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CO2 impact on calcification in marine bivalves - a key to understand past, present and future climate records of polar ecosystems

Fachliche Zuordnung Physik, Chemie und Biologie des Meeres
Förderung Förderung von 2008 bis 2015
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 75405102
 
Erstellungsjahr 2015

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der durch anthropogene Aktivitäten verursachte Klimawandel hat einen weiteren Anstieg von CO2 in der Atmosphäre und eine Erhöhung der globalen Temperatur zur Folge und wird sich vermutlich negativ auf die sensiblen Ökosysteme der Arktis auswirken. Die über lange Zeiträume stabilen Lebensbedingungen lassen eine geringere Anpassungsfähigkeit und Toleranz hoch-arktischer Fauna vermuten. Marine kalzifizierende arktische Lebewesen wie die polare Muschel Serripes groenlandicus sind möglicherweise besonders gefährdet, da sie neben der Erwärmung auch der Versauerung des Meerwasser und seiner Untersättigung mit Kalziumkarbonat ausgesetzt sind. Welche synergistischen Effekte von Temperaturanstieg und gleichzeitiger Ozeanversauerung ausgehen, sollte in der vorliegenden Studie anhand von Langzeitexperimenten an der Grönlandmuschel untersucht werden. Die Tiere wurden hierfür einem Temperaturanstieg von 1°C auf 4°C bzw. 7 °C für 63 Tage ausgesetzt, außerdem wurde der CO2-Gehalt im Hinblick auf das Jahr 2100 von Normalbedingungen auf 76 Pa bzw. 112 Pa angehoben, darüber hinaus wurde ein pessimistischer Wert von 304 Pa eingestellt, wie für das Jahr 2300 projiziert. Der Säure-Basen-Haushalt, die Enzymaktivität, das Temperaturtoleranzfenster (unter Kurzzeitakklimation) und das Schalenwachstum, sowie die Schalenparameter Festigkeit und Zusammensetzung wurden unter Erwärmung und CO2-Anstieg genauer bestimmt. Die Untersuchungen des extrazellulären pH-Wertes ergaben eine signifikante Abnahme mit steigendem CO2 Partialdruck des Umgebungswassers. Die respiratorische Azidose wurde nicht durch eine aktive Anreicherung von Bikarbonationen kompensiert, zudem folgen die CO2-Konzentrationsänderungen der Nicht-Bikarbonat-Pufferlinie. Im Gegensatz dazu konnte keine Störung des Säure-Base-Haushalts im Intrazellulärraum festgestellt werden. Hier folgte ein leichter pH-Abfall bei Erwärmung dem Alphastat-Muster. Die mangelnde Fähigkeit, die auftretende Störung im Säure-Base-Haushalt im Extrazellularraum zu kompensieren, deutet auf die Empfindlichkeit der Grönlandmuschel gegenüber der projizierten Ozeanversauerung hin. Weitere Untersuchungen zeigten, dass sich das Temperaturtoleranzfenster von S. groenlandicus unter CO2 verengt und dass sich die Tiere bereits bei einer Temperaturerhöhung auf 7°C unter 112 Pa CO2 jenseits der Pejus-Temperatur (5,5°C) befinden, die einen ersten Leistungsabfall der Tiere andeutet. Im Gegensatz dazu verschiebt sich jedoch unter CO2 die kritische Temperatur von 11°C auf ca. 16°C. Dies könnte auf eine Reduzierung des aeroben Stoffwechsels unter CO2 hindeuten. Die Drosselung des Stoffwechsels unter CO2 wird sich langfristig in einer Verringerung der Fitness und des Wachstums der Muscheln äußern, stellt aber möglicherweise eine kurzfristige Anpassung z.B. an saisonale CO2-Schwankungen im Lebensraum dar (CO2-Erhöhung unter Eis, begleitet von Sauerstoffmangel). Das Schalenwachstum der Muscheln steigt mit der Temperaturerhöhung von 1°C auf 7°C leicht an, genauso wie die Na/K-ATPase-Kapazität im Mantelgewebe. Na/K-ATPase ist ein Enzym, dass bei der Schalenbildung eine entscheidende Rolle spielen könnte, da es für die Ionenregulation und somit für die Konzentration von Kalziumkarbonat am Ort der Kalzifizierung von Bedeutung ist. Unter moderatem CO2 Anstieg auf 76 Pa und 112 Pa konnten wir aber keine negativen Effekte auf das Schalenwachstum und die Na/K-ATPase Kapazität feststellen. Unter sehr hohem CO2-Gehalt von 304 Pa und entsprechend niedrigerem pH des Wassers zeigte sich jedoch sowohl eine deutliche Verringerung des Schalenwachstums in Länge und Dicke, als auch damit einhergehend eine Verringerung der Na/K-ATPase Aktivität. Möglicherweise können erhöhte Kosten der Kalzifizierung unter CO2 nun nicht mehr kompensiert werden. Da arktische Muscheln in ihrem Lebensraum saisonal möglicherweise Futterlimitierungen ausgesetzt sind, mögen die erhöhten Erhaltungskosten der Tiere in einem durch Versauerung und Temperaturanstieg beeinflussten Ozean der Zukunft zu Beständen mit kleineren Muscheln und dünneren Schalen führen, die gegenüber mechanischen Belastungen und dem Fraßdruck empfindlicher sind. Die positiven Effekte der höheren Temperatur können dies ggf. nicht mehr kompensieren. Dieser Effekt wird auch in möglichen Veränderungen der Schalenmikrostruktur sichtbar. Unter hohem CO2 wird nur noch die innere Schalenstruktur gebildet, die sich durch einen geringeren Kalziumkarbonatgehalt und eine geringere Stabilität auszeichnet. Dabei konnten wir nur einen CO2-Effekt nach dem „Alles oder Nichts“-Prinzip feststellen. Eine Veränderung der Kristalle in den einzelnen Bereichen gab es nicht, was darauf schließen lässt, dass die Muscheln eine hohe interne Kontrolle über die Schalenbildung haben und kleinere CO2-Schwankungen im Lebensraum durchaus kompensiert werden können. Zusammengefasst folgt daraus, dass die Muscheln unter CO2 weniger kalzifizieren und somit nicht nur kleiner und schmaler bleiben, sondern auch, dass sie mit der dünneren Schale weniger geschützt gegenüber äußeren Einflüssen sind.

 
 

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