonderen Form von Abruforientierungen, nämliche solchen, die notwendig sind, um Erinnerungen an selbstgenerierte Ereignisse (z.B. habe ich einen Witz selbst erzählt?) und wahrgenommene Ereignisse (z.B. den Witz hat ein Freund erzählt) zu unterscheiden. Es zeigte sich ein deutlich positiverer Potentialverlauf in langsamen Potentialen des ereigniskorrelierten Potentials (EKP) über mehrere 100 ms, wenn Probanden versuchten, selbstgenerierte Ereignisse (z.B. ein mentales Image oder ein vom Probanden selbst ergänztes Wort) zu erinnern, gegenüber Bedingungen, in der das Erinnern wahrgenommener Ereignisse (z.B. ein gesehenes Bild oder Wort) erforderlich war. Dieses EKP-Korrelate der Abruforientierung für selbstgenerierte Ereignisse war über fronto-zentralen Ableiteorten am stärksten ausgeprägt. Ferner gelang es in diesen Studien weitere EKP-Korrelate der kognitiven Kontrolle beim Erinnern vormals gelernter Episoden zu identifizieren. In einem zweiten Arbeitsschwerpunkt untersuchten wir gedächtnispsychologische Determinanten des heuristikbasierten Entscheidens. In Übereinstimmung mit Modellen der Rekognitionsheuristik, die postulieren, dass bei Entscheidungen hinsichtlich eines unbekannten Kriteriums (z.B. Einwohnerzahl einer Stadt) eine vertraute Alternative (Mailand) gegenüber einer unvertrauten Alternative (Modena) bevorzugt wird, legten wir dar, dass sich für vertraute Städte ein EKP-Korrelat des vertrautheitsbasierten Erinnern findet. Ferner konnten wir zeigen, dass sich mit diesem EKP-Effekt vorhersagen lässt, welche Entscheidung ein Proband bei der jeweiligen Frage trifft. Es gelang uns, diese Ergebnisse in einer der wichtigsten psychologischen Fachzeitschriften (Psychological Science) zu publizieren. Ferner stießen diese Befunde, die exemplarisch zeigen, wie grundlagenwissenschaftliche Einsichten in die neurokognitiven Mechanismen des Erinnerns auch andere psychologische Forschungsgebiete (wie die Entscheidungsforschung) bereichern können, auf ein großes mediales Echo (z.B. Artikel in der „Die Zeit“, Fernsehberichte in „W wie Wissen“, SWR, oder Quarks & Co, ARTE).

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2010). EEG-Korrelate beim Abruf vorgestellter und wahrgenommener Gedächtnisinhalte. Experimentelle Psychologie: Beiträge zur 52. Tagung experimentell arbeitender Psychologen. Lengerich: Pabst Science Publishers, p. 95
    Rosburg, T., Mecklinger, A., & Johansson, M.
  • (2010). Episodic retrieval of perceived and imagined items studied by electroencephalography (EEG). Journal of Cognitive Neuroscience (Supplement), p. 271
    Rosburg, T., Mecklinger, A., & Johansson, M
  • (2011) Electrophysiological correlates of retrieval orientation in reality monitoring. Neuroimage, 54-4, 3076-3084
    Rosburg, T., Mecklinger, A., & Johansson, M.
  • (2011) Strategic retrieval in a reality monitoring task. Neuropsychologia, 49-10, 2957-2969
    Rosburg, T., Mecklinger, A., & Johansson, M.
  • (2011) When the brain decides: A familiarity-based approach to the recognition heuristic as evidenced by event-related brain potentials. Psychological Science, 22-12, 1527-1534
    Rosburg, T., Mecklinger, A & Frings, C.
  • (2011). The recognition heuristics studied by eventrelated potentials (ERPs). Journal of Cognitive Neuroscience (Supplement), S71
    Rosburg, T., Mecklinger, A., & Frings, C.
  • (2012) Monetary rewards influence retrieval orientations. Cognitive, Affective, and Behavioral Neuroscience 12-3, 430–445
    Halsband, T.M., Ferdinand, N.K., Bridger, E.K., Mecklinger, A.
  • (2012). Response to Paller et al.: The role of familiarity in making inferences about unknown quantities. Trends in Cognitive Science, 16-6, 307-352
    Mecklinger, A., Frings, C., & Rosburg, T.
  • (2012). The generation effect and strategic retrieval in reality monitoring. Journal of Cognitive Neuroscience (Supplement), S242
    Rosburg, T., Johansson, M., & Mecklinger, A.
  • (2013). Strategic retrieval and retrieval orientation in reality monitoring studied by event-related potentials. Neuropsychologia, 51-3, 557-571
    Rosburg, T., Johansson, M., & Mecklinger, A.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.neuropsychologia.2012.11.014)
 
 

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